Ich war auch jung und bin jetzt alt,Der Tag ist heiß, der Abend kalt,Geh du nur hin, geh du nur hin,Und schlag dir solches aus dem Sinn.Du steigst hinauf, ich steig hinab,Wer geht im Schritt, wer geht im Trab?Sind dir die Blumen eben recht,Sind doch sechs Bretter auch nicht schlecht.
Wer sollte fragen: wie´s geschah?Es geht auch andern eben so.Ich freute mich, als ich dich sah,Du warst, als du mich sahst, auch froh.Der erste Gruß, den ich dir bot,Macht´ uns auf einmal beide reich;Du wurdest, als ich kam, so rot,Du wurdest, als ich ging, so bleich.Nun kam ich auch Tag aus, Tag ein,Es ging uns beiden durch den Sinn;Bei Regen und bei SonnenscheinSchwand bald der Sommer uns dahin.Wir haben uns die Hand gedrückt,Um nichts gelacht, um nichts geweint,Gequält einander und beglückt,Und haben´s redlich auch gemeint.Da kam der Herbst, der Winter gar,Die Schwalbe zog, nach altem Brauch,Und: lieben? – lieben immerdar? –Es wurde kalt, es fror uns auch.Ich werde gehn ins fremde Land,Du sagst mir höflich: Lebe wohl!Ich küsse höflich dir die Hand,Und nun ist alles, wie es soll.
Heimkehret fernher, aus den fremden Landen,In seiner Seele tief beweget der Wanderer;Er legt von sich den Stab und knieet nieder,Und feuchtet deinen Schoß mit stillen Tränen,O deutsche Heimat! – Woll´ ihm nicht versagenFür viele Liebe nur die eine Bitte:Wann müd´ am Abend seine Augen sinken,Auf deinem Grunde laß den Stein ihn finden,Darunter er zum Schlaf sein Haupt verberge.
Willst deines Hauses Glanz du aufrecht halten?Laß rosten deiner Väter Schild und Schwert,Die tun es nicht, die geben nicht den Wert,Die Zeit ist abgelaufen, wo sie galten.Das Neue wird; das Alte muß veralten.Die Meinung hat im Lichten sich verklärtUnd von der rauhen Faustkraft abgekehrt;Das Wort ist´s, der Gedanke, welche walten.
Nun hast du mir den ersten Schmerz getan,Der aber traf.Du schläfst, du harter, unbarmherz´ger Mann,Den Todesschlaf. Es blicket die Verlaßne vor sich hin,Die Welt ist leer.Geliebet hab´ ich und gelebt, ich binNicht lebend mehr.Ich zieh mich in mein Innres still zurück,Der Schleier fällt,Da hab´ ich dich und mein vergangnes Glück,Du meine Welt!
Als das Kind geboren war,Sie mußten der Mutter es zeigen;Da ward ihr Auge von Tränen so klar,Es strahlte so wonnig und eigen.Gern litt ich und werde, mein süßes Licht,Viel Schmerzen um die noch erleben.Ach, lebt von Schmerzen die Liebe nicht,und nicht von Liebe das Leben?
Du Ring an meinem FingerMein goldnes Ringelein, Ich drück dich fromm an die Lippen, Dich fromm an das Herz mein. Ich hatt´ ihn ausgeträumet Der Kindheit friedlichen Traum ; Ich fand allein mich, verloren Im öden unendlichen Raum. Du Ring an meinem Finger, Da hast du mich erst belehrt, Hast meinen Blick erschlossen Des Lebens unendlichen Werth.Ich werd´ ihm dienen, ihm leben, Ihm angehören ganz, Hin selber mich geben und finden verklärt mich in seinem Glanz. Du Ring an meinem Finger, Mein goldnes Ringelein, Ich drück dich fromm an die Lippen, Dich fromm an das Herz mein.
Ich habe, bevor der MorgenIm Osten noch gegraut,Am Fenster zitternd geharretUnd dort hinaus geschaut.Und in der Mittagsstunde,da hab´ ich bitter geweint,Und habe doch im Herzen:Er kommt wohl noch, gemeint.Die Nacht, die Nacht ist kommen,Vor der ich mich gescheut;Nun ist der Tag verloren,Auf den ich mich gefreut.
Ich will in dieser Rinne sterben, Bin alt und siech genug dazu; Sie mögen mich "betrunken" schelten, Mir recht! sie lassen mich in Ruh, Die werfen mir noch ein’ge Groschen, Die wenden ab ihr Angesicht; Ja, eilt nur, eilt zu euren Festen, Zum Sterben brauch’ ich euch doch nicht. Vor Alter muß ich also sterben, Man stirbt vor Hunger nicht einmal; Ich hofft’ in meinen alten Tagen Zuletzt noch auf ein Hospital; Soviel des Elends gibt’s im Volke, Man kommt auch nirgends mehr hinein; Die Straße war ja meine Wiege, Sie mag mein Sterbebett auch sein. Lehrt mich ein Handwerk, gebt mir Arbeit, Mein Brot verdienen will ich ja;- Geh betteln! hieß es, Arbeit? Arbeit? Die ist für alle Welt nicht da. Arbeite! schrien mich an, die schmausten, Und warfen mir die Knochen zu; Ich will den Reichen doch nicht fluchen, Ich fand in ihren Scheunen Ruh. Ich hätte freilich stehlen können, Mir schien zu betteln minder hart; Ich habe höchstens mir am Wege ein paar Kartoffeln ausgescharrt, Und immer allerorten steckte Die Polizei mich dennoch ein, Mir raubend meine einz’ge Habe – Du Gottes Sonne bist ja mein! Was kümmert mich Gesetz und Ordnung, Gewerb und bürgerliches Band? Was euer König, eure Kammern? Sagt, hab ich denn ein Vaterland? Und dennoch, als in euern Mauern Der Fremde Herr zu sein gemeint, Der Fremde, der mich reichlich speiste, Ich Narr, wie hab ich da geweint. Ihr hättet mich erdrücken sollen, als ich das Licht der Welt erblickt; Ihr hättet mich erziehen sollen, Wie sich’s für einen Menschen schickt. Ich wäre nicht der Wurm geworden, Den ihr euch abzuwehren sucht; Ich hätt’ euch brüderlich geholfen Und euch im Tode nicht geflucht.
Mein Aug´ ist trüb, Mein Mund ist stumm, Du heißest mich reden, Es sei darum! Dein Aug´ ist klar, Dein Mund ist rot, Und was du nur wünschest, Das ist ein Gebot. Mein Haar ist grau, Mein Herz ist wund, Du bist so jung Und bist so gesund. Du heißest mich reden, Und machst mir´s so schwer. Ich seh´ dich so an Und zittre so sehr.