Tag meines Lebens! die Sonne sinkt. Schon steht die glatte Flut vergüldet. Warm atmet der Fels: schlief wohl zu Mittag das Glück auf ihm seinen Mittagsschlaf? – In grünen Lichtern spielt Glück noch der braune Abgrund herauf. Tag meines Lebens! gen Abend gehts! Schon glüht dein Auge halbgebrochen, schon quillt deines Taus Tränengeträufel, schon läuft still über weiße Meere deiner Liebe Purpur, deine letzte zögernde Seligkeit.
Ecce homo Ja! Ich weiß woher ich stamme,ungesättigt gleich der Flamme,glühe und verzehr ich mich.Licht wird alles was ich fasse,Kohle alles was ich lasse,Flamme bin ich sicherlich.
Es ist der Wind um Mitternacht,Der leise an mein Fenster klopft.Es ist der Regenschauer sacht,Der leis an meiner Kammer tropft.Es ist der Traum von meinem Glück,Der durch mein Herz streift wie der Wind.Es ist der Hauch von deinem Blick,Der durch mein Herz schweift regenlind.
Verhaßt ist mir das Folgen und das Führen.Gehorchen? Nein! Und aber nein – Regieren!Wer sich nicht schrecklich ist, macht niemand Schrecken:Und nur wer Schrecken macht, kann andre führen.Verhaßt ist mirs schon, selber mich zu führen!Ich liebe es, gleich Wald- und Meerestieren,mich für ein gutes Weilchen zu verlieren,in holder Irrnis grüblerisch zu hocken,von ferne her mich endlich heimzulocken,mich selber zu mir selber – zu verführen.
Es zuckt die Lippe und das Auge lacht,Und doch steigt´s vorwurfsvoll empor,Das Bild aus tiefer, tiefer Herzensnacht –Der milde Stern an meines Himmels Tor.Er leuchtet siegreich – und die Lippe schließtSich dichter – und die Träne fließt.
Gestern, Mädchen, ward ich weise,gestern ward ich siebzehn Jahr: –und dem gräulichsten der GreiseGleich´ ich nun – doch nicht aufs Haar!Gestern kam mir ein Gedanke,– ein Gedanke? Spott und Hohn!Kam euch jemals ein Gedanke?Ein Gefühlchen eher schon!Selten, daß ein Weib zu denkenwagt, denn alte Weisheit spricht:– Folgen soll das Weib, nicht lenken;denkt sie, nun dann folgt sie nicht. –Was sie noch sagt, glaubt´ ich nimmer;wie ein Floh, so springt´s, so sticht´s!– Selten denkt das Frauenzimmer,denkt es aber, taugt es nichts! –Alter hergebrachter WeisheitMeine schönste Reverenz –Hört jetzt meiner neuen Weisheitallerneuste Quintessenz.Gestern sprach´s in mir, wie´s immerin mir sprach - nun hört mich an:– Schöner ist das Frauenzimmer,Interessanter ist der Mann! –
Der Freigeist.AbschiedDie Krähen schrei´nUnd ziehen schwirren Flugs zur Stadt:Bald wird es schnein –Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat! Nun stehst du starr,Schaust rückwärts ach! wie lange schon!Was bist Du NarrVor Winters in die Welt – entflohn? Die Welt – ein TorZu tausend Wüsten stumm und kalt!Wer Das verlor,Was du verlorst, macht nirgends Halt.Nun stehst du bleich,Zur Winter – Wanderschaft verflucht,Dem Rauche gleich,Der stets nach kältern Himmeln sucht.Flieg´, Vogel, schnarr Dein Lied im Wüsten-Vogel-Ton! –Versteck´, du Narr,Dein blutend Herz in Eis und Hohn!Die Krähen schrei´nUnd ziehen schwirren Flugs zur Stadt:Bald wird es schnei´n,Weh dem, der keine Heimat hat.
Vorausbestimmt zur Sternenbahn,Was geht dich, Stern, das Dunkel an?Roll selig hin durch diese Zeit!Ihr Elend sei dir fremd und weit!Der fernsten Welt gehört dein Schein:Mitleid soll Sünde für dich sein!Nur ein Gebot gilt dir: sei rein!
Dies ist der Herbst:der – bricht dir noch das Herz!Fliege fort! fliege fort!Die Sonne schleicht zum BergUnd steigt und steigtUnd ruht bei jedem Schritt.Was ward die Welt so welk!Auf müd gespannten Fäden spieltDer Wind sein Lied.Die Hoffnung floh –Er klagt ihr nach.Dies ist der Herbst:der – bricht dir noch das Herz!Fliege fort! fliege fort!O Frucht des Baums,Du zitterst, fällst?Welch ein Geheimnis lehrte dichDie Nacht,Daß eisiger Schauder deine Wange,Die Purpur-Wange deckt? –Du schweigst, antwortest nicht?Wer redet noch? – –Dies ist der Herbst:der – bricht dir noch das Herz!Fliege fort! fliege fort!Ich bin nicht schön– so spricht die Sternenblume –,Doch Menschen lieb ichUnd Menschen tröst ich –Sie sollen jetzt noch Blumen sehn,Nach mir sich bückenAch! und mich brechen –In ihrem Auge glänzet dannErinnerung auf,"Erinnerung an Schöneres als ich: –– ich seh´s – und sterbe so." –Dies ist der Herbst:der – bricht dir noch das Herz!Fliege fort! fliege fort!