Doch dann zuletzt bist Du das gute GleitenIns Schlafende, das ohne Sprache istWie ohne Traum. Das sich so tief vergißt,Daß Namen schon es mit sich selbst entzweiten.Sie stehen wieder stumm im Topf aus Ton,Und was sie sprachen wurde nie gesagt,Und was sie klagten wurde nie geklagt:Ganz pflanzenhaft in einer dunklen FronVon Wuchs und Trieb sind sie zurückgewandtZum Schweigenden. Und Du darfst nichts erwartenAls Dieses nur: daß sie einmal, besehnVon Deinem Blick, berührt von Deiner Hand,So wie ein plötzlich übersonnter Garten,Aufbrechen und in jäher Blüte stehn.
Aber mit einem Male erstrahlenTage der Nähe wie selige Segel,Die auf dem Blau des Wassers sich malen.Aber der Glückliche kennt nur Beharren.Ach, er vergaß ganz die Sehnsucht der TageGestern und vorher, die Jahre gehegte.Ach, ihm erstarb ganz die brennende FrageWann? Und er sieht die Errettung verweilen,Aber vom Glück?! – Und träumend entgleitenSieht er die Tage, die Segel enteilenSilbern hinaus in verfließende Weiten.
Sie stehen jahrelang im Topf aus Ton, Verstockte in sich, selbstverliebte Käuze, In einer rätselhaft verbißnen Fron Der Form: sind Kugel, Kegel, Kreuze, Sie gleichen Birnen, mißgebornen Köpfen, Sind Stein-Gespenster, Schlange, Hand: Verfeindet so dem Außen, daß in Schöpfen Stacheln aufstehn um sie wie eine Wand, Dahinter sie verharrn, anarchisch, kündend, Prophet und Gott, ihr selbstbeseßnes Ich, Bis sie auf einmal stumm, in Blumen mündend, Sich ganz verschweigen, opfern, löschen sich.
Es spürt mich Einer in allem Rosenduft, Ahne ich manchmal. Und er sucht mich auch In Fliederblüten und den blauen Glocken. Aber ich weiß mich selber nicht. Ich will ihm gerne beide Hände reichen; Nur meine Glieder sind so unbeschwert, Daß ich mir immer wie ein Wind entgleite. Ich glaube, daß ich noch nicht geboren bin.
Du greises Jahr: du eilst, dem Ziele zu Rascher und rascher, sehnst dich nach der Ruh In einem tiefen grenzenlosen Tod. Doch sieh: ich eile schneller, nach dem Rot Des neuen Morgens gierig, dir voraus. O komm! Hinübergeh! Lösch aus, lösch aus! Gezeichnetes, Beladenes, befleckt Mit großer Müdigkeit, mit Schmerz bedeckt – Vergeh – ich werde! Stirb – und ich vermag Aufzuerstehn: o neuer, reinster Tag!
Er lebte weil er geboren war,Er fand keinen anderen Grund.Die Mutter liebte ganz früh sein Haar,Einmal Eine dann seinen Mund,Doch war es nicht wichtig und vergingAuch schnell, bevor ers ermessen.Alles in allem war so gering –Er hatte als er zu sterben anfingSich schon seit Jahren vergessen.
Ein glasgeschnittner Würfel füllte das ZimmerSobald es wieder Abend war, den trugEr oft und stand umtaut von Schimmer.Draußen ging dunkler Vögel schwerer FlugFlatternd vorbei und war wie kühles WehnUm seine Stirne. Manchmal, wunderbar,Blieben die fremden Lieder um ihn stehnUnd eine Blume sang in seinem Haar.Oft schlich er scheu, gebückt in dumpfer Last,Und sah sich wie ein Feuer, das entlohte.Augen waren ihm Qual und tief verhaßt,Der Wald rief ihn, und war doch fremd, und drohte:Geweih des Hirsches, der weiß im Dunkel stand,Wollte ihn tragen. Doch der Ast erhobIn bösem Schlage die verkrümmte Hand.
Er hatte seit Jahren nicht mehr gesät Verstreut noch reifte ihm das Getreide Zuletzt ließ er den Hafer ungemäht Sein Pferd verlor sich auf der Weide. Er brach eine Zeit noch Beeren vom Ast Als müßte er einen Hunger stillen Dann vergaß er auch diese letzte Last Um seiner tieferen Ruhe willen. Er saß vor der Hütte bei Tag und Nacht Die Hütte verfiel in Wind und Regen Allmählich wuchsen die Gräser sacht Seinen Füßen und Knien entgegen Und wuchsen langsam durch seine Hand. Er ward wie ein Sieb, ohne Außen und Innen. Gleichmäßig und ganz ohne Widerstand Konnten die Jahre durch ihn rinnen.
Ich sah dich an, o daß ich dichNiemals gesehn, nun bin ich blind,Nun bist du groß, nun führst du michEin irres Kind.Und wo das Haus, das sichre HausMir einst im Wind geborgen stand,Da zieh ich aus, da zieh ich ausIn Niemands Land.Und wo ich bleib und wo ich steh,Wächst Schierling süß und duftet wund,Umhaucht mich schwer, bespricht mich wehDein liebster Mund.Wohin ich geh, wohin ich treib,Traum treibt mich um, nie mehr erwachtDie trübe Seel, der arme LeibAus deiner Nacht.
Über die Tage, über die hellen,Wenn sie der Abend verdunkelt hat,Schießen die langen, schießen die schnellenBrücken des Traumes von Stadt zu Stadt.Über die Wälder, über die MeereWölbt sich mitternächtig ihr Flug,Weit wie der Wolken schweifende Heere,Breit wie der Vögel wandernder Zug,Vogelgleich, wolkenhaft, ohne Entgleiten,Denn ihre Pfeiler stehn nahe bewahrt;Aber die Ufer, aber die WeitenZiehn sich entgegen in rasender Fahrt:Und es hebt sich zu der SpieluhrLeisem Gang die Schlange weiß,Die aus Königsgräbern auffuhrIn dem blitzgebahnten Gleis.Und es schnellen tausendfachenWinkes Götter Arm um Arm,Von den Schalen, alten, flachenNährt sich ihrer Finger Schwarm.Und es schwimmen nahe WändeFort in Urwald und Gestade,Drinnen schlingen ohne EndeSich die vielbegangnen Pfade.Unverhaltbar müssen spaltenMunde sich in langen SchreinUnd es brechen die Gestalten,Die befreiten, in sich ein.Aber beim Scheine des Morgens beschlugenSich die Gesichter mit Ferne und Licht,Und die sich töteten und die sich trugen,Liegen allein und erkannten sich nicht.