Wenn dieser Strauß, den ich gebunden,Sich schüchtern vor dein Auge wagt,Vielleicht daß er von einst´gen Stunden,Von seligen, dir Kunde sagt.Daß er von dem, der ferngegangen,Erinnerung dir wiedergibt,Der einst in deinem Bann gefangenAch viel geträumt und viel geliebt.Und durftest du es nicht erwidern,Das Flehen meiner tiefen Lust,Die Seele öffne meinen Liedern,So ruht mein Herz in deiner Brust.
Keine Rose ohne Dorn,Keine Liebe ohne Zorn,Kein Begegnen ohne Scheiden,Keine Freude ohne Leiden –Aller Dinge tiefstes WesenMußt im Gegensatz du lesen.
Werthers Lotte(Im grauen Haar)Grau ist das Haar, verwelkt ist das Gesicht, An welchem Liebe sehnend einst gehangen.Doch zitternd wie ein süßes AbendlichtSpielt Lächeln um Augen, Mund und Wangen.Stört nicht dieses Lächeln – steht in Ehrfurcht – schweigt,Sie träumt von einer wunderbaren Stunde,Da sich ein Gott im Kuß zu ihr geneigtUnd sie unsterblich ward an seinem Munde.
Christkindlein trat zum Apfelbaum, Erweckt ihn aus dem Wintertraum –„Schenk Apfel süß, schenk Apfel zart, Schenk Äpfel mir von aller Art!“ Der Apfelbaum, er rüttelt sich, Der Apfelbaum, er schüttelt sich. Da regnet’s Äpfel rings umher; Christkindleins Taschen wurden schwer.
Der Schweiz(Zum 1. August 1891)In dieser Zeit, da überall das WortSich schellenrasselnd drängt zum ersten Ort,Da man mit Reden wider Reden ficht,Aus Druckpapier sich Ruhmeskronen flicht –In dieser Zeit gedenk´ ich jenes TagsAls auf dem Rütli, eisenfesten Schlags,Drei Männer-Hände klammernd sich verschränkten,Drei Männer schweigend Aug´ in Auge senkten.Zu Thaten war – zu Reden keine Zeit;Man sprach ein Wort – das aber war ein Eid. –In dieser Zeit, da »Freiheit« rings erschalltUnd unverstanden durch die Seelen hallt,Ein jeder Freiheit meinend, die ihm paßt,Des andern Freiheit Ärger ihm und Last –In dieser Zeit sei jenes Volks gedacht,Das für die Freiheit Freistatt einst gemacht,In einer Welt der Herren und KnechteAufstehend Einer für des Andern Rechte. –Es sei gedacht, wie sechs Jahrhundert langDas Kleinod, das der Väter Faust errang,Unsträflich in der Hand der Söhne blieb,Keinem zuleide, keinem auch zulieb,Unbeugsam allem, was da droben steht,Um Gunst nicht buhlend, die von unten weht,Deß eingedenk, daß Freiheit Mannesthat,Nicht Spielzeug ist in müß´ger Knaben Rath.Dir selber Herr, dir selber unterthan,Du Volk der Männer, wandle deine Bahn. –
Wenn ich sonst im alten Buch gelesen,Daß die Liebe Menschen hingerafft,Sprach ich wohl, ein Märchen ist´s gewesen,Liebe hat ja nicht zum Tödten Kraft.Anders, anders lehrte sie´s mich kennen;Qualen fand ich, ihre Freuden nicht.Hör´ ich heut der Liebe Freuden nennen,Denk´ ich, ach, daß man in Märchen spricht.
Menschenseele, Menschenliebe,Spielgenossen, selig Paar,werdet je des alten Spiels ihrmüde werden? Nimmerdar!Ob Jahrtausend nach Jahrtausenddurch die Welten wandeln mag,immer wo die Liebe aufsteht,ist der erste Schöpfungstag!
Nein, es sind nicht Berg und Thäler,Die uns Fried´ und Freude geben,Freude geben nur die Menschen,Die mit uns auf Erden leben.Nein, es sind nicht Frost und Hitze,Die uns Noth und Schmerzen geben,Schmerzen geben nur die Menschen,Die mit uns auf Erden leben.Und es giebt auch solche Menschen,Die uns freuen und betrüben;Das sind die allerschlimmsten,Die wir lieben, die wir lieben.
Der Gründer, wißt Ihr, strotzt von Geld,Nun hört, ich thu Euch kund:Der größte Gründer von der WeltDas ist des Mädchens Mund.Des Mädchens Mund ist fein und klein; –Doch ob Ihr´s glauben wollt,Ein Wörtchen soll darinnen sein,Das wiegt ´nen Centner Gold.Ein wenig thut sich auf der Mund –Wupp ist das Wörtchen da,Und wer es fängt, der thut ´nen Fund,Das Wörtchen das heißt "ja".