Klage. Und sollte nicht das Herz erbeben, Gebeugt vom Schicksal, rauh und erzen, Wird ihm ein jeder Schritt durch´s Leben Zum blutigen Markstein neuer Schmerzen? Wenn Menschen seine Welt zerstören, Durch Hohn sein innerst Selbst vernichten? Sollt es sich zürnend nicht empören, Bleibt ihm Enttäuschung und Verzichten? Sein Schrei nach Frieden ist vergebens, Getränkt mit Wermut ward sein Fühlen... Du gold´ner Quell des ew´gen Lebens, Vermagst du einst, dies wegzuspülen?
Die Träume Wenn uns der Schlaf berührt die Augenlider, Dann eilt mit seinen Wundern allsogleich Der Träume wild-phantastisch Nebelreich Zur dämmernden Gedankenwelt hernieder. Da sprossen auf des Mohnes bunte Blüten, Aus jedem Kelche steigt ein wirrer Traum, Der hüllet sich in leichten Wolkenschaum Und senkt sich auf das Aug´ der Schlummermüden.Erinn´rung leitet stets der Träume Reigen, Er zeigt uns längstverscholl´nes Glück und Leid, Wie nach der Sage alter, grauer Zeit Versunk´ne Schlösser aus dem Meere steigen,
Den Trümmern stehn des Waldes grüne Wogen Wie frische Myrten der verlass´nen Braut... Mir ist bei jenen halbzerbroch´nen Bogen Als ob ein Aug´ mich sterbend angeschaut. Ob auch die Sonn´ mit einem Strom des Lebens Das sinkende Gemäuer hell begrüßt, Ach, all ihr treues Mühen ist vergebens – Hat je das Leben wach den Tod geküßt?Die Büsche schmiegen ihre zarten Spitzen Wie grüne Schleier um den grauen Bau, Leis rauscht Geröll aus graubemoosten Ritzen, Dazwischen nickt der Glockenblume Blau.Der Efeu zieht sein Netz um Kluft und Spalten, Um jene Zeugen der Vergänglichkeit, Als wollt´ er liebend das zusammenhalten, Was übrig noch aus längstvergang´ner Zeit.So steht dies Werk, verwittert und zerfallen, Ein Bild versunk´ner Größe, überm Tal, Verlassen stehn die hochgewölbten Hallen, Die Jubel einst durchscholl beim Weinpokal.Ich blick´ mit Wehmut auf die düstern Mauern, Die leise der Vernichtung Hauch verheert, Und mein Gemüt durchzieht ein tiefes Trauern... Ich denk an das, was mir einst lieb und wert.
Natur ist unergründlich tief im Walten,Erhaben über Erdenmacht und ZeitIst ewig groß in wechselnden GestaltenUnd unbeschreiblich schön im Frühlingskleid.Ein Saitenspiel ist ihr geheimes Weben,Gebreitet über Gottes weites All,Denn wenn die Frühlingslüfte drüber beben,Entströmt ein wundersamer Jubelschall.
Dunkle Waldesbäume, Wie sind sie so hold, Weht durch grüne Bäume Morgensonnengold.Efeuzweige ranken Sich durch´s weiche Gras, Glockenblumen schwanken Ohne Unterlaß.Schlanke Stämme breiten Ihre Wipfel aus, Heil´ge Schauer gleiten Durch dies Gotteshaus.Waldeslust und -leben, Drüber Himmelsblau! All dies Blüh´n und Weben Spiegelt sich im Tau.Will dein Herz ergrimmen Ob dem Tun der Welt Hör des Waldes Stimmen, Such sein grünes Zelt!Dort wirst du erhalten Lautres Wort des Lichts, Und der Menschen Walten Sinkt vor ihm ins Nichts!
Echt ist nur des Himmels Blau, Denn der Wechsel, streng und rauh Nimmt des Blütenstraußes Pracht, Grün, das hell vom Baume lacht. Sommers Feuerglut verfliegt Und der flinkeBach versiegt. Auf den Wechsel, klein und groß Schaut der Himmel, wandellos.Menschentreu ist Morgenduft, Den entführt die weichste Luft, Und die Lieb´ ist über Nacht Oft als Haß wohl aufgewacht. Heut gehst du als Bruder mit, Morgen dich der Hochmut tritt; Und es beut der Lebensbaum Statt der Frucht – zerstob´nen Traum. Doch, wenn alles rauh verglüht Deines Hoffens Grün verblüht Und dein Schiff im Sturme treibt Blick hinauf! Der Himmel bleibt!
Träumerische Sonntagsstille!... Fernes, festliches Geläut, Goldner Duft auf allen Wipfeln, Tropfen Tau im Gras verstreut.In verlass´ner Waldkapelle Bebt ein Glöcklein trauernd leise, Ob auch rings die Schöpfung jauchzet, Einsam singt es seine Weise.Und ich weiß, was sie bedeutet... Durch mein ganzes Leben zieht Solch ein Sang – es ist des Schmerzes Nimmer endend Klagelied.Ja, du strahlst und prangst im Lichte, Wunderbare Gotteswelt! Doch das Herz mit seinem Leide Ist als Schatten beigesellt.
Willst ergründen, armer Geist, des Himmels Walten, Willst du lüften ohne Scheu des Schleiers Falten, Der Geheimnis um das Höh´re spinnt, Das wir ahnen nur wie ferne Traumgestalten? Sieh: Dein Aug´ sinkt vor der Sonne Lichtgewalten, Die doch nur des Höh´ren Abglanz sind!
Maßliebchen im Schnee. Was will der Winter in der Blütenzeit? Ward ihm zu eng sein Reich im kalten Norden? Er sah den Frühlingsjubel weit und breit Und sprengte grimmig seines Hauses Pforten.Nun stürmt er wild daher, der rauhe Greis, Bedeckt die junge Frühlingswelt mit Flocken. O zartes Grün, du blickst aus starrem Eis So trüb, wie Myrtenreis aus greisen Locken!Maßliebchen zittert im beschneiten Gras, Es fürchtet sich vor Winters Zorngebärde, Sein neues, grünes Kleid ist tränennaß, Das Köpfchen senkt sich schwer zur kalten Erde.Verschwunden ist der kleinen Krone Gold, Der Blätterkreis hat schützend sich erhoben, Drin ruht des Blümchens Kleinod, süß und hold Geborgen vor der rauhen Stürme Toben.So flüchtet scheu das sinnige Gemüt In sich zurück wie jene Frühlingsblume, Wenn roher Scherz entweiht was still erblüht In seiner Tiefe, seinem Heiligtume.