Klage. Und sollte nicht das Herz erbeben, Gebeugt vom Schicksal, rauh und erzen, Wird ihm ein jeder Schritt durch´s Leben Zum blutigen Markstein neuer Schmerzen? Wenn Menschen seine Welt zerstören, Durch Hohn sein innerst Selbst vernichten? Sollt es sich zürnend nicht empören, Bleibt ihm Enttäuschung und Verzichten? Sein Schrei nach Frieden ist vergebens, Getränkt mit Wermut ward sein Fühlen... Du gold´ner Quell des ew´gen Lebens, Vermagst du einst, dies wegzuspülen?
Sommernacht. Der lichte Tag ist heimgezogen Ins graue Meer vergang´ner Zeit. Wie vieler Glück, wie manches Leid Versinkt mit ihm in jene Wogen.Nun ist die Nacht herabgesunken, Ums stolze Haupt den Strahlenkranz, Den Schleier webt der Mondesglanz, Aus ihrem Mantel sprühen Funken.Wie geisterhaft das Mondlicht zittert Und mit den nächt´gen Schatten ringt. Ein gold´nes Märchen, leichtbeschwingt Schlüpft´s durch die Zweige, zartgegittert.O Sommernacht unnennbar schöne! Du scheuchst mit rätselhafter Macht Aus dem Gemüt die trübe Nacht Berührst dort niegeahnte Töne!Man lernt das Herz nie selbst verstehen, Wenn Tagsgeräusch es wild erregt – Von nächt´gem Schweigen mild bewegt Läßt es uns seine Tiefe sehen.
Echt ist nur des Himmels Blau, Denn der Wechsel, streng und rauh Nimmt des Blütenstraußes Pracht, Grün, das hell vom Baume lacht. Sommers Feuerglut verfliegt Und der flinkeBach versiegt. Auf den Wechsel, klein und groß Schaut der Himmel, wandellos.Menschentreu ist Morgenduft, Den entführt die weichste Luft, Und die Lieb´ ist über Nacht Oft als Haß wohl aufgewacht. Heut gehst du als Bruder mit, Morgen dich der Hochmut tritt; Und es beut der Lebensbaum Statt der Frucht – zerstob´nen Traum. Doch, wenn alles rauh verglüht Deines Hoffens Grün verblüht Und dein Schiff im Sturme treibt Blick hinauf! Der Himmel bleibt!
Kyffhäuser. Verwittert, zerbröckelt, zerfallen Ragt droben das alte Gestein, Die moosigen Trümmer umzittert Des Mondes gespenstiger Schein.Und ruhlos umflattern Gestalten Den Turm in der stillen Nacht, Laut krächzende Raben, sie halten Beim Throne des Kaisers die Wacht.Tief drunten mit treuen Vasallen, Da sitzet der Herrscher so bleich, Und wehklagend zieht durch die Hallen Der Schatten vom deutschen Reich.»Erheb dich, du tapferer Ritter, Ergreif dein gewaltiges Schwert, Damit es im Schlachtengewitter Wie einst alle Feinde verheert!Noch ist ja dein Ruhm nicht verklungen, Noch rollet ja feurig dein Blut Hat selbst doch den Marmor bezwungen Des Bartes gewaltige Flut!«»Es konnte mein Bart wohl bezwingen Im Laufe der Jahre den Stein, Wie soll ich mein Schwert aber schwingen, Ich deutscher Mann ganz allein?O schließe die Augen auf immer, Du Wand´rer in altdeutschen Gaun, Die Trümmerwelt wirst du wohl nimmer Als einiges Ganze erschaun!Kein Strahl wird die Nacht dir erhellen, Obgleich dies die Sage verheißt. Dein Hoffen muß ewig zerschellen An Deutschlands uneinigem Geist!«
Natur ist unergründlich tief im Walten,Erhaben über Erdenmacht und ZeitIst ewig groß in wechselnden GestaltenUnd unbeschreiblich schön im Frühlingskleid.Ein Saitenspiel ist ihr geheimes Weben,Gebreitet über Gottes weites All,Denn wenn die Frühlingslüfte drüber beben,Entströmt ein wundersamer Jubelschall.
Den Trümmern stehn des Waldes grüne Wogen Wie frische Myrten der verlass´nen Braut... Mir ist bei jenen halbzerbroch´nen Bogen Als ob ein Aug´ mich sterbend angeschaut. Ob auch die Sonn´ mit einem Strom des Lebens Das sinkende Gemäuer hell begrüßt, Ach, all ihr treues Mühen ist vergebens – Hat je das Leben wach den Tod geküßt?Die Büsche schmiegen ihre zarten Spitzen Wie grüne Schleier um den grauen Bau, Leis rauscht Geröll aus graubemoosten Ritzen, Dazwischen nickt der Glockenblume Blau.Der Efeu zieht sein Netz um Kluft und Spalten, Um jene Zeugen der Vergänglichkeit, Als wollt´ er liebend das zusammenhalten, Was übrig noch aus längstvergang´ner Zeit.So steht dies Werk, verwittert und zerfallen, Ein Bild versunk´ner Größe, überm Tal, Verlassen stehn die hochgewölbten Hallen, Die Jubel einst durchscholl beim Weinpokal.Ich blick´ mit Wehmut auf die düstern Mauern, Die leise der Vernichtung Hauch verheert, Und mein Gemüt durchzieht ein tiefes Trauern... Ich denk an das, was mir einst lieb und wert.
Die Sonne will nicht kommen, Die Blumen so traurig sind. »Sie hat Euch alle vergessen«, Spricht höhnisch der kalte Wind.Ein Schlüssel von blankem Golde Ist heller Sonnenschein, Der öffnet die Blumenherzen Und stiehlt sich leise hinein.Nun hat er sie treulos verlassen, Die Blumen weinen allein. Muß immer Lieben und Täuschen So eng denn verbunden sein?
Brausend zieht der Sturm vorüber. Schwarz umhüllt der Himmel sich. Stürme draußen, Kampf im Innern – Mutter, Mutter, hörst du mich?Fühlst du dort, wie all mein Fühlen Rastlos zu dir aufwärts strebt, Wie die Blume auf zum Lichte Sehnsuchtsvoll den Kelch erhebt?Ja, ich fühl´ es immer tiefer: Mit dem Mutterherzen bricht Uns´res Lebens schönste Perle – Mutterlieb´ ersetzt sich nicht.Trost war mir dein zärtlich Lächeln, Sich´rer Port dein treuer Arm, Und nun bin ich preisgegeben Dem fühllosen Menschenschwarm.Droben grollen Wetterwolken, In mir grollet bitt´rer Schmerz, Wie dort fahle Blitze zischen, Zuckt mir schneidend Weh durch´s Herz.Und ich lebe wie der kranke Baum, den Winterfrost zerstört. Drunten hält ihn noch die Scholle, Doch das Haupt dem Tod gehört.