Und Heil euch, die ihr in dem Glanz und StolzDer Jugend niedersteiget zu den Toten,Eh´ euch noch an des Lebens MarterholzDer Essigschwamm des Zweifels ward geboten,Eh´ euch der Tage Last, der Erde Wust,Die schweren Bürden, Geist und Arm gelähmet,Eh´ jene Weisheit, die den Gott vervehmet,Mit ihrem Frost durchkältet eure Brust.
Daß ich dich liebe tief und heiß,Das hab ich oft empfunden,Wenn deiner Nähe ZauberkreisGlückatmend mich umwunden;Wenn mich dein Arm so fest umschlang,Dein Wort in seiner SüßeZu meinem tiefsten Herzen drang,Wie tausend Jenseitsgrüße.Doch daß du selbst mein innerst SeinUnd Herz von meinem Herzen,Daß du nur in der Seele meinWach rufest Lust und Schmerzen,Daß du ein heil’ger Engel bist,Für mich als Mensch geboren,Das weiß ich erst seit kurzer Frist:Erst seit ich dich verloren.
Wenn dich bittres Weh durchfuhr,Trachte dann, eh´ dich´s bezwungen,Zu verfolgen seine SpurBis zum Quell, dem es entsprungen.Findest du dann, daß der Gram,Störend deiner Nächte Schlummer,Von dem Schicksal zu Dir kam,So bezwinge deinen Kummer.Denkend, daß des Schicksals WitzNeu will sein an jedem MorgenUnd daß drum ein gleicher BlitzKünftig nicht mehr zu besorgen.Wohl verschieden ist der Fall,Doch nicht größer sei die Beugniß,Nennt dich Ursach Deiner QualDeines Geist´s wahrhaft´ges Zeugnis.Suche dann ohn´ Ruh und RastDeinen Fehler zu entdecken;Wenn du ihn gefunden hast,Wirf hinaus den dunklen Flecken!Kämpfe, bis, was dich bethört,Du besiegt und überwunden.Ist sein böser Keim zerstört,Ist das Unglück bald verschwunden.So kannst du in jeder Art,Hoffend glauben, daß das Leiden,Trübend deine Gegenwart,Deine Zukunft werde meiden.
Denke der eig´nen Fehler und Schwächen,Wenn du dem Freund, dem Irrenden, grollst!Schwanke nicht erst, ob die Unbill zu rächen,Ob du in Milde vergeben sie sollst.Was dir zum Trost und zur Freude gegeben,Selber verkehrend in Unheil und Fluch,Bringest du sonst in dein innerstes Leben,Störrischen Sinnes, den qualvollen Bruch.
Wenn quälend mich die Angst beschleicht,Mein Teuerstes auf Erden,Mein Liebstes könnte mir vielleichtEinst noch entrissen werden;Dann tröstet der Gedanke mich:»Weshalb davor erbeben?Dies große Leid vermöchte ichJa nicht zu überleben.«Die Hoffnung, die sich in dir regt,Bevor du ihrer dich entschlagen,Daß keinem werde auferlegtSo viel als er kann tragen.Wie groß das Leid, wie tief die Not,Du wirst dich d´rein ergeben,Und was dir bitt´rer als der Tod,Du wirst es überleben.
Die Tugend, die ich meine,Für die mein Herz in Brand,Abhold dem eitlen Scheine,Trägt sie ein schlicht Gewand.Sie rührt den Sinn der MengeMit holdem Reize nicht;Aus ihrem Aug´ blickt Strenge,Ernst ist ihr Angesicht.Spät reifen ihre Saaten,Und karg scheint ihr Gewinn;Es reißen ihre ThatenNicht zur Bewund´rung hin.Nach ewig heil´gen ZielenFährt sie auf rauher Spur,Gehaßt, verfolgt von vielen,Geliebt von wen´gen nur.Wer kühn sich ihr will weihen,Der nehme wohl in acht:Ihm Lorbeer´n zu verleihen,Steht nicht in ihrer Macht!Mit schmetternden FanfarenBegrüßt ihn nicht der RuhmIn seinem unscheinbaren,Selbstlosen Heldentum.Sie aber, die er schützet,Der er sich zugesellt,Nur sie erhält und stützetUnd trägt den Bau der Welt.Es ist die Hehre, ReineZu höchstem Dienst geweiht!Die Tugend, die ich meine,Ist die Gerechtigkeit.
Im tiefsten InnernEin süß ErinnernUnd einen GrußZum Tagesschluß.Daß Gottes GüteMein Glück behüte,Daß seine Treu Stets mit dir sei;Daß deine SeeleSich mir vermähleAuf ewiglich:Das bete ich.Auf ihn nur zähl´ ich,Uns beid´ empfehl´ ichFromm seiner Macht –Nun, gute Nacht!
Wenn ich dereinst entrückt dem Lebensstande,Wenn die in mir, dem flüchtigen Phantome,Für kurze Zeit vereinigten AtomeEinst wieder frei und ledig ihrer Bande:Was dann aus ihnen wird? mich soll´s nicht kümmern,Ob sie der Tiernatur sich einverleiben,Als Wirbel Staubes durch die Lüfte treiben,Im Farbenglanze duft´ger Blumen schimmern!An einem Wunsche laß ich mir´s genügen:Was auch ihr Schicksal sei, ob hoch, ob nieder,Sie mögen sich nur nimmer, nimmer wiederZu einem Menschenbild zusammenfügen!
Nimm die Lieder, seelentflossen,Nimm die Thränen, heißvergossen,Nimm die Seufzer, bang´ und trüb,Nicht für thörichte BeschwörungUm Erwied´rung und ErhörungMeiner Lieb!Wandle fort auf Deinen Bahnen!Folge den mir fremden Fahnen!Wär´ die Macht, die mir gebricht,Mein, zu einen unsre Loose,Glaub´, mein Herz, das stolze, große,Thät´ es nicht.Müßte mich nicht Scham durchdringen,Wollte ich erfleh´n, erzwingen,Was mir frei nicht wird gewährt?Nichts will ich dem Herzen geltenDas den Kern nicht seiner WeltenIn mir ehrt!Geh denn hin! vergiß auf immerWie du einst bei SterngeflimmerMich als Deine Braut gegrüßt,Wie mir Seel´ und Sinn zusammenVon der Liebesworte FlammenWund geküßt!Wie – genug! du sollst vergessen,Daß Du jemals mich besessen,Daß ich war und daß ich bin!Sollst verwandeln mich zum Traume,Der aus erdenfernem RaumeDir erschien!Sollst in meiner Lieder ChörenNicht die Menschenstimme hören,Nur den Gruß der Leidenschaft,Welt und Schmerz und Tod bezwingend,Aus dem Jenseits zu dir klingendGeisterhaft.