Wähne nicht, daß in dem Weltgewühle,Je ein Herz so wie das Deine fühle,Daß ein andres folge Deiner Spur.Wähne nicht, in sehnendem Umschlingen,Andrer Herzen also durchzudringen,Daß sie mit dem Deinen eines nur. Einsam bist du, ob die bunte Menge,Lobend oder tadelnd Dich umdränge,Einsam in dem Kampf wie in der Ruh.Einsam, bei der Freunde Scheinerbarmen,Einsam selbst in Deines Liebsten Armen,Denn sie alle sind nur sie, nicht Du. Lerne drum, aus ihrem Kreis verschwinden,Dich in Deiner eigenen Brust zurechtzufinden,Lerne Du, Dein eigener Freund zu sein!Alle Schwüre, die sie Dir versprechen,Unwillkürlich werden sie sie brechen.Deines Lebens Losung heißt: Allein!
An einem Frühlingsmorgen Mir hat die Nacht nicht Schlummer,Erquickung nicht gebracht!Allein mit meinem KummerHab´ ich sie still durchwacht. Gottlob! nun seh´ ich blinkenDes Morgens dämmernd Grau,Und alle Blumen trinkenDen milden Segensthau. Es wenden meine BlickeSich hoffend himmelwärts -Mit deinem Thau erquicke,O Herr! auch dieses Herz.
Stets öder wird´s auf meinem Pfade,Am Herzen nagt mir dumpfe Pein.O Hoffnung, du Scheherezade!Wieg´ mich mit deinen Märchen ein!Die Nacht, der ich entgegenschreite,Verhülle mir mit ros´gem Flor,Und gib mir tröstend zum GeleiteHoldsel´ger Zukunftsträume Chor.Wird ihnen die Erfüllung nimmerIn diesem schwanken Erdenhaus,So breite deinen milden SchimmerWeit über´s dunkle Grab hinaus.O nahe mir wie Frühlingsrauschen,Vor dem des Eises Rinde springt,Und laß mich deinen Märchen lauschen,Bis froh mein Herz davon erklingt!Die Hoffnung drauf: »Ein Märchen nennstDu selbst, was ich zu künden weiß,Und sagst damit, daß du erkennst,Wie fern und fremd du meinem Kreis.Zu tief ist deiner Stirn das ZeichenRuchlosen Zweifels eingebrannt!Nie wieder wird er von dir weichen,Du bist und bleibst an ihn gebannt.Und so ist mir die Macht benommen,Dir vorzuspiegeln holden Wahn.Mein Zuspruch könnte dir nicht frommen,Denn, ach! Du glaubtest nicht daran!« sollt´ es auch das Fell euch kosten!
Mir ist als legten leiseSich Nebel um mich her,Vom bunten MenschenkreiseMich scheidend mehr und mehr.Erinnerungen sind es,Aus Lust und Leid gewebt,Die man, will´s ein gelindesGeschick, mit mir begräbt!Mir ist, als brauste, grollteUm mich ein Ocean,Den ich, wie gern ich wollteNicht überbrücken kann.Dieß Meer, deß banger KlageDie Seele träumend lauscht,Es sind die fernen Tage,Die an mir hingerauscht!Vereinsamt im Gewühle,Das rastlos drängt und schafft,Vergangenheit! wie fühleIch mich in deiner Haft!Erschöpft vom Lebensstreite,Den Wunsch auf nichts gestellt,Ein dunkler Schatten gleiteIch durch die blüh´nde Welt!
Du schiltst, daß ich mein Leben verträumt,Statt froh es zu genießen?Daß ich die Blumen zu pflücken versäumt,Die rings am Wege sprießen?So sprechend dünkst du dich klug, wie klug!Daß Bessres du erkoren,Indess an Wahn und Täuschung und TrugIch Jahr um Jahr verloren.Glaub mir! es hielt mich des Traumes MachtSo ehern nicht umschlungen,Daß ich nicht manchmal plötzlich erwachtAus seinen Dämmerungen.Doch sieh! da schien mir all euer GlückNur Glitzern flücht´gen Schaumes,Und, Schön´res suchend, floh ich zurückIns gold´ne Reich des Traumes!
Nimm die Lieder, seelentflossen,Nimm die Thränen, heißvergossen,Nimm die Seufzer, bang´ und trüb,Nicht für thörichte BeschwörungUm Erwied´rung und ErhörungMeiner Lieb!Wandle fort auf Deinen Bahnen!Folge den mir fremden Fahnen!Wär´ die Macht, die mir gebricht,Mein, zu einen unsre Loose,Glaub´, mein Herz, das stolze, große,Thät´ es nicht.Müßte mich nicht Scham durchdringen,Wollte ich erfleh´n, erzwingen,Was mir frei nicht wird gewährt?Nichts will ich dem Herzen geltenDas den Kern nicht seiner WeltenIn mir ehrt!Geh denn hin! vergiß auf immerWie du einst bei SterngeflimmerMich als Deine Braut gegrüßt,Wie mir Seel´ und Sinn zusammenVon der Liebesworte FlammenWund geküßt!Wie – genug! du sollst vergessen,Daß Du jemals mich besessen,Daß ich war und daß ich bin!Sollst verwandeln mich zum Traume,Der aus erdenfernem RaumeDir erschien!Sollst in meiner Lieder ChörenNicht die Menschenstimme hören,Nur den Gruß der Leidenschaft,Welt und Schmerz und Tod bezwingend,Aus dem Jenseits zu dir klingendGeisterhaft.
Seht dort den Regentropfen beben An jenes Baumes dunkelm Stamm! Als Demant glänzt er hell im Schweben, Doch sinkt er nieder, wird er Schlamm. – Allein, ihn wieder aufzuraffen Und ihn, der farblos erst und fahl, Aufs Neu´ zum Demant umzuschaffen, Genügt´s an einem Sonnenstrahl. So zittert auch am Baum des Lebens Das Frauenherz im Sturm der Welt, Sein Ringen, Kämpfen ist vergebens, Zu schwach ist seine Kraft, es fällt! Doch um sich leuchtend zu erheben, Von seinem tiefen Sündenfall, Und ätherklar empor zu schweben Braucht es nur einen Liebesstrahl.
Nenne dich nicht einsam!Nein, du bist es nicht,Da uns ja gemeinsamLeid und Lieb verpflicht!Daß in PurpurscheinenBlüh´ dein welker Kranz,Leiht mein Herz dir seinenAbendsonnenglanz.
Daß ich dich liebe tief und heiß,Das hab ich oft empfunden,Wenn deiner Nähe ZauberkreisGlückatmend mich umwunden;Wenn mich dein Arm so fest umschlang,Dein Wort in seiner SüßeZu meinem tiefsten Herzen drang,Wie tausend Jenseitsgrüße.Doch daß du selbst mein innerst SeinUnd Herz von meinem Herzen,Daß du nur in der Seele meinWach rufest Lust und Schmerzen,Daß du ein heil’ger Engel bist,Für mich als Mensch geboren,Das weiß ich erst seit kurzer Frist:Erst seit ich dich verloren.
Was fragst du mich, wie es wohl sei gekommen, Daß also hell der Liebesstrahl entglommen, Der meines Daseins schönes Sonnenlicht? Ich weiß es nicht! Was fragst du mich, wie ich es werd´ ertragen, Wenn einst nach diesen himmellichten Tagen Herein die finstre Nacht der Trennung bricht? Ich weiß es nicht!