Mein ganzes SeinIst eine Wunde!Gedenkst du meinZu dieser Stunde?Fühlst du den Kuß,Den ich die sende?Den AbschiedsgrußVor nahem Ende?Und ahnst du, sprich!Die Glut der Seele,Mit der ich dichDem Herrn empfehle?Und weißt du auch,Was ich singe,Ein Opferhauch,Den ich dir bringe?In wilder PeinFlammt meine Wunde!Gedenkst du meinZu dieser Stunde?
Im tiefsten InnernEin süß ErinnernUnd einen GrußZum Tagesschluß.Daß Gottes GüteMein Glück behüte,Daß seine Treu Stets mit dir sei;Daß deine SeeleSich mir vermähleAuf ewiglich:Das bete ich.Auf ihn nur zähl´ ich,Uns beid´ empfehl´ ichFromm seiner Macht –Nun, gute Nacht!
Daß ich dich liebe tief und heiß,Das hab ich oft empfunden,Wenn deiner Nähe ZauberkreisGlückatmend mich umwunden;Wenn mich dein Arm so fest umschlang,Dein Wort in seiner SüßeZu meinem tiefsten Herzen drang,Wie tausend Jenseitsgrüße.Doch daß du selbst mein innerst SeinUnd Herz von meinem Herzen,Daß du nur in der Seele meinWach rufest Lust und Schmerzen,Daß du ein heil’ger Engel bist,Für mich als Mensch geboren,Das weiß ich erst seit kurzer Frist:Erst seit ich dich verloren.
Wiesengrund und Bergeshöh Liegen wie begraben,Auf dem schimmernd weißen SchneeTummeln sich die Raben.Mag die Sonne auch ihr LichtFernehin entsenden,Es erquickt und wärmet nicht,Kann nur schmerzlich blenden.Dicht vor meinem Fenster stehtEine schlanke Linde,Mit Demanten übersä´tStöhnet sie im Winde.An die Scheiben pocht sie leis´,Leis´ wie Glöckchen läuten;Was sie sagen will, ich weißMir es wohl zu deuten.Arme Linde! Tag und NachtScheinst du mir zu klagen:»Dürft ich doch, statt todter Pracht,Wieder Blüthen tragen!«
Die Tugend, die ich meine,Für die mein Herz in Brand,Abhold dem eitlen Scheine,Trägt sie ein schlicht Gewand.Sie rührt den Sinn der MengeMit holdem Reize nicht;Aus ihrem Aug´ blickt Strenge,Ernst ist ihr Angesicht.Spät reifen ihre Saaten,Und karg scheint ihr Gewinn;Es reißen ihre ThatenNicht zur Bewund´rung hin.Nach ewig heil´gen ZielenFährt sie auf rauher Spur,Gehaßt, verfolgt von vielen,Geliebt von wen´gen nur.Wer kühn sich ihr will weihen,Der nehme wohl in acht:Ihm Lorbeer´n zu verleihen,Steht nicht in ihrer Macht!Mit schmetternden FanfarenBegrüßt ihn nicht der RuhmIn seinem unscheinbaren,Selbstlosen Heldentum.Sie aber, die er schützet,Der er sich zugesellt,Nur sie erhält und stützetUnd trägt den Bau der Welt.Es ist die Hehre, ReineZu höchstem Dienst geweiht!Die Tugend, die ich meine,Ist die Gerechtigkeit.
Ihr nennt mich stolz? Wer hat mich so gemacht?Ihr selbst, die mich betrogen und verrathen!Die Regung, die ihr schmäht, ist erst erwacht,Als ich mein Thun verglich mit euern Thaten!Ihr nennt mich stolz? O wüßtet ihr wie gernUnd freudenvoll der starre Stolz verschwände,Vor einem Menschen, der, ein lichter Stern,Hoch über mir und meinem Wesen stände. –
Alles hinzugebenIst der Liebe Brauch;Nimm denn hin mein LebenUnd mein Sterben auch!Aller meiner LiederSanften Schmeichellaut,Die ein Eden wiederSich aus Schutt erbaut.Alle Lichtgedanken,Die an Glück und LeidKühn sich aufwärts ranken In die Ewigkeit.All mein stilles Sehnen,Innig dir vertraut,Das in sel´gen TränenAuf dich niedertaut!Nimm, daß nichts dir fehle,Wenn die Stunde ruft,Meine ganze SeeleHin als Opferduft!
Dir zürnen, daß du mich verlassen? –Beim Himmel, nein! wie sollt´ ich das?War´s deine Schuld, mich nicht zu fassen?Verdient ein blinder Irrthum Haß?Besäße dein Gemüth die Schwingen,Zu schweben auf des meinen Spur,Dann ließest du mich dir entringenMit deinem eignen Leben nur!Wen also hätt´ ich anzuklagen ?Dich, daß dein Herz so schwach und klein?Davon kannst du die Schuld nicht tragen!Wie du´s empfangen, blieb es dein.Fahr hin! als der Vergebung BlütheRankt sich der Wunsch noch himmelan,Daß Gott fortan dein Glück behüte,Weil´s meine Liebe nicht mehr kann.
Nicht wahr, ihr Alle wünscht, wenn einst die StundeGekommen, wo die andern Wünsche enden,In eurer Lieben Mitte zu entsendenDen letzten Hauch vom todesblassen Munde?Verlangt es mich im tiefsten SeelengrundeNach solchen Glückes heilig süßen Spenden,Muß ich mich an den holden Frühling wenden,Den einz´gen Freund, mit welchem ich im Bunde.Und weil kein and´rer Gruß die dunkle GruftMit Liebesschimmer sanft mir wird umfärben,Wenn nicht sein Gruß als Licht und Sang und Duft,Möcht ich mir dieses milde Loos erwerben:Zur Zeit der Blühten und der sonn´gen LuftAn schönen Frühling´s schönstem Tag zu sterben!
Weiße Rose, die so bleichUnd so duftig blüht!Liebe, die so schmerzenreichUnd so selig glüht!Was an ew´ger GeistessaatMir der Herr geschenkt,Meine ganze Seele hatSich darein versenkt! –Pflanzen laß die Rose michIn den Staub vor dir,Nicht zum Schmuck und Stolz für dich,Doch zur Wonne mir.