Der du die Wälder färbst,Sonniger, milder Herbst,Schöner als RosenblühnDünkt mir dein sanftes Glühn.Nimmermehr Sturm und Drang,Nimmermehr Sehnsuchtsklang;Leise nur atmest duTiefer Erfüllung Ruh.Aber vernehmbar auchKlaget ein scheuer Hauch,Der durch die Blätter weht,Daß es zu Ende geht.
O wein´ dich aus an meiner Brust,Laß in dein Herz mich seh´n;Und wärst du noch so schuldbewußt:Ich kann dich ganz versteh´n.Denn nennen kannst du mir kein Leid,Das nicht schon traf auch mich;Auch mir droht noch Vergangenheit –Und schuldig war auch ich.Auch meine Wange hat gebranntIn der Beschämung Rot –Verloren hab´ ich mich genanntUnd mir erhofft den Tod.D´rum wein´ dich aus an meiner Brust,Ich kann dich ganz versteh´n,Und wärst du noch so schuldbewußt:Getröstet wirst du geh´n!
Willst du die Leiden dieser Erde,Der Menschheit Jammer ganz versteh´n,Mußt du mit scheuer GramgebärdeEin Kind im stillen weinen seh´n;Ein Kind, das eben fortgewichenAus fröhlicher Gespielen KreisUnd nun, vom ersten Schmerz beschlichen,In Tränen ausbricht, stumm und heiß.Du weißt nicht, was das kleine WesenSo rauh und plötzlich angefaßt –Doch ist´s in seinem Blick zu lesen,Wie es schon fühlt des Daseins Last.Wie es sich bang und immer bängerZurück schon in sein Innres zieht,Weil es Bedränger auf BedrängerMit leisem Schaudern kommen sieht.Willst du die Leiden dieser Erde,Der Menschheit Jammer ganz versteh´n:Mußt du mit scheuer GramgebärdeEin Kind im stillen weinen seh´n.
Wer mehr, als er verschuldet,Erlitten und erduldet,Der ist zuletzt gefeit;Wie immer er auch wandle,Wie immer er auch handle:Geschlichtet ist der Streit.Denn endlich naht die Stunde,Wo tief im HerzensgrundeDie Frage lauter spricht:Wem ward ein Recht gegeben –Wer wagt es hier im Leben,Zu halten ein Gericht?Ja, was da auch geschehe,Zum Wohl oder zum Wehe,Geschieht´s nicht, weil es muß?»Drum will ich siegreich fallenMit meinen Wunden allen!«Ruft dann der Mensch zum Schluß.Er ruft´s und will nicht haltenZurück mehr die Gewalten,Die man das Schicksal heißt –Und fragt sich nicht mehr bange,Wen er bei UntergangeMit sich zum Orkus reißt!
Es hat der ernste Gang der JahreDein Antlitz leise schon gekerbtUnd dir die dunkelbraunen HaareZu mattem Silber fast entfärbt.Doch hold und schlank sind noch die Glieder,Die du so leicht im Gange regst,Und reich hängt deine Flechte nieder,Wenn du sie tief im Nacken trägst.Und Stunden gibt es, wo die ganzeZurückhängende Jugend brichtAus deinem Aug mit scheuem Glanze,Der von verlornem Leben spricht.Dann will es schmerzlich mich durchsprühen,Und küssen möcht ich deinen Mund!Du fühlst es, und mit sanftem GlühenErbebst du tief im Herzensgrund.So bebt des Herbstes letzte Traube,Vergessen von des Winzers Hand,Mit letzter Glut im fahlen Laube,Wenn sie ein später Wandrer fand.
Das aber ist des Alters Schöne,daß es die Saiten reiner stimmt,daß es der Lust die grellen Töne,dem Schmerz den herbsten Stachel nimmt.Ermessen läßt sich und verstehendie eigne mit der fremden Schuld,und wie auch rings die Dinge gehen,du lernst dich fassen in Geduld.Die Ruhe kommt erfüllten Strebens,es schwindet des verfehlten Pein -und also wird der Rest des Lebensein sanftes Rückerinnern sein.
Schon blicken rote WipfelAus fahlem Laub hervor,Leis´ um der Berge GipfelWallt lichter Nebelflor.Schon folgt dem SchnitterreigenDes Jägers rascher Schuß –Doch reift´s noch an den ZweigenIm letzten Sonnenkuß.Bald nahen frohe Hände,Sie schütteln Ast um Ast,Sie brechen vom GeländeDer Trauben süße Last.Denn so ist´s allerwegen:Daß für des Sommers FleißMit köstlich reichem SegenDer Herbst zu lohnen weiß.Doch was ist dir beschieden,Der du die Zeit verträumt,Der du, zu sä´n hienieden,Zu pflanzen hast versäumt?Da du im FrühlingshaucheNach Rosen nur gesucht:So pflück´ vom dorn´gen StraucheDir jetzt die herbe Frucht.
Ja, der Winter ging zur Neige,holder Frühling kommt herbei,Lieblich schwanken Birkenzweige,und es glänzt das rote Ei.Schimmernd wehn die Kirchenfahnenbei der Glocken Feierklang,und auf oft betretnen Bahnennimmt der Umzug seinen Gang.Nach dem dumpfen Grabchoraletönt das Auferstehungslied,und empor im Himmelsstrahleschwebt er, der am Kreuz verschied.So zum schönsten der Symbolewird das frohe Osterfest,daß der Mensch sich Glauben hole,wenn ihn Mut und Kraft verläßt.Jedes Herz, das Leid getroffen,fühlt von Anfang sich durchweht,daß sein Sehnen und sein Hoffenimmer wieder aufersteht.
Jahr um Jahr hab´ ich gerungenUnd erlitten Schmerz um Schmerz;Aber stark und unbezwungenHielt sich mein gequältes Herz.Wie sich auch die Wolken ballten,Wie das Leben sich verschwor –Mit stets reinerem EntfaltenSchwang sich still mein Geist empor.Treu erglühend für das Echte,Hab´ ich fast das Ziel erreicht;Blickt mich an, ihr ew´gen Mächte:Dieser Scheitel ist gebleicht.Und die Flamme meines LebensNeigt sich mählich zum Verglüh´n –Gönnt mir noch den Rest des Strebens,Gönnt mir noch ein letztes Müh´n.Laßt mich noch getrost vollenden,Was ich ernst und fest begann,Und auf sanften GötterhändenTraget mich von hinnen dann! –Also fleh´ ich, von den SchwingenDer Erfüllung leis umweht –Und doch fürchtend, daß mein RingenIm Verhängnis untergeht!
Wer da zu früh die Gunst der Welt erfahrenUnd ihres Beifalls Übermaß errungen,Der wird sofort, von Hochmut rasch durchdrungen,Die menschliche Gemeinheit offenbaren.Schon auf dem Gipfel wird er sich gewahren,Gewappnet, wie dem Haupt des Zeus entsprungen;Verachten wird er dreist der Wahrheit Zungen,Ungnädig sein – auch gegen Schmeichlerscharen.Er fühlt sich, und die höchste selbst der KronenVermag ihm keine Demut einzuflößen:Daß er sie trägt, soll euch, nicht ihn belohnen.Blickt doch nur hin nach euren Ruhmesgrößen,Wie sie da rings als schnöde Götzen tronen,Zum Dank euch weisend ihre Hinterblößen.