Das aber nehmt euch einmal zu Verstande:Daß einer nie sein Höchstes kann vollbringen,Wenn nicht ein Gott ihm gnädig löst die Schwingen,Und nicht ein günst´ger Wind ihn treibt vom Strande.Denn nie gedeiht der Baum in dumpfem Sande,Zu Tod sich flattern muß der Aar in Schlingen –Und ernstes Tun kann stets nur halb gelingen,Wenn sich die Mitwelt freut an hohlem Tande.Ja, ob auch eigne Kraft und tiefstes WollenDie Größe hebt aus den gemeinen Gleisen:Des Lebens Mächten muß ein jeder zollen.Drum laßt das Wicht´ge mit dem Finger Weisen,Seht einen Mann ihr schöpfen aus dem Vollen:Ihn selbst nicht – seinen Stern nur mögt ihr preisen.
Freilich, freilich, alles eitel,Alles Trug und Schein –Ach, wie bald ergraut der Scheitel,Und du stehst allein!Deine Hoffnungen und TatenHat die Zeit gefällt,Und du siehest neue SaatenOhne dich bestellt.Und du fragst zuletzt mit Grollen:Hab´ ich nur gelebt,Um der rauhen Hand zu zollen,Die die Gräber gräbt?
Ein Fremdling bist du,Ein seltsamer Fremdling, o meine Seele,In diesem Erdengetriebe.Ringsum qualmt Selbstsucht und Hoffart zum Himmel,Laster und Torheit wuchern in üppiger BlüteUnd lustig schießen empor die tauben Halme der Eitelkeit.Und siehe: die Welt erträgt es!Sie erträgt es nicht bloß,Sie opfert der Selbstsucht,Beugt sich der Hoffart,Mästet Torheit und LasterUnd schmeichelt der Eitelkeit.Aber wehe dir, arme Seele,Wenn zu Tage tritt,Daß auch du staubgeboren,Und einmal dich betreten lässestauf menschlicher ArtUnd menschlicher Schwäche.Da geifert´s sogleich in der Runde!Da predigt die Selbstsucht Entsagung,Die Hoffart Demut,Das Laster Tugend –Und Torheit und EitelkeitHaben für dich ein Lächeln des Hohnes . . .Fürwahr ein Fremdling bist du,Ein seltsamer Fremdling, o meine Seele,In diesem Erdengetriebe.
Willst du die Leiden dieser Erde,Der Menschheit Jammer ganz versteh´n,Mußt du mit scheuer GramgebärdeEin Kind im stillen weinen seh´n;Ein Kind, das eben fortgewichenAus fröhlicher Gespielen KreisUnd nun, vom ersten Schmerz beschlichen,In Tränen ausbricht, stumm und heiß.Du weißt nicht, was das kleine WesenSo rauh und plötzlich angefaßt –Doch ist´s in seinem Blick zu lesen,Wie es schon fühlt des Daseins Last.Wie es sich bang und immer bängerZurück schon in sein Innres zieht,Weil es Bedränger auf BedrängerMit leisem Schaudern kommen sieht.Willst du die Leiden dieser Erde,Der Menschheit Jammer ganz versteh´n:Mußt du mit scheuer GramgebärdeEin Kind im stillen weinen seh´n.