Ich muß dein gedenkenIch suche durch MühenMeine GedankenVon dir zu lenken,Aber sie glühenZu dir ohne Wanken,Ich muß dein gedenken!Wie nach der Sonne verlangen die Reben,Verlangt mich´s nach dir, meine Sonne, mein Leben!
Urfrisches Bild der JugendzeitIm goldnen Saum der Ewigkeit,Das du seit Schöpfungsanfang warst,Wie du dich heut mir offenbarst!Du sahst das Erdrund werden altUnd sich verwandeln mannigfalt –Auch du oft wechselst dein Gesicht,Doch deine Seele wechselt nicht!Du zeigst die ew´ge Schöpferkraft,Die rastlos aus sich selber schafft,Stets neue Lebenswellen treibtUnd immer doch die alte bleibt.Wer deines Herzens WogenschlagUnd Melodie ergründen mag,Dem raunst du das Geheimnis zuStets jung und alt zu sein wie du!
Ein größ´res Unglück als der TodDer liebsten Menschen ist die Not:Sie läßt nicht sterben und nicht leben,Sie streift des Lebens Blüte ab,Streift, was uns Lieblichstes gegeben,Vom Herzen und Gemüte ab.
Das ist ein deutscher Biedermann,Voll echt biederner Treue;Er wirft, so viel er immer kann,Seine Perlen vor die Säue.Vor Säue, die wie er sich frohVon Andrer Leumund mästen –Er denkt nicht schlecht, er spricht nur soZu seiner Freunde Besten.Begegnend bleibt er freundlich stehn,Warm mir die Hand zu drücken,Ist immer glücklich mich zu sehnSchmäht mich nur hinter´m Rücken.Er selber scheint höchst tugendhaft,Ganz ohne Fehl und Makel,Und ist der ganzen NachbarschaftUntrügliches Orakel.
Ein treu Gedenken, lieb Erinnern,Das ist die herrlichste der Gaben,Die wir von Gott empfangen haben – Das ist der goldne Zauberring,Der auferstehen macht im Innern,Was uns nach außen unterging.
Das Leben ist ein Darlehn, keine Gabe –Du weißt nicht, wieviel Schritt du gehst zum Gabe,Drum nütze klug die Zeit: auf jeden SchrittNimm das Bewußtsein deiner Pflichten mit.Gewöhne dich – da stets der Tod dir dräut –Dankbar zu nehmen, was das Leben beut;Die Wünsche nicht nach Äußerm zu gestalten,Sondern den Kern im Innern zu entfalten;Nicht fremder Meinung unterthan zu sein,Die Dinge nicht zu schätzen nach dem Schein;Nicht zu verlangen, daß sie sollen gehn,Wie wir es wünschen, sondern sie verstehn,Daß wir uns bei Erfüllung unsrer Pflichten,Da sie´s nach uns nicht thun, nach ihnen richten.
Soll ich lachen, soll ich klagen,Daß die Menschen meist so dumm sind,Stets nur Fremdes wiedersagenund in Selbstgedachtem stumm sind!Nein, den Schöpfer will ich preisen,Daß die Welt so voll von Toren,Denn sonst ginge ja der WeisenKlugheit unbemerkt verloren.
Nie kampflos wird dir ganzDas Schöne im Leben geglückt sein;Selbst DiamantenglanzWill seiner Hülle entrückt sein;Und windest du einen Kranz,Will jede Blume dazu gepflückt sein.
Willst Welt und Menschen recht verstehn,Mußt du ins eigne Herz dir sehn.Willst du dich selbst recht kennenlernen,Mußt du dich aus dir selbst entfernen.Wer sich beurteilt nur nach sich,Gelangt zu falschen Schlüssen…Du selbst erkennst so wenig dich,Als du dich selbst kannst küssen.