Ob wir´s erlitten, ob verschuldet Vergangnes ist nicht abgetan. Ob losgekämpft und ungeduldet, Es folgt im Stillen unsrer Bahn. Dem Überraschten naht es leise, Heut mit verklärender Gewalt, Und morgen tritt´s in unsre Kreise Verkehrt zu wilder Mißgestalt.
Weißt du noch, wie ich am FelsenBei den Veilchen dich belauschte,Weißt du noch den Fliederstrauch,Wo der Strom vorüberrauschte?Weißt du noch den Bergespfad,Wo ich um den Strauß dich bat,Weißt du noch?Ach, es war ein süßes Bild,Als du da errötend standest,Und zur Erde all´ die BlumenFielen, die zum Strauß du wandest, Deine kleine, liebe HandSpielte mit dem blauen Band,Weißt du noch?Und es sahen Fels und StromDein Erröten und dein Beben,Sahen auch den ersten Kuß,Halb genommen, halb gegeben!Und des Himmels goldner StrahlÜberflog Gebirg und Thal,Weißt du noch?
Wenn du geliebt, wenn du gehofft,Wenn du gestrebt, gerungen,Wenn du mit starkem Willen oftDein blutend Herz bezwungen:Dann fühlst du, wie zu vollem WertErwacht dein ganzes Leben,Denn jeder Schmerz, der dich beschwertWird dich nur höher heben.Dein Glück, es ist so selten echt,Und wird dich doch betören:Der Schmerz verleiht dir erst ein Recht,Dem Leben zu gehören.Ob du umfingst in JugendluftDie Welt mit Liebesarmen,Es lehrt dich Leid erst und VerlustEin heiligstes Erbarmen.
Die Liebe ist ein Blüthesegen,Der heilig in der Seele ruht,Ein Röslein nicht, das von den WegenMan pflückt für seinen Wanderhut.Wenn ihr der Seelen Mai gehütet,Beklagt ihr nicht der Träume Flucht,Die Knospe, der ihr einst erglühtet,Prangt als lebend´ge Lebensfrucht.
Laß der Menschen DankbarkeitImmerhin dir sein entbehrlich,Mit dem Wort sind sie bereit,Doch die That ist gar beschwerlich.Nur wo Gab´ und DankeszollStets sich in einander ranken,Sprossen, gleicher Blüthen voll,Nur die Liebe weiß zu danken.
Stille Tage, die ihr leise Von des Schaffens Ernst beschwingt, Mir in störungslosem Gleise Kaum bemerkt vorüber gingt: Thätig war´t ihr überlegen Unruhvoller Gegenwart, Und so fühl´ ich euren Segen Mir im Tiefsten offenbart. Ja, den Segen zu vollenden, Wißt ihr für des Liedes Ton Noch die Stimmung mir zu spenden, Als der Arbeit schönsten Lohn.
Wohl wahr, daß uralt alles Klagen,Daß allen Jammer, jede Noth,Schon sonst ein Menschenherz getragenSolang das Leben führt zum Tod.Doch immer neu wird all sein Ringen,Mit dem er durch die Zeiten geht,Der Mensch in jener Sprache singen,In der die Menschheit sich versteht.
Nicht hassen, wo der Hass Gebot?In Angst sich bergen vor kindischer Schuld?Das Leben verkümmern Lot für Lot -O wundersame Eselsgeduld!Kommt mir nur nicht mit Sittlichkeit herUnd heuchlerischem Moralgeschwänz!Ist doch eure ganze SittlichkeitslehrNur eitle Blähung der Impotenz!Der Katechismus eurer Moral,Am Schnürchen schnurrt er von Pflicht zu Pflicht,Das Leben fordert viel hundertmalSich zu wärmen, zu leuchten mit eignem Licht.
Wie so eng sind wir gebunden, Wenn der Geist in´s Freie strebt, Und im Bann besorgter Stunden Nebel unsern Blick umwebt! Und wie frei, wenn überwunden Was uns bannte, neu belebt Wir das kleinste Glück gefunden, Das unendlich uns erhebt!
Ein jeder Tag ist Keim und Blüth´,Im Schaffensdasein, im Gemüth.Versäumter Tag macht alt und schwer,Vergraut des Morgens Wiederkehr.Nur was dir rüstig am Tage gelangBringt dem Morgen festlichen Empfang.