Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle, dran dein Blick mit einem Klange stößt; aber da, an diesem schwarzen Felle wird dein stärkstes Schauen aufgelöst: wie ein Tobender, wenn er in vollsterRaserei ins Schwarze stampft,jählings am benehmenden Gepolster einer Zelle aufhört und verdampft.Alle Blicke, die sie jemals trafen, scheint sie also an sich zu verhehlen,um darüber drohend und verdrossen zuzuschauern und damit zu schlafen. Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt,ihr Gesicht und mitten in das deine: und da triffst du deinen Blick im geelen Amber ihrer runden Augensteine unerwartet wieder: eingeschlossen wie ein ausgestorbenes Insekt.
Berühre ruhigBerühre ruhig mit dem Zauberstabedas Ungenaue, das du um mich scharst,und du wirst wieder wissen, wie du Knabeund in der Dinge Freundschaft warst.Berühre nochmals, und es wird sich zeigen,daß dich die Liebende empfing,weil aller Glanz, den Himmlische verschweigen,aus deinem Neigen in sie überging.Ein drittes Mal berühr, um zu erfahren,daß Macht sich giebt und sich entzieht,und nun sei rein in deinem Offenbarenund sage dienend, was geschieht.
Wir wollen, wenn es wieder Mondnacht wird,die Traurigkeit zu großer Stadt vergessenund hingehn und uns an das Gitter pressen,das von dem versagten Garten trennt.Wer kennt ihn jetzt, der ihn am Tage traf:mit Kindern, lichten Kleidern, Sommerhüten, –wer kennt ihn so: allein mit seinen Blüten,die Teiche offen, liegend ohne Schlaf.Figuren, welche stumm im Dunkel stehn,scheinen sich leise aufzurichten,und steinerner und stiller sind die lichtenGestalten an dem Eingang der Alleen.Die Wege liegen gleich entwirrten Strähnennebeneinander, ruhig, eines Zieles.Der Mond ist zu den Wiesen unterwegs;den Blumen fließt der Duft herab wie Tränen.Über den heimgefallenen Fontänenstehn noch die kühlen Spuren ihres Spielesin nächtiger Luft.
Lehnen im Abendgarten beide,Lauschen lange nach irgendwo.»Du hast Hände wie weiße Seide ...«Und da staunt sie: »Du sagst das so ...«Etwas ist in den Garten getreten,Und das Gitter hat nicht geknarrt,Und die Rosen in allen BeetenBeben von seiner Gegenwart.
Denn, Herr, die großen Städte sindverlorene und aufgelöste;wie Flucht vor Flammen ist die größte, –und ist kein Trost, daß er sie tröste,und ihre kleine Zeit verrinnt.Da leben Menschen, leben schlecht und schwer,in tiefen Zimmern, bange von Gebärde,geängsteter denn eine Erstlingsherde;und draußen wacht und atmet deine Erde,sie aber sind und wissen es nicht mehr.Da wachsen Kinder auf an Fensterstufen,die immer in demselben Schatten sind,und wissen nicht, daß draußen Blumen rufenzu einem Tag voll Weite, Glück und Wind, – und müssen Kind sein und sind traurig Kind.Da blühen Jungfrauen auf zum Unbekanntenund sehnen sich nach ihrer Kindheit Ruh;das aber ist nicht da, wofür sie brannten,und zitternd schließen sie sich wieder zu.Und haben in verhüllten Hinterzimmerndie Tage der enttäuschten Mutterschaft,der langen Nächte willenloses Wimmernund kalte Jahre ohne Kampf und Kraft.Und ganz im Dunkel stehn die Sterbebetten,und langsam sehnen sie sich dazu hin;und sterben lange, sterben wie in Kettenund gehen aus wie eine Bettlerin.
Ich ließ meinen Engel lange nicht los,und er verarmte mir in den Armen,und wurde klein, und ich wurde groß:und auf einmal war ich das Erbarmen,und er eine zitternde Bitte bloß. Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, -und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,und wir haben langsam einander erkannt ... Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,kann er frei seine Flügel entfaltenund die Stille der Sterne durchspalten, -denn er muss meiner einsamen Nachtnicht mehr die ängstlichen Hände halten -seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.
Die Vögel jubeln – lichtgeweckt –,die blauen Weiten füllt der Schall aus;im Kaiserpark das alte Ballhausist ganz mit Blüten überdeckt.Die Sonne schreibt sich hoffnungsvollins junge Gras mit großen Lettern.Nur dorten unter welken Blätternseufzt traurig noch ein Steinapoll.Da naht ein Lüftchen, fegt im Tanzhinweg das gelbe Blattgerankeund legt um seine Stirn, die blanke,den blauenden Syringenkranz.
Nur wer die Leier schon hobAuch unter Schatten,Darf das unendliche LobAhnend erstatten.Nur wer mit Toten vom MohnAß, von dem ihren,Wird nicht den leisesten TonWieder verlieren.Mag auch die Spieglung im TeichOft uns verschwimmen:Wisse das Bild.Erst in dem DoppelbereichWerden die StimmenEwig und mild.
Meine Seele ist vielleicht grad und gut;aber mein Herz, mein verbogenes Blut,alles das, was mir wehe tut,kann sie nicht aufrecht tragen.Sie hat keinen Garten, sie hat kein Bett,sie hängt an meinem scharfen Skelettmit entsetztem Flügelschlagen.Aus meinen Händen wird auch nichts mehr.Wie verkümmert sie sind: sieh her:zähe hüpfen sie, feucht und schwer,wie kleine Kröten nach Regen.Und das Andre an mir istabgetragen und alt und trist;warum zögert Gott, auf den Mistalles das hinzulegen.Ob er mir zürnt für mein Gesichtmit dem mürrischen Munde?Es war ja so oft bereit, ganz lichtund klar zu werden im Grunde;aber nichts kam ihm je so dichtwie die großen Hunde.Und die Hunde haben das nicht.
Gerüchte gehen, die dich vermuten,und Zweifel gehen, die dich verwischen.Die Trägen und Träumerischenmißtrauen ihren eignen Glutenund wollen, daß die Berge bluten,denn eher glauben sie dich nicht.Du aber senkst dein Angesicht.Du könntest den Bergen die Adern aufschneidenals Zeichen eines großen Gerichts;aber dir liegt nichtsan den Heiden.Du willst nicht streiten mit allen Listenund nicht suchen die Liebe des Lichts;denn dir liegt nichtsan den Christen.Dir liegt an den Fragenden nichts.Sanften GesichtsSiehst du den Tragenden zu.