Oft ist es mir, als säh´ ich niedergleitenDie Schleier still und leise von den Dingen,Mein Auge kann das weite All durchdringenUnd blickt zurück zum Urquell aller Zeiten.Ich sehe, wie die Fäden sich bereiten,Wie sie sich knüpfen, kreuzen und verschlingen –Und so die Tage immer näher bringen,Die zu den unsren ernst herüberleiten.Dann fühl´ ich mit dem Fernsten mich verwobenUnd in mir leben jedes Einzelleben,Das hier geatmet und geblickt nach oben.Mein eignes Ich, mit tiefgeheimem Beben,Seh´ ich zur Welt erweitert und erhoben –Und mit ihr, wie ein Traum, in Nichts verschweben.
Wieder die ersten sonnigen Hauche,Lockend hinaus vor die düstere Stadt,Wieder am zitternden, treibenden StraucheDie ersten Knospen, das erste Blatt.Wieder auf leis´ ergrünenden HängenErsten Veilchens lieblicher Fund,Wieder mit ersten JubelgesängenHebt sich die Lerche vom scholligen Grund.Werdenden Frühlings verkündende Zeichen,Alte Genossen von Lust und Schmerz,Ach, wie entzückt ihr, ihr ewig Gleichen,Ewig aufs neue das Menschenherz!
Es hat der ernste Gang der JahreDein Antlitz leise schon gekerbtUnd dir die dunkelbraunen HaareZu mattem Silber fast entfärbt.Doch hold und schlank sind noch die Glieder,Die du so leicht im Gange regst,Und reich hängt deine Flechte nieder,Wenn du sie tief im Nacken trägst.Und Stunden gibt es, wo die ganzeZurückhängende Jugend brichtAus deinem Aug mit scheuem Glanze,Der von verlornem Leben spricht.Dann will es schmerzlich mich durchsprühen,Und küssen möcht ich deinen Mund!Du fühlst es, und mit sanftem GlühenErbebst du tief im Herzensgrund.So bebt des Herbstes letzte Traube,Vergessen von des Winzers Hand,Mit letzter Glut im fahlen Laube,Wenn sie ein später Wandrer fand.
Wie lieb´ ich euch,Leise schwankende Pappeln,Die ihr gesammelten WuchsesZum Himmel aufstrebt!Freilich wohlErreicht ihr ihn nicht –Aber hoch empor ragt ihrüber niedres Gestrüpp nicht bloßUnd den verkrüppelten Fruchtbaum:Auch die mächtige Eiche,Die schattenspendende LindeLaßt ihr unter euch.Und mit ihnenDie dumpfen Wohnungen der Menschen,Deren kurzer Blick, dem Nützlichen zugewandt,Nur selten an euch, den Nutzlosen,Empor sich hebt,Indes ihr,Weithin überschauend die Landschaft,Selig einsam die Häupter wiegetIm ewigen Äther.