Als einst in jenes Laubdachs DunkelhelleVoll Inbrunst meine Arme dich umschlangen,Als Haupt an Haupt und Wang´ an Wange drangen,Du schlankes Reh, schwarzäugige Gazelle, Da traf ein Mücklein auf die holde Stelle,Und zwischen unsern angeschmiegten WangenHat es in irrem Taumel sich gefangen,Es surrt und zappelt, will entfliehen schnelle. Nicht wahr, du Schelm, das hat dir nicht geträumet,Es warte dein so wunderlich Verhängniß?So bleibe nur und werde nicht so bange! Ein wohnlich Häuslein ist dir eingeräumet,Gelinde Haft, anmuthiges Gefängniß,Das liebe Grübchen in der weichen Wange.
Sie haben dich fortgetragen,Ich kann es dir nicht mehr sagen,Wie oft ich bei Tag und NachtDein gedacht,Dein und was ich dir angetanAuf dunkler Jugendbahn.Ich habe gezaudert, versäumet,Hab´ immer von Frist geträumet;Über den Hügel der Wind nun weht:Es ist zu spät.
Wär´ einer droben in Wolkenhöh´nUnd würde das Schauspiel mit anseh´n.Wie mitleidlos, wie teuflisch wildTier gegen Tier und Menschenbild,Mensch gegen Tier und MenschenbildWütet mit Zahn, mit Gift und Stahl,Mit ausgesonnener Folterqual,Sein Vaterherz würd´ es nicht ertragen;Mit Donnerkeilen würd´ er drein schlagen;Mit tausend heiligen DonnerwetternWürd´ er die Henkersknechtezerschmettern.
Laßt mich trinken, laßt mich trinken,Laßt von diesem FeuerweinImmer neue Fluten sinkenMir in´ s durst´ge Herz hinein! Jedes Ende sei vergessen!Wie´s im Innern drängt und schafft!Sagt, wer will mir jetzo messenGrenz´ und Schranke meiner Kraft! Stellt mir schwere, weite, blankeBecher ohne Ende her,Füllet sie mit diesem Tranke,Und ich trink´ euch alle leer! Bringt mir Mädchen, schöne, wilde,Noch so spröd und noch so stolz,Schickt die schreckliche Brunhilde,Alle trifft der Liebesbolz! Stellet mir die schwersten Fragen!Wo das ew´ge Räthsel ruht?Feuerhell und aufgeschlagenSchwimmt es hier im rothen Blut! Gebt mir Staaten zu regieren!Kinderspiel soll mir es sein!Gebt mir Heere anzuführen,Und die ganze Welt ist mein! Burgen möcht´ ich jauchzend stürmen,Ihre Fahnen zittern schon,Felsen, Felsen möcht´ ich thürmenUnd erobern Gottes Thron!
(An S. P.)"Das Ganze, das Meer, die unendliche Welt?"Sei ruhig und schweife nicht in Gedanken!Bestelle du treu dein gewiesen Feld,Groß oder klein in seinen Schranken!Und ist es selber nur wohl bestellt,So wird es auch Früchte dem Ganzen bringen;Eine Kette von Gliedern ist die Welt,Ein Feld von Feldern, ein Ring von Ringen.
»Den Kuß und dann die Kralle,So sind sie alle.Die Kralle, dann den Kuß,Macht ihnen nicht Verdruß.« – »Nimm´s nicht so schwer! Laß ruhn!Sie wissen nicht, was sie tun.Oder geh fort! Geh, wandere!´s gibt andere,Nicht alle sind KatzenUnd kratzen,Bist eben zu lang geblieben;Man muß mit gepacktem Koffer lieben.Was ist der Koffer? Es ist dein Geist,Der dich immer gefaßt sein heißt.In die Liebe zumeist darf nur sich wagen,Wer auch enden kann und entsagen.« – »Dank für den Rat, den mir die Weisheit spricht;Er lautet: liebe, aber lieb´ auch nicht.«
Man hat schon oft gesagt,Du seiest des Todes Bild,O Knabe, still und mild,Süßer Schlaf! Ich aber versteh´ es:Weil die wilden Gedanken,Die umgetriebenen, todeskranken,Nicht mehr sind. Morden kann ich sie nicht,Aber sie nicken und schlummern einIn deinem DämmerscheinGanz sachte. Bringst du denn nicht auch bald,Wenn ich ruf´ und stehe zu dir,Deinen bleichen Bruder mirAn der Hand? Bringst du ihn immer nicht?Er hat, was das Herz vermißt,Hat, was das Beste ist,Kein Erwachen.
Das Abendroth brennt an des Himmels Saum,Ich schlendre so, als wie im halben Traum,Zum Dorf hinaus auf grünem WiesenwegeAm Wald hinunter, wie ich täglich pflege. Rings auf der Wiese wimmelt es und schafft,Vom frischen Heu kommt mit gewürz´ger KraftEin süßer Duft auf kühler Lüfte Wogen,Mein alter Liebling, zu mir hergezogen. Roth, Blau und Gold, ein ganzes Farbenreich,Betrachtet sich im spiegelhellen Teich,Wild-Enten sieht man durch die Wellen strebenUnd hoch in Lüften Weih und Sperber schweben. Ein flüsternd Wehen geht im dunkeln Wald,Die Vögel rufen, daß es weithin schallt,Die Unke will sich auf der Flöte zeigen,Die Grille zirpt und auch die Schnaken geigen. Studieren wollt´ ich einen Predigtplan,Nun hör´ ich selbst die große Predigt an,Voll Kraft und Mark, ein Menschenherz zu stärken,Die große Predigt von des Meisters Werken.
»Ist´s nicht genug geruht? Ist´s nicht genug geruht?Auf! Auf! Auf, frisches Reiterblut!Denkt euch, der Feind sei da!Auf, auf! Ja! ja!«So thut es, so klingt es,So schmettert´s, so singt es,So stößt es und fährt durch den NebelduftHinaus in die Morgenluft.Trompetenruf, Trompetenstoß!O, gieng´ es los, o, gieng´ es los!Auf den Feind hineinIn gedrängten Reih´n!Marsch! Marsch! und eingehauen!Dürfte ich das noch schauen!Nicht schauen allein!Mitten unter den Braven sein,Mitthun, zu Rosse sitzen,Wenn die Thiere wiehern, die Klingen blitzen,Und erjagen helfen im SchlachtenbrandEin Vaterland, ein Vaterland,Ein Deutschland, das wir nicht haben,Mit dem Säbel holen und graben,Wenn ein heiliger Krieg uns endlich eintGegen den alten frechen Feind,Den Räuber, der seiner BeuteSich rühmet noch heute!Und dann, ja dann,Ganz Mann,Dann im flammenden Kampfgewühl,In des Lebens schwellendem HochgefühlTodeswundAusschütten die Seele auf blut´gen Grund,Sterben als braver SoldatIn einer That,Ja, das wär´ etwas,Das steht nicht so blaß!Sterben als braver Reiter,Das wär´ gescheidter.
Mein KätzleinKlagelied Man fand dich fern vom warmen Hause, Bedrängt von Schnee und eis´gem Wind, Trug dich zu meiner stillen Klause, Verirrtes armes Katzenkind.Du schrie´st und klagtest in dem neuen Unheimlich bücherreichen Ort, Doch bald verschwand dein wildes Scheuen,Du fühltest dich in sich´rem Hort.Trafst du doch einen biedern Kater Im Haus des unbekannten Manns, Und dich empfing fast wie ein Vater Der munt´re Rattenfänger Hans.Du warst noch etwas unerzogen, Vergingest dich in manchem Stück, Doch führte, mütterlich gewogen, Die Rike dich zur Pflicht zurück.Das Spiel begann, ein lustig Jagen, Ein Wettkampf in verweg´nem Sprung, Ein Raufen, Purzeln, Überschlagen, Mit welcher Grazie, welchem Schwung!Und kam der Herr, dich sanft zu streicheln, Wie sprangst du gern auf seinen Arm Und riebst mit Schnurren und mit Schmeicheln An ihm dein Pelzchen, zart und warm.Du dientest mir zu allen Stunden Mit Arlecchino-Schelmerei´n, Wie tief hast du die Pflicht empfunden, Mein dankbarer Hanswurst zu sein!Nie war uns bang, die Witze gehen Zum komischen Ballet dir aus, Durch stete Fülle der Ideen Belebtest du das ganze Haus.Und wenn du endlich schlummern solltest, Zogst du den Hund als Lager vor, Du schmiegtest dich an ihn und nolltest Im halben Schlaf an seinem Ohr.Dein Anzug, elegant im Schnitte, War blaugrau, mit Geschmack verziert, Brust, Pfötchen, Antlitz bis zur Mitte Mit Weiß symmetrisch decorirt.Doch was ist Schmuck? Die eig´nen Formen Kann aller Aufputz nur erhöhen; Gebildet wie nach griechischen Normen – Ich darf es sagen, du warst schön.Die Nase fein, die Augen helle, Zart rosenfarb der kleine Mund, Jedwede Linie eine Welle Und jede Regung weich und rund.Da kam, von Teufeln angestiftet, Ein Mäuschen her in einer Nacht – Du fraßest es, es war vergiftet, Und ach! dein Schicksal war vollbracht.Nicht ganz; noch Höllenqualentage, Brandschmerz und grimmen Durstes Pein Durchlebtest du, und ohne Klage, Dann schliefst du endlich lautlos ein.Es suchen dich die alten Freunde In jedem Winkel aus und ein, Du warst der liebenden Gemeinde, Was einst der Max dem Wallenstein.Mag nur die Spötterwelt es wissen: Du thust mir tief im Herzen leid, So jäh, so graß herausgerissen Aus deiner Jugend Heiterkeit.Vor Hungertod konnt´ ich dich wahren, Nicht vor der rohen Menschheit Gift, Es schützen keines Hauses Laren Vor Mord, der in die Ferne trifft.Ich trüge wahrlich noch viel eher Manch´ eines Thiervergifters Tod. Verzeih´ mir´s Gott, sie geht mir näher, Des armen Kätzleins Todesnoth.Und leb´ ich nach dem Lärm hienieden Noch fort auf einem stillen Stern, Sei auch in Gnaden herbeschieden Das Kätzlein zu dem alten Herrn.