Wer der Meine wohl wird werden?Ob mein Aug´ ihn wohl schon sah?Wo er wandeln mag auf Erden?Ist er ferne oder nah´? Wird er schön von AngesichteOder doch nicht häßlich sein?Krause Locken? Augen lichte?Groß von Wuchse oder klein? Stark von Gliedern oder schmächtig?Ob er leicht im Tanz sich schwenkt?Ob er nüchtern, streng, bedächtig,Oder recht romantisch denkt? Oberamtmann oder RichterVoller Ernst und Gravität?Ist er Künstler, oder Dichter?Ob er auch Musik versteht? Ein Gelehrter, reich an Wissen,Der studiert und Bücher schreibt,Dem jedoch zu Scherz und KüssenWenig Zeit nur übrig bleibt? Ist er wohl vom Handelstande?Ist´ s ein Kriegsmann, keck und brav?Ist er Pfarrer auf dem Lande,Oder gar ein schöner Graf? Ist die Liebe denn recht innig,Die er dann im Herzen trägt,Da das meine ja so minnigJetzt schon ihm entgegenschlägt? Sagt mir´s, holde Blütendüfte,Die ihr weht in´s Kämmerlein,Sagt mir´s, leise Abendlüfte,Sag´ mir´s, sanfter Mondenschein! Sagt mir´s, Elfen, kleine, lose,Die ihr lauscht und lacht und nickt,Sag´ mir´s, süße, rothe Rose,Die mir in das Fenster blickt! Saget mir´s, ihr klugen Sterne,Die heraus am Himmel zieh´n!Triebe schwellen in die Ferne,Und sie wissen nicht, wohin? Liebesarme stehen offen,Ach, wen sollen sie empfah´n?Lippen, die auf Küsse hoffen,Ach, wer wird zum Kusse nah´n? Oder soll ich lieber sagen,Lieblich sei´s, so blind zu sein?Dieses Klagen, dieses FragenSei uns Mädchen süße Pein? Träume können sel´ger spielenKindern gleich im leeren Haus,Wenn nach unbekannten ZielenHolde Wünsche ziehen aus? Freudig Bangen! Bange Freude!Ungewisser, finde mich!Leid in Lust und Lust im Leide!Künftiger, ich liebe dich!
GeschlagenHat mich das Alter und ich verstehe,Was ich sonst nur obenhin verstand,Wie es gemeint ist, wenn man redetVon müden Greisen.Müde vor allem sind mir die BeineUnd nach wenig MorgenbewegungFreu ich mich auf das Mittagsschläfchen.Nicht gelüstet mich´s, mitzueilen,Wenn, von Trompetenschmettern gelockt,Nach des festlichen Aufzugs SchauspielNeugierselig die Menge strömt,Wenn sie am Felsberg atmend aufklimmt,Wo auf dem Gipfel die Rundsicht winkt.Und der Geist, wie steht es um ihn?Müd ist geworden, müd auch er,Müde der Täuschung.Eine nur, eine noch ist geblieben.Nimmer so lang ich noch Atem hole,Nimmer, nimmer schwinde sie mir,Die hohe Täuschung, der wahrheitsvolle,Heilige Wahn, daß Götter leben!
Hart gegen sichUnd hart gegen andre. –Geh hin und wandreUnd mildre dich!Weich gegen sichUnd weich gegen andre. –Geh hin und wandreUnd stähle dich!Weich gegen sichUnd hart gegen andre. –Pfui! weit fort wandreUnd bessre dich!Hart gegen sichUnd weich gegen andre. –Schon gut; doch wandre,Sieh scharf um dich!
Man hat schon oft gesagt,Du seiest des Todes Bild,O Knabe, still und mild,Süßer Schlaf! Ich aber versteh´ es:Weil die wilden Gedanken,Die umgetriebenen, todeskranken,Nicht mehr sind. Morden kann ich sie nicht,Aber sie nicken und schlummern einIn deinem DämmerscheinGanz sachte. Bringst du denn nicht auch bald,Wenn ich ruf´ und stehe zu dir,Deinen bleichen Bruder mirAn der Hand? Bringst du ihn immer nicht?Er hat, was das Herz vermißt,Hat, was das Beste ist,Kein Erwachen.
(An S. P.)"Das Ganze, das Meer, die unendliche Welt?"Sei ruhig und schweife nicht in Gedanken!Bestelle du treu dein gewiesen Feld,Groß oder klein in seinen Schranken!Und ist es selber nur wohl bestellt,So wird es auch Früchte dem Ganzen bringen;Eine Kette von Gliedern ist die Welt,Ein Feld von Feldern, ein Ring von Ringen.
Humor Man spricht von Humor jetzt oft und vielUnd denkt dabei nur an ein leeres Spiel. Mancher kursiert als Humorist,der nichts weiter als Spaßmacher ist, Nichts ahnt von dem inneren Widerspruch,von dem Zickzack, dem tiefen Bruch, Der durch das ganze Weltall dringt,Daß man immer fürchtet: es zerspringt, Während die also geborstne WeltDoch immer noch steht und zusammenhält... Hat aber einer die Geistesmacht,Die scharf durchschaut und doch heiter lacht, Bleibt er fest und verzweifelt nie,Hat er mehr als Witz, hat er Phantasie, Versteht er über sich selbst zu schweben,Sich selber dem Lachen preiszugeben: Dem sei es gegönnt von ganzem Herzen,Auf einmal einfach närrisch zu scherzen. Ohne versteckte GedankentiefenSeine Freude zu haben am Naiven.