Mein KätzleinKlagelied Man fand dich fern vom warmen Hause, Bedrängt von Schnee und eis´gem Wind, Trug dich zu meiner stillen Klause, Verirrtes armes Katzenkind.Du schrie´st und klagtest in dem neuen Unheimlich bücherreichen Ort, Doch bald verschwand dein wildes Scheuen,Du fühltest dich in sich´rem Hort.Trafst du doch einen biedern Kater Im Haus des unbekannten Manns, Und dich empfing fast wie ein Vater Der munt´re Rattenfänger Hans.Du warst noch etwas unerzogen, Vergingest dich in manchem Stück, Doch führte, mütterlich gewogen, Die Rike dich zur Pflicht zurück.Das Spiel begann, ein lustig Jagen, Ein Wettkampf in verweg´nem Sprung, Ein Raufen, Purzeln, Überschlagen, Mit welcher Grazie, welchem Schwung!Und kam der Herr, dich sanft zu streicheln, Wie sprangst du gern auf seinen Arm Und riebst mit Schnurren und mit Schmeicheln An ihm dein Pelzchen, zart und warm.Du dientest mir zu allen Stunden Mit Arlecchino-Schelmerei´n, Wie tief hast du die Pflicht empfunden, Mein dankbarer Hanswurst zu sein!Nie war uns bang, die Witze gehen Zum komischen Ballet dir aus, Durch stete Fülle der Ideen Belebtest du das ganze Haus.Und wenn du endlich schlummern solltest, Zogst du den Hund als Lager vor, Du schmiegtest dich an ihn und nolltest Im halben Schlaf an seinem Ohr.Dein Anzug, elegant im Schnitte, War blaugrau, mit Geschmack verziert, Brust, Pfötchen, Antlitz bis zur Mitte Mit Weiß symmetrisch decorirt.Doch was ist Schmuck? Die eig´nen Formen Kann aller Aufputz nur erhöhen; Gebildet wie nach griechischen Normen – Ich darf es sagen, du warst schön.Die Nase fein, die Augen helle, Zart rosenfarb der kleine Mund, Jedwede Linie eine Welle Und jede Regung weich und rund.Da kam, von Teufeln angestiftet, Ein Mäuschen her in einer Nacht – Du fraßest es, es war vergiftet, Und ach! dein Schicksal war vollbracht.Nicht ganz; noch Höllenqualentage, Brandschmerz und grimmen Durstes Pein Durchlebtest du, und ohne Klage, Dann schliefst du endlich lautlos ein.Es suchen dich die alten Freunde In jedem Winkel aus und ein, Du warst der liebenden Gemeinde, Was einst der Max dem Wallenstein.Mag nur die Spötterwelt es wissen: Du thust mir tief im Herzen leid, So jäh, so graß herausgerissen Aus deiner Jugend Heiterkeit.Vor Hungertod konnt´ ich dich wahren, Nicht vor der rohen Menschheit Gift, Es schützen keines Hauses Laren Vor Mord, der in die Ferne trifft.Ich trüge wahrlich noch viel eher Manch´ eines Thiervergifters Tod. Verzeih´ mir´s Gott, sie geht mir näher, Des armen Kätzleins Todesnoth.Und leb´ ich nach dem Lärm hienieden Noch fort auf einem stillen Stern, Sei auch in Gnaden herbeschieden Das Kätzlein zu dem alten Herrn.
Man hat schon oft gesagt,Du seiest des Todes Bild,O Knabe, still und mild,Süßer Schlaf! Ich aber versteh´ es:Weil die wilden Gedanken,Die umgetriebenen, todeskranken,Nicht mehr sind. Morden kann ich sie nicht,Aber sie nicken und schlummern einIn deinem DämmerscheinGanz sachte. Bringst du denn nicht auch bald,Wenn ich ruf´ und stehe zu dir,Deinen bleichen Bruder mirAn der Hand? Bringst du ihn immer nicht?Er hat, was das Herz vermißt,Hat, was das Beste ist,Kein Erwachen.
O sprich, warum denn soll ich leben,Was soll der Finger, der mir droht?Nichts ist mein Denken, Wollen, Streben,Und was ich bin, ist eitel Tod. Die Wonne beut mir ihre SchalenUnd keine Freude spürt mein Herz;Ich lieg´ in tausend heißen QualenUnd fleh´ um einen Tropfen Schmerz. Ein neues Schwert ist jede Stunde,Das mich im tiefsten Busen trifft,Es wird an dem verfluchten MundeDer Liebe Becher selbst zu Gift. Nichts ruhet aus. In tollem SchwankenWahnsinnig dreht die Welt um mich.Kein Ende haben die Gedanken,Und das, und das ist fürchterlich.
»Den Kuß und dann die Kralle,So sind sie alle.Die Kralle, dann den Kuß,Macht ihnen nicht Verdruß.« – »Nimm´s nicht so schwer! Laß ruhn!Sie wissen nicht, was sie tun.Oder geh fort! Geh, wandere!´s gibt andere,Nicht alle sind KatzenUnd kratzen,Bist eben zu lang geblieben;Man muß mit gepacktem Koffer lieben.Was ist der Koffer? Es ist dein Geist,Der dich immer gefaßt sein heißt.In die Liebe zumeist darf nur sich wagen,Wer auch enden kann und entsagen.« – »Dank für den Rat, den mir die Weisheit spricht;Er lautet: liebe, aber lieb´ auch nicht.«
Die Lober meide!Sie führen ein Stückchen KreideUnd schreiben damit aufs Kerbholz an,Was sie dir Süßes angetan.Gib acht, gib acht!Kaum gedacht,Bricht ihre wahre Natur heraus,In welcher die Scham nicht eben zu Haus;Aus dem Pfötchen schlüpfet die Kralle,Und noch im besten FalleSind sie für so viel LobRecht grob.
In gelben Buchten sogen wir der FernenVerspülte Lüfte, die von Städten wissen,Wo Lüste grünen, angerührt von Wahnsinn.Wir schwammen auf dem Fieberschiff stromaufUnd sonnten unsre Leiber an dem BuhlenWaldheißer Panther, die der Sommer quält.Der Klapperschlange nacktes SchlammgeringelWand sich verstört, als wir vorüberkamen,Und in verschlafnen Dörfern gurgelte die Lust.Ein warmer, satter Wind strich durch die Palmen. -Ich sah dich weiß von Schlaf.Und als ich von dir ebbte, hoch erhobenVon meinem stolzen, satt gestürmten Blut:O Sturm der Nächte, der mich Blutwärts zogZu kühnen, die entdeckten Ländergürteln:O schwül Geliebte! Strom der Geheimnisse!Verschlafenes Land! Im Süden!O Sommer-Qual!Und schöne Raubtierflecken ...Bist du es denn?Groß aus dem Weltraum nachts, der Spiegel ist,Tönt dein zerwehtes Bildnis in meine Seele.Die Sterne durchziehen harfend deine Brust.Du aber ...Du glänzt vielleicht versehnt im weißen Federbett,Traum liegt dir hart im Schoß. -Oder ein junger LieblingZieht fühlsam mit zeichnendem FingerDie festen Runden deiner Brüste nach.Ihr seid sehr heiß.Und schöne Raubtierflecken zieren eure Rücken.
Manch ein RichterÜber DichterDünkt sich lichter,Mehr als schlichterKopf:Und ist ein entfärbter,Von Halbkultur verderbter,Zu Leder gegerbter,Von der Natur enterbterTropf.
GeschlagenHat mich das Alter und ich verstehe,Was ich sonst nur obenhin verstand,Wie es gemeint ist, wenn man redetVon müden Greisen.Müde vor allem sind mir die BeineUnd nach wenig MorgenbewegungFreu ich mich auf das Mittagsschläfchen.Nicht gelüstet mich´s, mitzueilen,Wenn, von Trompetenschmettern gelockt,Nach des festlichen Aufzugs SchauspielNeugierselig die Menge strömt,Wenn sie am Felsberg atmend aufklimmt,Wo auf dem Gipfel die Rundsicht winkt.Und der Geist, wie steht es um ihn?Müd ist geworden, müd auch er,Müde der Täuschung.Eine nur, eine noch ist geblieben.Nimmer so lang ich noch Atem hole,Nimmer, nimmer schwinde sie mir,Die hohe Täuschung, der wahrheitsvolle,Heilige Wahn, daß Götter leben!