Im Herz tobt altes Grollen, Der Sturm pfeift durch die Luft – »Du kommst mir eben rechte Des Weges, welscher Schuft! Dein Dolchstoß ist parieret, Nun, werter Freund, hab acht, Wie auf den welschen Schädel Die deutsche Klinge kracht!«– Die Sonn´ war untergegangen Fern, fern beim Vatikan; Sie schien des andern Morgens Auf einen toten Mann.
Laß die breitgetretnen Plätze, Steig nach unten, klimm nach oben; Reiche Nibelungen-Schätze Liegen rings noch ungehoben. Und du schaust vom Grat der Berge Fernes Meer und Ufer dämmern, Hörst tief unten der Gezwerge Erzgewaltig dumpfes Hämmern.Mannagleich wird dich erquicken Süße, starke Geistesnahrung, Hell vor den gestählten Blicken Glänzt die alte Offenbarung:Wie der gröbste und der feinste Faden sich zu einem Netz schlingt, Wie durchs Größte und das Kleinste Stets das gleiche Weltgesetz dringt.Aber einmal, – schwer Geständnis, – Einmal mußt du doch dich beugen, Und am Ende der Erkenntnis Steht ein ahnungsvolles Schweigen.
Jetzt ist er hinaus in die weite Welt,Hat keinen Abschied genommen,Du frischer Spielmann in Wald und Feld,Du Sonne, die meinen Tag erhellt,Wann wirst du mir wiederkommen?Kaum daß ich ihm recht in die Augen geschaut,So ist der Traum schon beendet,O, Liebe, was führst du die Menschen zusamm´,O, Liebe, was schürst du die süße Flamm´,Wenn so bald und traurig sich´s wendet?Wo zieht er hin? Die Welt ist so groß,Hat der Tücken so viel und Gefahren,Er wird wohl gar in das Welschland geh´n,Und die Frauen sind dort so falsch und schön.O, mög´ ihn der Himmel bewahren!
Vom Himmel fuhr ein Sonnenstrahl,Zu blau war ihm die Höhe,Er fuhr herab ins grüne Tal,Daß er was andres sehe.Schöner, grüner,Veilchenblauer Sonnenstrahl.Im grünen Tal ein Wirtshaus standUnd auf dem Tisch ein Käse;Der Sonnenstrahl fuhr durch die WandUnd fuhr in diesen Käse.Schöner, grüner usw.Am Tisch ein alter Hausknecht saß,Hungrig war´s ihm zu Sinnen.Derselbige den Käse fraßMit samt dem Strahle drinnen.Schöner, grüner usw.O Sonnenstrahl, du bist blamiertIn dieses Hausknechts Magen,Sieh zu, daß er dich ´rausbugsiert,Du kannst das nit vertragen.Schöner, grüner usw.Der Sonnenstrahl im SchweizerkäsBegann ein stark Rumoren,Bis in des Hausknechts Magen esGar fürchterlich gegoren.Schöner, grüner usw.Und als aus dieser GärereiBlähungen sich entspannen,Da ward der Sonnenstrahl auch freiUnd fuhr als –! von dannen.Schöner, grüner usw.
Maimorgengang, o still Entzücken:Der Äther strahlt im reinsten Blau,Und bräutlich will der Wald sich schmückenMit zartem Grün und Silbertau.Mit weichem, träumerischem SchläfernStrömt rings ein lauer Frühlingsduft,Und mit den Faltern und den KäfernDurchfliegt ein Blütenschnee die Luft;Die Halden blühn, die jüngst noch dorrten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Erneut im Licht! so will´s des LebensGesetz, das allen Stoff durchkreist,Ahrimans Winter drohn vergebens,Der Sieg verbleibt dem guten Geist.Sein weltverjüngend MaienwunderWeckt Saft und Farbe, Ton und Klang,Drum schallt von allen Wipfeln munterDer Nachtigallen Lobgesang.Sie jubeln seiner denn in Worten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Im Kies verstrüppter UferdämmeSchleicht heut mein Pfad feldaus, waldein,Da spiegeln wilde BirnbaumstämmeMit Ulm´ und Esche sich im Rhein.Auch ihn erfreun des Maien Wonnen,Sein Schuppenvolk taucht wohlig vor,Der Aal kommt schlängelnd sich zu sonnen,Laut plätschernd schnalzt der Hecht empor,Und murmelnd trägt´s die Flut gen Norden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Gekränktes Herz, wozu dein Härmen?Streif ab den fleckendunkeln Rost,Laß dich von diesen Lüften wärmenUnd schöpf´ aus dieser Landschaft Trost!Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern,Es kommt der Tag, da alles grünt,Da Kränkung, Schuld und herbes TrauernIn goldner Sonne Strahl sich sühnt,Auch im Gemüt, wie allerorten,Sieh´, es ist alles neu geworden.Und ruht im kühlen Schoß der ErdeVon allem Schmerz dein sterblich Teil,Getrost, getrost! ein kräftig „Werde!"Beruft dich einst zu bessrem Heil.Aus ird´schen Stoffs und Grams VerzehrungReist unsichtbar ein frischer Keim,Den eines andern Mal VerklärungZur Blüte bringt in anderm Heim.Dort rauscht´s in höheren Akkorden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Am Rhein bei Dettenheim, den 1. Mai 1869
Das ist im Leben häßlich eingerichtet, Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn, Und was das arme Herz auch sehnt und dichtet, Zum Schlusse kommt das Voneinandergehn. In deinen Augen hab´ ich einst gelesen, Es blitzte drin von Lieb´ und Glück ein Schein: Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! – Leid, Neid und Haß, auch ich hab´ sie empfunden, Ein sturmgeprüfter müder Wandersmann. Ich träumt´ von Frieden dann und stillen Stunden, Da führte mich der Weg zu dir hinan. In deinen Armen wollt´ ich ganz genesen, Zum Danke dir mein junges Leben weihn: Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –Die Wolken fliehn, der Wind saust durch die Blätter, Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld, Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter, Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt. Doch wend´ es sich zum Guten oder Bösen, Du schlanke Maid, in Treuen denk´ ich dein! Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –
»Manch ein schwer Problema hab´ ichPrüfend in dem KaterherzenSchon erwogen und ergründet,Aber eins bleibt ungelöst mir,Ungelöst und unbegriffen:Warum küssen sich die Menschen?´s ist nicht Haß, sie beißen nicht,Hunger nicht, sie fressen sich nicht.´s kann auch kein zweckloser, blinderUnverstand sein, denn sie sind sonstKlug und selbstbewußt im Handeln,Warum also, frag´ umsonst ich,Warum küssen sich die Menschen;Warum meistens nur die jüngern?Warum diese meist im Frühling?Über diese Punkte werd´ ichMorgen auf des Daches GiebelEtwas näher meditieren.«
Wenn im Tal und auf den Bergen Mitternächtig heult der Sturm, Klettert über First und Schornstein Hiddigeigei auf zum Turm. Einem Geist gleich steht er oben, Schöner, als er jemals war. Feuer sprühen seine Augen, Feuer sein gesträubtes Haar.Und er singt in wilden Weisen, Singt ein altes Katerschlachtlied, Das wie fern Gewitterrollen Durch die sturmdurchbrauste Nacht zieht.Nimmer hören ihn die Menschen, Jeder schläft in seinem Haus, Aber tief im Kellerloche Hört erblassend ihn die Maus.Und sie kennt des Alten Stimme, Und sie zittert, und sie weiß: Fürchterlich in seinem Grimme Ist der Katerheldengreis.
Einsam wandle deine Bahnen,Stilles Herz, und unverzagt!Viel erkennen, vieles ahnenWirst du, was dir keiner sagt.Wo in stürmischem GedrängeKleines Volk um Kleines schreit,Da erlauschest du Gesänge,Siehst die Welt du groß und weit.Andern laß den Staub der Straße,Deinen Geist halt frisch und blank,Spiegel sei er wie die Meerflut,Drin die Sonne niedersank.Einsam aus des Tages LärmenAdler in die Höhen schweift,Storch und Kranich fliegt in Schwärmen,Doch ihr Flug die Erde streift.Einsam wandle deine BahnenStilles Herz, und unverzagt!Viel erkennen, vieles ahnenWirst du, was dir keiner sagt.
Arm wird matter, Stirn wird bleicher, Balde reißt des Lebens Faden, Grabt ein Grab mir auf dem Speicher, Auf der Walstatt meiner Taten! Fester Kämpe, trug die ganze Wucht ich hitzigen Gefechtes: Senkt mich ein mit Schild und Lanze Als den Letzten des Geschlechtes.Als den letzten, – o die Enkel, Nimmer gleichen sie den Vätern, Kennen nicht des Geists Geplänkel, Ehrbar sind sie, steif und ledern.Ledern sind sie und langweilig, Kurz und dünn ist ihr Gedächtnis; Nur sehr wen´ge halten heilig Ihrer Ahnherrn fromm Vermächtnis.Aber einst, in fernen Tagen, Wenn ich längst hinabgesargt bin, Zieht ein nächtlich Katerklagen Zürnend über euren Markt hin.Zürnend klingt euch in die Ohren Hiddigeigeis Geisterwarnung: »Rettet euch, unsel´ge Toren, Vor der Nüchternheit Umgarnung!«