Im Herz tobt altes Grollen, Der Sturm pfeift durch die Luft – »Du kommst mir eben rechte Des Weges, welscher Schuft! Dein Dolchstoß ist parieret, Nun, werter Freund, hab acht, Wie auf den welschen Schädel Die deutsche Klinge kracht!«– Die Sonn´ war untergegangen Fern, fern beim Vatikan; Sie schien des andern Morgens Auf einen toten Mann.
Am grünen See von Nemi Ein alter Ahorn steht, Durch die laubschweren Wipfel Ein traurig Flüstern geht. Am grünen See von Nemi Ein junger Spielmann sitzt, Er summt ein Lied, derweil ihm Die Trän´ im Auge blitzt.Am grünen See von Nemi Die Flut zieht leis und still: Der Ahorn und der Spielmann, Weiß keiner, was er will.Am grünen See von Nemi Ist die allerfeinste Schenk´, – Preiswürd´ge Makkaroni, Preiswürdigstes Getränk.Der Ahorn und der Spielmann Sind zwei verrückte Leut´, Sonst gingen beid´ hinüber Und tränken sich gescheit.
Das ist im Leben häßlich eingerichtet, Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn, Und was das arme Herz auch sehnt und dichtet, Zum Schlusse kommt das Voneinandergehn. In deinen Augen hab´ ich einst gelesen, Es blitzte drin von Lieb´ und Glück ein Schein: Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! – Leid, Neid und Haß, auch ich hab´ sie empfunden, Ein sturmgeprüfter müder Wandersmann. Ich träumt´ von Frieden dann und stillen Stunden, Da führte mich der Weg zu dir hinan. In deinen Armen wollt´ ich ganz genesen, Zum Danke dir mein junges Leben weihn: Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –Die Wolken fliehn, der Wind saust durch die Blätter, Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld, Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter, Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt. Doch wend´ es sich zum Guten oder Bösen, Du schlanke Maid, in Treuen denk´ ich dein! Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –
Hiddigeigei lebt mit Eifer Dem Beruf der Mäusetötung, Doch er zürnt nicht, wenn ein andrer Sich vergnügt an Sang und Flötung.Hiddigeigei spricht, der Alte: Pflück´ die Früchte, eh´ sie platzen; Wenn die magern Jahre kommen, Saug an der Erinn´rung Tatzen!
Dienst – im Dienst! o schlimmes Wort, Das klingt so starr und frostig; Die Lieb´ ist hin, der Lenz ist fort, Mein Herz, werd´ mir nicht rostig. Trompete sieht mich traurig an, Mit Flor ist sie umhangen; Sie haben den lustigen Fiedelmann In Käfig eingefangen.Die schwere Zeit, die schwere Not Sank lastend auf ihn nieder, Muß spielen um sein täglich Brot – Verstummt sind seine Lieder.Der einst, die Zither leicht im Arm, Sang an des Rheines Welle, Schlägt jetzt den Takt – daß Gott erbarm! In der Sistinschen Kapelle.
Die Sommernacht hat mir´s angetan, Das ist ein schweigsames Reiten, Leuchtkäfer durchschwirren den dunkeln Grund Wie Träume, die einst zu guter Stund´ Das sehnende Herz mir erfreuten. Die Sommernacht hat mir´s angetan, Das ist ein schweigsames Reiten, Die Sterne funkeln so fern und groß, Sie spiegeln so hell sich im Meeresschoß, Wie die Lieb´ in der Tiefe der Zeiten.Die Sommernacht hat mir´s angetan, Das ist ein schweigsames Reiten, Die Nachtigall schlägt aus dem Myrtengesträuch, Sie schlägt so schmelzend, sie schlägt so weich, Als säng´ sie verklungene Leiden.Die Sommernacht hat mir´s angetan, Das ist ein schweigsames Reiten, Das Meer geht wild, das Meer geht hoch; Was braucht´s der verlorenen Tränen noch, Die dem stillen Reiter entgleiten?
Eigner Sang erfreut den Biedern, Denn die Kunst ging längst ins Breite, Seinen Hausbedarf an Liedern Schafft ein jeder selbst sich heute. Drum der Dichtung leichte Schwingen Strebt´ auch ich mir anzueignen; Wer wagt´s, den Beruf zum Singen Einem Kater abzuleugnen?Und es kommt nicht minder teuer, Als zur Buchhandlung zu laufen Und der andern matt´ Geleier Fein in Goldschnitt einzukaufen.
In den Stürmen der Versuchung Hab´ ich lang schon Ruh´ gefunden, Doch dem Tugenhaftsten selber Kommen unbewachte Stunden! Heißer als in heißer Jugend Überschleicht der alte Traum mich, Und beflügelt schwingt des Katers Sehnen über Zeit und Raum sich.O Neapel, Land der Wonne, Unversiegter Nektarbecher! Nach Sorrent möcht´ ich mich schwingen, Nach Sorrent, aufs Dach der Dächer.Der Vesuvius grüßt, es grüßt vom Dunkeln Meer das weiße Segel, Im Olivenwald ertönt ein Süß Konzert der Frühlingsvögel.Zu der Loggia schleicht Carmela, Sie, die schönste aller Katzen, Und sie streichelt mir den Schnauzbart, Und sie drückt mir leis die Tatzen,Und sie schaut mich an süß schmachtend – Aber horch, es tönt ein Knurren. Ist´s vom Golf der Wellen Rauschen? Ist es des Vesuvius Murren?´s ist nicht des Vesuvius Murren, Der hält jetzo Feierstunde, – In dem Hof, Verderben sinnend, Bellt der schlechtste aller Hunde.Bellt der schlechtste aller Hunde, Bellt Krakehlo, der Verräter, Und mein Katertraum zerrinnet Luftig in den blauen Äther.
Maimorgengang, o still Entzücken:Der Äther strahlt im reinsten Blau,Und bräutlich will der Wald sich schmückenMit zartem Grün und Silbertau.Mit weichem, träumerischem SchläfernStrömt rings ein lauer Frühlingsduft,Und mit den Faltern und den KäfernDurchfliegt ein Blütenschnee die Luft;Die Halden blühn, die jüngst noch dorrten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Erneut im Licht! so will´s des LebensGesetz, das allen Stoff durchkreist,Ahrimans Winter drohn vergebens,Der Sieg verbleibt dem guten Geist.Sein weltverjüngend MaienwunderWeckt Saft und Farbe, Ton und Klang,Drum schallt von allen Wipfeln munterDer Nachtigallen Lobgesang.Sie jubeln seiner denn in Worten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Im Kies verstrüppter UferdämmeSchleicht heut mein Pfad feldaus, waldein,Da spiegeln wilde BirnbaumstämmeMit Ulm´ und Esche sich im Rhein.Auch ihn erfreun des Maien Wonnen,Sein Schuppenvolk taucht wohlig vor,Der Aal kommt schlängelnd sich zu sonnen,Laut plätschernd schnalzt der Hecht empor,Und murmelnd trägt´s die Flut gen Norden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Gekränktes Herz, wozu dein Härmen?Streif ab den fleckendunkeln Rost,Laß dich von diesen Lüften wärmenUnd schöpf´ aus dieser Landschaft Trost!Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern,Es kommt der Tag, da alles grünt,Da Kränkung, Schuld und herbes TrauernIn goldner Sonne Strahl sich sühnt,Auch im Gemüt, wie allerorten,Sieh´, es ist alles neu geworden.Und ruht im kühlen Schoß der ErdeVon allem Schmerz dein sterblich Teil,Getrost, getrost! ein kräftig „Werde!"Beruft dich einst zu bessrem Heil.Aus ird´schen Stoffs und Grams VerzehrungReist unsichtbar ein frischer Keim,Den eines andern Mal VerklärungZur Blüte bringt in anderm Heim.Dort rauscht´s in höheren Akkorden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Am Rhein bei Dettenheim, den 1. Mai 1869