Alle stehn um dich herum:Fotograf und Muttiund ein Kasten, schwarz und stumm,Felix, Tante Putti...Sie wackeln mit dem Schlüsselbund,fröhlich quietscht ein Gummihund."Baby, lach mal!" ruft Mama."Guck", ruft Tante, "eiala!"Aber du, mein kleiner Mann,siehst dir die Gesellschaft an...Na, und dann – was meinste?Weinste.Später stehn um dich herumVaterland und Fahnen;Kirche, Ministerium,Welsche und Germanen.Jeder stiert nur unverwandtauf das eigne kleine Land.Jeder kräht auf seinem Mist,weiß genau, was Wahrheit ist.Aber du, mein guter Mann,siehst dir die Gesellschaft an...Na, und dann – was machste?Lachste.
Lenz! Dich hätten wir beinah vergessen!Frisch und kühnsprießt inmitten dem Randal indessenjunges Grün.Blätter stecken ihre zarten Spitzenhastend aus.wie sie schmuck auf ihren Ästen sitzen!Feucht und kraus!Und sie sehen: Bunte Tumultanten!Militär!Sehen wildgewordene Adjutanten – Welch ein Heer!Und sie sehen: Grad die falschen Leutepackts Gericht.Doch die großen Diebe ... Heute?Heute nicht.Und die jungen Blätter blitzenUnd sie denken sich: Was mag das sein?Könnten sie, sie zögen ihre Spitzenschleunigst wieder ein –!
Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,Dann im Kalender und dann in der Luft,Und endlich hüllt auch Fräulein AdelgundeSich in die frischgewaschene Frühlingsluft.Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?Doch seine Triebe kennen keine Grenze –Dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:Man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,Und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbeGeblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?Die ganze Fauna treibt es immer wieder:Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid –die feine Dame senkt die Augenlider,Der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,Ein Fußtritt trifft den armen Romeo –Mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören…Und das geht alle, alle Jahre so.Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,Stell mir den Kaffee auf den Küchentritt. –Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine…Was will man tun? Man macht es schließlich mit.
Frauen von Freunden zerstören dieFreundschaft.Schüchtern erst besetzen sie einen Teil desFreundes,nisten sich in ihm ein,warten,beobachten,und nehmen scheinbar teil am Freundesbund.Dies Stück des Freundes hat uns nie gehört –wir merken nichts.Aber bald ändert sich das:Sie nehmen einen Hausflügel nach dem andern,dringen tiefer ein,haben bald den ganzen Freund.Der ist verändert; es ist, als schäme er sich seiner Freundschaft.So, wie er sich früher der Liebe vor unsgeschämt hat,schämt er sich jetzt der Freundschaft vor ihr.Er gehört uns nicht mehr.Sie steht nicht zwischen uns – sie hat ihn weggezogen.Er ist nicht mehr unser Freund:Er ist ihr Mann.Eine leise Verletzlichkeit bleibt übrig.Traurig blicken wir ihm nach.Die im Bett behält immer recht.
Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: dann zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Vielleicht dein Lebensglück... vorbei, verweht, nie wieder.Du gehst dein Leben lang auf tausend Straßen; du siehst auf deinem Gang, die dich vergaßen. Ein Auge winkt, die Seele klingt; du hast´s gefunden, nur für Sekunden... Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück... vorbei, verweht, nie wieder.Du mußt auf deinem Gang durch Städte wandern; siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern. Es kann ein Feind sein, es kann ein Freund sein, es kann im Kampfe dein Genosse sein. Es sieht hinüber und zieht vorüber... Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Von der großen Menschheit ein Stück! Vorbei, verweht, nie wieder.
Daß man nicht alle haben kann –!Wie gerne möcht ich ErnestinenAls Schemel ihrer Lüste dienen!Und warum macht mir Magdalene,Wenn ich sie frage, eine Szene?Von jener Lotte ganz zu schweigen –Ich tät mich ihr als Halbgott zeigen.Doch bin ich schließlich ein Stück Mann...Daß man nicht alles haben kann –!Gewiß: der Spiegel ist etwas alt.Ich weiß, daß zwischen Spree und ElbeDas Dramolet je stets dasselbe,Doch denk ich alle, alle Male:Entfern ich diesmal nur die Schale –Was wird sich deinen Blicken zeigen?Was ist, wenn diese Lippen schweigen?Nur diesmal greifts mich mit Gewalt...(Gewiß: das Spiel ist etwas alt.)Daß man nicht alles haben kann –!Das läßt sich zeitlich auch nicht machen...Ich weiß, jetzt wirst du wieder lachen!Ich komm doch stets nach den ExzessenZu Dir und kann dich nicht vergessen.So gib mir denn nach langem WandernDie Summe aller jener andern.Sei du die Welt für einen Mann...Weil er nicht alle haben kann.
Sinnend geh ich durch den Garten,still gedeiht er hinterm Haus;Suppenkräuter, hundert Arten,Bauernblumen, bunter Strauß.Petersilie und Tomaten,eine Bohnengalerie,ganz besonders ist geratender beliebte Sellerie.Ja, und hier – ? Ein kleines Wieschen?Da wächst in der Erde leisdas bescheidene Radieschen:außen, rot und innen weiß.Sinnend geh ich durch den Gartenunsrer deutschen Politik;Suppenkohl in allen Artenim Kompost der Republik.Bonzen, Brillen, Gehberockte,Parlamentsroutinendreh …Ja, und hier – ? Die ganz verbockteliebe gute SPD.Hermann Müller, Hilferlieschenblühn so harmlos, doof und leiswie bescheidene Radieschen:außen rot und innen weiß.
Es wird nach einem happy endIm Film jewöhnlich abjeblendt. Man sieht bloß noch in ihre Lippen den Helden seinen Schnurrbart stippen - da hat sie nu den Schentelmen. Na, un denn - ?Denn jehn die beeden brav ins Bett.Na ja ... dißis ja auch janz nett. A manchmal möcht man doch jern wissn: Wat tun se, wenn sie sich nich kissn? Die könn ja doch nich imma penn ... ! Na, un denn - ?Denn säuselt im Kamin der Wind.Denn kricht det junge Paar ´n Kind. Denn kocht sie Milch. Die Milch looft üba. Denn macht er krach. Denn weent sie drüba. Denn wolln sich beede jänzlich trenn ...Na, un denn - ?Denn is det Kind nich uffn Damm.Denn bleihm die beeden doch zesamm. Denn quäln se sich noch manche Jahre. Er will noch wat mit blonde Haare: vorn doof und hinten minorenn ... Na, un denn - ?Denn sind se alt. Der Sohn haut ab.Der Olle macht nu ooch bald schlapp. Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit - Ach, Menschenskind, wie liecht det weit! Wie der noch scharf uff Muttern war, det is schon beinah nich mehr wahr ! Der olle Mann denkt so zurück: wat hat er nu von seinen Jlück? Die Ehe war zum jrößten Teile vabrühte Milch und Langeweile.Und darum wird beim happy endim Film jewöhnlich abjeblendt.
Wenn du mal gar nicht weiter weißt,dann sag: Mythos.Wenn dir der Faden der Logik reißt,dann sag: Logos.Und hast du nichts in deiner Tasse,dann erzähl was vom tiefen Geheimnis der Rasse.So erreichst du, daß keiner, wie er auch giert,dich je kontrolliert.Willst du diskret die Leute angeilen,dann sag: Eros.Sehr viel Bildung verleiht deinen Zeilen:Dionysos.Aber am meisten tun dir bietendie katholischen Requisiten.Tu fromm – du brauchst es gar nicht zu sein.Sie fallen drauf rein.Machs wie die Literatur-Attachés:nimm ein Diarium.Die Hauptsache eines guten Essaysist das Vokabularium.Eros und Mythos hats immer gegeben,doch noch nie so viele, die von ihnen leben ...So kommst du spielend – immer schmuse du nur! –in die feinere deutsche Literatur.
Der Teufel hol den schwarzen Kaffee, wieviel Uhr mags denn sein?Ich kann ja nicht, kann ja nicht schlafen!Und neben mir der alte Affe schläft immer gleich ein,und ich kann nicht, ich kann nicht schlafen!Ich bin ja noch munter und plage michund guck an mir runter und frage mich:Sind das meine Beine – oder sind das seine Beine –oder sind das unsre Beine – oder wie?Mensch, schlaf nicht – schlaf bloß nicht – in Kompagnie!Da liegen viele Zeitungsnummern und ein Buch übern Tanz…was nützt es denn, wenn ich noch lese?Kann einer nämlich nicht entschlummern, und der andre, der kanns – :dann wird man, dann wird man so beese…Seh ich ihn so schlafen, dann will ich das auch.Und er stößt mir die Beine in meinen Bauch…Sind das meine Beine – oder sind das seine Beine - oder sind das unsre Beine – oder wie…?Mensch, schlaf bloß nicht – schlaf bloß nicht – in Kompagnie!Das ist die Hölle wie von Dante - der Mann ist so roh!Die Decke, die ist immer seine....Ich kipple ängstlich auf der Kante –mal so und mal so –man denkt, man hat siebenhundert Beine.Seh ich mir so an, welcher Haarwuchs ihn ziert:es wär Zeit´ daß er sich mal die Beine rasiert…Sind das meine Beine – oder sind das seine Beine - oder sind das unsre Beine – oder wie…?Mensch, schlaf bloß nicht – schlaf bloß nicht – in Kompagnie!Als kleine Mädchen, bunt bebändert –hatten wir einen Wunsch:Für die Nacht einen leiblichen Grafen!Inzwischen hat sich das geändert –ich zieh einen Flunsch –ich kann ja zu zwein doch nicht schlafen!Ich wünsch mir nur eines, aber das wünsch ich sehr:ich möcht mal allein sein – dann fragt ich nicht mehr:Wem gehört denn – wem gehört denn –wem gehört denn das Bein!Lieben: ja. Aber schlafen? Allein … !