Mein Mann? mein dicker Mann, der Dichter?Du lieber Gott, da seid mir still!Ein Don Juan? Ein braver, schlichterBourgeois – wie Gott ihn haben will.Da steht in seinen schmalen Büchern,wieviele Frauen er geküßt;von seidenen Haaren, seidenen Tüchern,Begehren, Kitzel, Brunst, Gelüst ... Liebwerte Schwestern, laßt die Briefe,den anonymen Veilchenstrauß!Es könnt ihn stören, wenn er schliefe.Denn meist ruht sich der Dicke aus.Und faul und fett und so gefräßigist er und immer indigniert.Und dabei gluckert er unmäßigvom Rotwein, den er temperiert. Ich sah euch wilder und erpichtervon Tag zu Tag – ach! laßt das sein!Mein Mann? mein dicker Mann, der Dichter?In Büchern: ja. Im Leben: nein.
Hast du dein ganzes Lebengeschuftet wie ein Vieh;und geht´s dir im Alter daneben,entläßt dich die Industrie -dann heißt es noch lange nicht: Verrecke!Der Staat gibt dir sachlich und grobein eisernes Bett, eine Deckeund einen alten blechernen Topp.
Die Jungfrau in der Nebenstuben –ich frage mich, was tut sie nur?Ich hör die Stimme eines Buben –so spät am Abend? Um elf Uhr?Wie er mutiert! Und ihre Stimmenverklingen sacht – sie murmeln leis.Bin ich der Zeuge einer schlimmenVerbrechertat? Wer weiß! Wer weiß!Sie spricht ihm gütig zu. Belehrendertönt ihr lieblicher Sopran.Er lacht: »Jawohl!« Dies ist erschwerend!Was wird dem Knaben nur getan?Sind das nicht halberstickte Küsse?Ich frag sie später, was sei treibt ...Sie sagt: »Die geistigen Genüsse,sie bringen nichts als Kümmernisse.Es ist das einzige, was mir bleibt!«
Er wohnt am Rand der reichen Leute,verkehrt mit Adel und heißt Schmidt.Den Schlips von morgen trägt er heuteund fährt in fremden Autos mit. Er lebt in einem ihm fremden Stile – Fauler Kopp! Fauler Snob! Aber davon gibts viele.Er selbst hat nur ein kleines Zimmer,als Untermieter bei Frau Schay.Doch geht er aus, dann tut er immer,als wär er aufgewachsen bei. Von der Socke bis zum gescheitelten Haar: es ist alles nicht wahr - es ist alles nicht wahr!Er ist so gerne eingeladen:er reckt an Kaufmann und Bankier.Er weiß, am Lido muß man baden,er grüßt im Ritz den Herrn Portier. Er nassauert elegant und beflissen vor fremden Kulissen.Was er auch hat, das hat er gratis.Er läuft mit der Society.Er kennt die feinsten Cocktail-Parties.Nur seine Lage kennt er nie. Bald kunstgewerblicher Friseur, bald Redakteur ... so sehn wir ihn gestern, morgen und heute: ein Affe. Ein Affe der reichen Leute.
Das tut sich wohl des öftern begeben:Mal beginnt jeder sein ganzes Lebenvon neuem. Wirft hin, was er nur kann,und fängt alles wieder von vorne an,mit gänzlich neuer Melodie ...Die Franzosen nennens ›refaire sa vie‹. Refaire sa vie ... das ist gar nicht einfach.Refaire sa vie ... ist leider mein Fach.Dazu sind wir zu gebrauchen ...Refaire sa vie ... ist wie Pfeifen anrauchen.Du glaubst erst gar nicht, daß es sich lohnt.Der Tabak schmeckt schwer und ungewohnt –es legt sich das Nikotin auf den Magen,du hast über Seelen- und Bauchweh zu klagen;das macht:das Ding ist nicht abgenutzt,und die Pfeife ist viel zu wenig verschmutzt.Aber so eine zwei, drei Jahr –da schmeckt die Pfeife wunderbar.Ihr Hals ist dir so vertraut gebogen,das Holz ist voller Tabak gesogenbis zur letzten Faser. Und du kratzt nichts ab.Diese Pfeife nimmst du ins Grab ...Bis zur nächsten. Bis zur nächsten Ecke.Da krauchst du hervor aus deinem Verstecke,der Boden bekommt eine neue Schichtung,das Leben nimmt eine neue Richtung –Und du bist ein Kerl und ganzer Mannund steckst eine neue Pfeife an.Wenn du einmal am Ende stehst,wenn du die letzte Wende gehst,wenn du dann klug bist, blickst zu zurück, auf das ganze geschlängelte Stück.So viel Pfeifen! Viel Änderungen!So oft hast du eine neue geschwungen!Und hast die Neue genützt?Seife.Es war immer dieselbe Pfeife.
An meinem Todestag – ich werd ihn nicht erleben –da soll es mittags Rote Grütze geben,mit einer fetten, weißen Sahneschicht ...Von wegen: Leibgericht. Mein Kind, der Ludolf, bohrt sich kleine Dingeraus seiner Nase – niemand haut ihm auf die Finger.Er strahlt, als einziger, im Trauerhaus.Und ich lieg da und denk: "Ach, polk dich aus!" Dann tragen Männer mich vors Haus hinunter.Nun faßt der Karlchen die Blondine unter,die mir zuletzt noch dies und jenes lieh ...Sie findet: Trauer kleidet sie. Der Zug ruckt an. Und alle Damen,die jemals, wenn was fehlte, zu mir kamen:vollzählig sind sie heut noch einmal da ...Und vorne rollt Papa. Da fährt die erste, die ich damals ohnedie leiseste Erfahrung küßte – die Matronesitzt schlicht im Fond, mit kleinem Trauerhut.Altmodisch war sie – aber sie war gut. Und Lotte! Lottchen mit dem kleinen Jungen!Briefträger jetzt! Wie ist mir der gelungen?Ich sah ihn nie. Doch wo er immer schritt:mein Postscheck ging durch sechzehn Jahre mit. Auf rotem samtnen Kissen, im Spaliere,da tragen feierlich zwei Reichswehroffizieredie Orden durch die ganze Stadtdie mir mein Kaiser einst verliehen hat. Und hinterm Sarg mit seinen Silberputten,da schreiten zwoundzwonzig Nutten –sie schluchzen innig und mit viel System.Ich war zuletzt als Kunde sehr bequem. Das Ganze halt! Jetzt wird es dionysisch!Nun singt ein Chor: Ich lächle metaphysisch.Wie wird die schwarzgestrichne Kiste groß!Ich schweige tief.Und bin mich endlich los.
Es wird nach einem happy endIm Film jewöhnlich abjeblendt. Man sieht bloß noch in ihre Lippen den Helden seinen Schnurrbart stippen - da hat sie nu den Schentelmen. Na, un denn - ?Denn jehn die beeden brav ins Bett.Na ja ... dißis ja auch janz nett. A manchmal möcht man doch jern wissn: Wat tun se, wenn sie sich nich kissn? Die könn ja doch nich imma penn ... ! Na, un denn - ?Denn säuselt im Kamin der Wind.Denn kricht det junge Paar ´n Kind. Denn kocht sie Milch. Die Milch looft üba. Denn macht er krach. Denn weent sie drüba. Denn wolln sich beede jänzlich trenn ...Na, un denn - ?Denn is det Kind nich uffn Damm.Denn bleihm die beeden doch zesamm. Denn quäln se sich noch manche Jahre. Er will noch wat mit blonde Haare: vorn doof und hinten minorenn ... Na, un denn - ?Denn sind se alt. Der Sohn haut ab.Der Olle macht nu ooch bald schlapp. Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit - Ach, Menschenskind, wie liecht det weit! Wie der noch scharf uff Muttern war, det is schon beinah nich mehr wahr ! Der olle Mann denkt so zurück: wat hat er nu von seinen Jlück? Die Ehe war zum jrößten Teile vabrühte Milch und Langeweile.Und darum wird beim happy endim Film jewöhnlich abjeblendt.