Sitte ward´s, berühmter MännerEdle Locken sich zu sammeln,Und ich höre schon die KennerUngeheure Zahlen stammeln.Bleibt der Handel schlicht und ehrlich,Werden wild die Preise steigen,Weil auf großen Häuptern spärlichOft sich nur die Haare zeigen.An des Krieges RuhmestempelSind die Locken ziemlich selten.Caesar, Moltke zum ExempelWaren recht bewährte Helden;Doch die Krieger, stolz und edel,Deren jeder ein Genie war,Wußten´s leider, daß ihr SchädelKahl und haarlos, wie ein Knie, war.Andre nach der Mode Faxen,Die verschwendet bald, bald knickert,Ließen lang die Haare wachsen,Wie Chamisso oder Rückert.Und im Handel wenig hörenWird man ihren stolzen Namen,Weil die Scheren von FriseurenWenig mit zu tun bekamen.Anderwärts ist wohl zu holenLeidlich gute Ruhmesware.Jede Gräfin, so aus Polen,Hat von Chopin ein paar Haare;Von George Sand noch eine TräneKann der Käufer miterwerbenUnd von Rubinstein die MähneGing, ich weiß, an viele Erben....Meine Sammlung ist bescheiden:Ein paar Löckchen, braun und golden,Die mir Namen großer ZeitenNimmer protzend melden wollten;Die noch niemals angezogenKäufer, die um Proben flehen,Und in keinen KatalogenHeut mit hohen Preisen stehen.
Elise, sprach zur Freundin die Mathilde,Das sogenannte Glück ist meistens schal.Wenn ich vom Leben mir ´ne Meinung bilde,Find´ ich die Ehe mehr als trivial.Die Liebe – gut. Ich laß die Liebe gelten.Man sucht sich Emotionen fürs Gemüt.Man schätzt sich gegenseitig, weil man selten,Höchst selten sich und unter andern sieht.Man schwärmt für Nietzsche, Dehmel, Mai und Rosen,Auch macht ein Ausflug [so nach Treptow] Spaß,Man unterhält sich von der namenlosenGeheimen Sehnsucht – unbestimmt nach was.Man hat frisiert und aufgeputzt sein WesenUnd legt ein ew´ges Rätsel ins Gesicht;Man hat vorher in Büchern nachgelesen,Was man mit dem geliebten Jüngling spricht.Er konversiert vom Leben nach dem Tode,Von Maeterlink und dem »Familientag«,Und seine Weste zeigt die letzte Mode,Und hinter ihr ahnt man des Herzens Schlag.Und denk´ ich mir die Hochzeit und so weiter,So Tag und Nacht und alles so im Haus,Dann zieht die Seele ihre SonntagskleiderUnd auch der Leib zieht manches Schmuckstück aus.Denn die Alltäglichkeit ist voller RoheitUnd die Enttäuschung bleibt der Träume Schluß;Ein Weib verliert den Reiz, ein Mann die Hoheit,Wenn er die Hühneraugen schneiden muß.Mit dem, was Schwärmerherzen sich erharren,Hält auch die Wirklichkeit nur selten Schritt;Ich hatt´ ´nen Onkel, der an DarmkatarrhenIn Capri auf der Hochzeitsreise litt.Mein Artur – Gott, was soll ich weiter sagen,Gleicht er nicht Wedekinds Marquis von Keith?Sein grüner Schlips, sein hoher DoppelkragenScheint mir ein Teil von der Persönlichkeit.Wenn ich im Traum sein männlich Bild mir knipse,Als Amateurin – ob du Worte hast!Ich seh´ ihn stets mit diesem grünen Schlipse,der wundervoll zu seinen Augen paßt.Doch denk´ ich weiter – nach dem Hochzeitsfeste –Am Abend – spät – nach Reden, Sekt und SchmausZieht er die wundervoll karierte WesteUnd zieht [auch seelisch] sonst noch manches aus.Je mehr ich in den Anblick mich versenke,Durchzittert meine Seele Furcht und Hohn –Wenn ich mir Artur ohne Kragen denke,Zerfließt sofort die ganze Illusion.
Hab´ gedichtet und geschrieben,Wußte selber nicht den Sinn.Stand denn außer meinem LiebenWirklich noch was andres drin?"Täglich", sagt mir eine Dame,"Les´ ich Sie zum Abendbrot."Ist´s denn einzig nicht dein Name,Der aus tausend Worten loht?Noch ein Stündchen, noch ein Weilchen,Und mein Werk und Name schwand;Doch ein Verschen und ein ZeilchenKommt vielleicht in Enkelhand.Und aus Reimen und aus ProsaLacht den sorgenvollen Mann,Mariposa, Mariposa,Deine schlanke Jugend an.
Wie einer sich kleidet,Das entscheidetAuf ersten Blick.Das Röckchen, die Pose,Der Knick in der Hose.Das macht sein Glück.Ein wenig GrützeUnter der MützeZum LebenslaufIst auch ersprießlich;Doch fällt es schließlichNur wenigen auf.
Ich saß in des Boudoirs HeiligtumIm Kreis von jungen MütternUnd ließ mit ihrer Kinder RuhmIn höflicher Neugier mich füttern."Ich hab´ einen Jungen, zwar rot von Haar",Sprach ernsthaft Frau Adele,"Probleme wälzt schon, ganz wunderbar,Das Kind in junger Seele.Es ist, als könnte der kleine WichtUns tief in die Herzen gucken.Wie schade, das blasse KindergesichtLeidet am Nervenzucken.""Sechs Jahre ist unsere Kleine alt,"So rühmte die blonde Mathilde,"Die Händchen sind ihr immer kalt,Die Augen voll träumender Milde.Sie sitzt so still oft, daß mir´s graust,Lesend bei mir in der Wohnung,Die beiden Monologe des FaustRezitiert sie mit guter Betonung.""Mein Hugo ist in den Gliedern nicht stark,"Seufzt Klara, "das gibt sich am Ende,Ich war mit ihm in Dänemark,Und entdeckte dort seine Talente.Er lernte Dänisch von Kellner und Magd,Das ist doch gewiß höchst erfreulich,Und hat mir im Urtext aufgesagtGedichte von Ibsen neulich.""Und meine Ida, die kleine Maus,"Frau Hilde rühmt es mit Rührung,"Spielt Symphonien von Richard StraussMit richtiger Fingerführung.Nur körperlich ist sie nicht recht gediehn,Das Wachstum will nicht glücken,Trotz Lebertran, Tropon und Pepsin;Und hat einen hohen Rücken."Frau Eva saß eine Weile still –Ich sah die Zweifel sie quälen."Sie müssen nicht denken, Herr Doktor, ich willNicht von meinen Jungen erzählen.Was aber könnt´ ich Euch anvertraun?Sie haben rotglühende Wangen,Zerrißne Hosen von Hecken und ZaunUnd sind ein paar wilde Rangen.Ihre Muskeln sind gut, und ihr Herz ist nicht bös,Doch lesen sie Ibsen nicht dänisch;Sie spielen Klavier nicht und sind nicht nervösUnd gar nicht neurasthenisch.Sie wählen zum Lesen nicht Goethe aus;Grimms Märchen – hei, wie sie drauf brennen!Und werden – ich schäm´ mich´s zu sagen – den StraußNur vom Zoologischen kennen.Sie schwimmen wie Fische und klettern flottUnd schenken mit kindlicher GüteUnd beten des Abends zum lieben Gott,Dass er ihre Mutter behüte."Ich sah ihr in das erglühte Gesicht –Durchs Herz klangen alte Weisen –Und hieß sie bis heute ›Frau Eva‹ nicht,Sie müßte Frau Eva heißen!Auf ihre Hände, kußbereit,Beugt tief sich der alte Sünder:"Sie haben in wunderreicher ZeitDie wahren Wunderkinder!"
Ich möcht´ nicht sterben als Journalist[Und blühten mir Bolzens unsterbliche Ehren!]Und bis ans Ende den TagesmistIn dampfende Häuflein zusammenkehren.Ich möcht´ nicht sterben als Kapitalist,Die letzte Nacht in der Sorge Krallen:Ob Eisen und Kohle noch sicher ist,Und ob in London die Minen gefallen.Ich möcht´ nicht sterben, vom Beifall umtobtUnreifer Gesellen, die mich gelesen,Und heiß von Müller und Schultze gelobt,Weil ich »talentvoll«, wie sie, gewesen.Ich möcht´ nicht sterben im Überfluß,Nicht als Gehetzter kommen zur Strecke.Ich möchte sterben an einem Kuß,Geraubt hinter blühender Weißdornhecke.An einem Kuß, von Lippen getauscht,Die schauernd im ersten Maiwind erschlossen,Auf die, die alle meine Träume berauscht,Der Lenz seine seligsten Freuden gegossen.Ich möchte sterben, wie einer schied,Den hatten die seligen Götter gerne:Die Hand am Humpen, im Herzen ein LiedUnd im brechenden Blick die ewigen Sterne.
Ich traf ihn im ›Roten Schweinskopf‹ beim Bier,Dort sprach er mit Unverblümtheit.Nur leider – betrunken schien er mirVon Alkohol und Berühmtheit.Flaumbärtige Bursche hockten dabeiMit blaugetrunkenen SchmissenUnd gröhlten bei jeder Wutzerei,Wie von der Kuh gebissen.Dann lauschten sie wieder mit blödem GesichtDem grimmigen RenommierenUnd rauchten Zigarren noch lange nichtSo schlecht wie ihre Manieren.Er aber schaut stolz in dem Kreis sich umUnd richtet – ob je ichs vergesse! –Ein grausames PrivatissimumGratis an meine Adresse:"Der Mensch soll brav als gesteigertes ViehIm Buch der Historie lesen:Es gab auf Erden kein mächtig Genie,Das nicht auch ein Flegel gewesen.Drum ist meine Muse kein zimperlich Weib,Wie auf alten griechischen Vasen;Sie hat die robustesten Knochen im LeibUnd putzt sich am Ärmel die Nasen.Sie ist die frechste Dirne der Stadt;Doch mich kanns nur erheitern,Wenn sie struppiges Haar auf dem Kopfe hatUnd Wanzen in ihren Kleidern.Schmachtlappen und Zierbengeln bin ich fatalDen Seufzgergigerln ein Grausen;Ich rekle als einziges OriginalMich unter geölten Banausen.Ich spuck auf die Liebe, ich schimpf auf den Mai,Berühmt als Rauhbein und Knote.Und dieses" – er rülpste – "ich bin so frei,Ist meine persönliche Note."
Was soll ich mich fragen und plagen:Was bringt das neue Jahr?Ein Hoffen und VerzagenUnd Schnee vielleicht ins Haar.Ins Knopfloch vielleicht ein Bändchen,Vielleicht einen Zweig an den Hut,Vielleicht ein Kinderhändchen,Das schmeichelnd freundlich tut.Vielleicht ein Spiel und TänzchenAn lachendem Sommertag,Vielleicht ein Lorbeerkränzchen,Das längst im Sinn mir lag.Vielleicht ein leises WehenVon blühenden Gärten her,Vielleicht ein WiedersehenAuf sturmgepeitschem Meer.Vielleicht ein duftend Sträußchen,Das vom wogenden Busen fiel,Vielleicht ein hölzern HäuschenAls letztes Wanderziel.Ach, bis in den letzten MauernMein letztes Ziel erreicht,Bleibst du in süßen SchauernMein Menschentrost ›Vielleicht!‹
Es waren drei junge LeuteDie liebten ein Mädchen so sehr.Der eine war der Gescheute,Floh zeitig über das Meer.Er fand eine gute StelleUnd ward seiner Jugend froh,Und lebt als JunggeselleNoch heute auf Borneo.Der Zweite schied mit Weinen.Er sang seiner Liebe LeidUnd ließ es gebunden erscheinenJust um die Weihnachtszeit.Das kalte Herz der Dame,Die Quelle all seines Wehs,Macht ihm die schönste ReklameAuf allen ästhetischen Tees.Der Dritte nur war dämlich,Wie sich die Welt erzählt.Er liebte die Holde nämlichUnd sich mit ihr vermählt;Und sitzt jetzt ganz bescheidenDabei mit dummem Gesicht,Wenn sie von den anderen beidenMit Tränen im Auge spricht ....
Ich sucht´ ein heilsam KräutchenMir jüngst für Herzensweh.Da sah ich zwei LiebesleutchenIn einer Pappelallee.Sie schritten so weltvergeßlich,Treu Hand von Hand geführt,Und waren beide so häßlichUnd beide so gerührt.Sie waren von ihrem LoseBeglückt und voll Vertraun –Er trug ´ne karrierte Hose,Just wie ein Zirkusclown.Ihr Blick war voller Süße,Der Abend war hell und schwül.Sie hatte platte FüßeUnd einen Ridikül.Das war ein Gliedergezappel,Die Herzen zwickte der Mai –Sie hielten mich für ´ne PappelUnd gingen selig vorbei.Ich stand am StraßengrabenUnd schaute, wie das ging;Sich gar so lieb zu habenIst doch ein schönes Ding!Und was die Dichter schwappelnVon Hollerbusch und so,Es wird auch unter PappelnNoch mancher herzensfroh.Und wer nicht grad´ nach großenUnd seltnen Freuden strebt,Hat in karrierten HosenBescheidnes Glück erlebt.