Kleine, wenn wir alt geworden,Hat das Leben uns getrennt –Du im Süden, ich im Norden,Wo den andern keiner kennt.Deine Taille nicht mehr zierlich,Deine Rosenwangen blaß,Und behäbig-reputierlichHandelst du mit irgendwas.Ich – von mancher LebensschlappeSchon gekerbt und wenig froh – Trage meine AktenmappeAuf ein dämliches Bureau.Kleine, wenn wir alt geworden,Gibt sich unser leichter Sinn;Und ich kriege einen Orden,Weil ich so manierlich bin.Und was dir das Herz entflammteIst verweht nach froher Frist,Und es führt zum StandesamteDich ein Steuerakzessist.Und du liest in deinem Blättchen, –Abends liegt es vor der Tür, –Daß ich Lieder und SonettchenManchmal dichte noch, wie früh´r.Kleine, wenn sich Blüt´ auf BlüteIn die Haare steckt der Mai,Klingt ein Echo durchs GemüteUnd die Brust wird jung und frei.Wenn die Kinder längst entschliefen,Und der Alte sitzt beim Skat,Blätterst du in gelben Briefen –Aber nicht vom Steuerrat;Holst du dir die Liederbände,Die ich zärtlich damals schrieb;Und ich halte deine Hände,Und du hast mich wieder lieb.Kleine, höre was ich künde,Sieh mich lächelnd an dabei:Eine ew´ge große SündeIst der holde Monat Mai.Trotzend Muckern und ZelotenRaubt sich keck der Liebe List,Was auf Erden so verbotenUnd was, ach, so himmlisch ist.Denn wie wär´ in dürren Tagen,Schneebedrückt und sorgenschwer,Wohl der Winter zu ertragen,Wenn kein Mai gewesen wär?Stunden, ach, zum TeufelholenSchleppt das Leben noch heran,Aber aus verrauschten BowlenMild erinnernd düftet´s dann.Und auf gelben Blättern lesenWir, wie einst der Puls uns schlug.Da wir keck und jung gewesenUnd die Stirne Kränze trug.Ob den Frohsinn zu ermordenUns ins Herz die Sorge kroch,Kleine, wenn wir grau geworden,Atmet unser Frühling noch!
Durch das Dunkel meiner NächteLockt ein leiser Geigenton –Jubel zittert drin, als brächteEr den frohen Frühling schon.Wie von blühenden SyringenWeht´s von neu begrüntem Hag,Und ein selig süßes Singen Kündet einen neuen Tag.Aus dem Meer in heil´ger FrüheHebt die Sonne ihr Gesicht,Daß sie weckend übersprüheRings die Welt mit goldnem Licht.Alle Schleier sind genommenVon den Höhen fern und nah –Und nun weiß ich´s Du wirst kommen,Wie ich dich im Traume sah.Licht, im flatternden Gewande,Mit dem Schwebeschritt der Feen,Wirst du durch der jungen LandeBlau erblühte Veilchen gehn.Was an trägen Träumen hausteIn der Brust mir, machst du frei.Daß dein Auge mir die blausteBlume meines Frühlings sei.Schmerzlos schließt sich alte Wunde,Und zum Lächeln wird der Harm.Ach, und eine sel´ge StundeHalt´ ich, Liebste, dich im Arm.Hinter fest verschlossnen TürenLieg´ ich stumm und liebesmatt,Und an heiß gehauchten SchwürenTrinkt sich meine Seele satt…Lautlos und auf zagen Zehen,Wie ein schüchtern Mädchen schier,Wie du kamst, so wirst du gehenSo aus Traum und Leben mir,Und des Sommerüberflusses Wohltat wird mir nie gedeihn –Ein Erinnern deines KussesSchläft auf meinen Lippen ein.Nur in meiner Sehnsucht SängenZwing´ und faß´ und fühl ich dich - Und des Abschieds Tränen hängenSchwer an meine Lieder sich.Wink der dunklen SchicksalsmächteStieß ein junges Glück vom Thron – Durch das Dunkel meiner NächteKlagt ein leiser Geigenton…
Ich möcht´ nicht sterben als Journalist[Und blühten mir Bolzens unsterbliche Ehren!]Und bis ans Ende den TagesmistIn dampfende Häuflein zusammenkehren.Ich möcht´ nicht sterben als Kapitalist,Die letzte Nacht in der Sorge Krallen:Ob Eisen und Kohle noch sicher ist,Und ob in London die Minen gefallen.Ich möcht´ nicht sterben, vom Beifall umtobtUnreifer Gesellen, die mich gelesen,Und heiß von Müller und Schultze gelobt,Weil ich »talentvoll«, wie sie, gewesen.Ich möcht´ nicht sterben im Überfluß,Nicht als Gehetzter kommen zur Strecke.Ich möchte sterben an einem Kuß,Geraubt hinter blühender Weißdornhecke.An einem Kuß, von Lippen getauscht,Die schauernd im ersten Maiwind erschlossen,Auf die, die alle meine Träume berauscht,Der Lenz seine seligsten Freuden gegossen.Ich möchte sterben, wie einer schied,Den hatten die seligen Götter gerne:Die Hand am Humpen, im Herzen ein LiedUnd im brechenden Blick die ewigen Sterne.
Zwei Sprachen reden, so kommt mir vor,Auf Erden der Weise und der Tor.Und wenn eines Toren Einfalt traf,Was der Weise in Nächten ohne SchlafErgrübelt in Eifer, in Sorgen erdacht –Es hat sie doch nicht zusammengebracht!Zwei Sprachen reden, so kommt mir vor,Auf Erden der Weise und der Tor.Das Wörterbuch aber, das Aufschluß gibt,Kam leider schon lange abhanden.Sie haben sich beide vielleicht mal geliebt,Aber nie – verstanden.
Wie einer sich kleidet,Das entscheidetAuf ersten Blick.Das Röckchen, die Pose,Der Knick in der Hose.Das macht sein Glück.Ein wenig GrützeUnter der MützeZum LebenslaufIst auch ersprießlich;Doch fällt es schließlichNur wenigen auf.
Nun hab´ ich mein grämliches WinterwehSechs Monde mystisch gehütetUnd hab´ auf manchem ästhetischen TeePessimistische Eier gebrütet.Mein Büchlein, das meinen Gram umschloß,Kam in die besten Familien;Mein Büchlein, das meinen Kummer ergoßAuf stilisierte Lilien.Die schlanken Mondänen durchforschten´s mit Fleiß,Und heimlich lasen´s die Zofen;Und alle tranken literweisMein Herzblut aus meinen Strophen.Sie lobten an meiner Seele NotDie Feuer, die zuckend verflammten,Und sprachen von meinem nahen TodMit der Ruhe des Standesbeamten…Doch heut´ ist draußen der Frühling erwacht,Schon duftet´s nach hellen Syringen –Mein Herz spürt die Sonne und klopft und lachtUnd hört die Knospen springen.Mein Herz zerreißt seinen Trauerflor,Meine Jugend wird wieder munter,Sie haut der Sorge eins hinter das OhrUnd schmeißt sie die Treppe hinunter.Vom junggrünen Teppich der Wiese herKlingen Schalmeien und Tänze…So werf´ ich hinter der Fliehenden herDie raschelnden Lorbeerkränze.Und blinzelt zur Nacht mir ein lustiger Stern,Ich folg´ ihm augenblicklich –O Gott, wie bin ich unmodern!O Gott, wie bin ich glücklich!
Wer rechten Lebensmut bewiesenUnd für die Wahrheit viel gewagt,Der hat die gründlichsten SottisenIn stiller Stunde sich selber gesagt.Der Jugend Torheit zahlt die Spesen,Und Lebenskunst verdient sich schwer;Und wär´ ich nie ein Narr gewesen,Wo nähm´ ich jetzt die Weisheit her?
Was ist das Leben? Ein IrrenNach einem Nie-Genug,Und in ererbten GeschirrenEin Ackern mit rostigem Pflug.Ein Kämpfen mit all den leid´genSorgen, mit Qual und Not,Ein ewiges Sich-Verteid´genGegen Liebe und Tod!
Hab´ gedichtet und geschrieben,Wußte selber nicht den Sinn.Stand denn außer meinem LiebenWirklich noch was andres drin?"Täglich", sagt mir eine Dame,"Les´ ich Sie zum Abendbrot."Ist´s denn einzig nicht dein Name,Der aus tausend Worten loht?Noch ein Stündchen, noch ein Weilchen,Und mein Werk und Name schwand;Doch ein Verschen und ein ZeilchenKommt vielleicht in Enkelhand.Und aus Reimen und aus ProsaLacht den sorgenvollen Mann,Mariposa, Mariposa,Deine schlanke Jugend an.