Blühend sein und doch nicht leben sollen,Mit der Sehnsucht noch, der heißen, tollen,Vor der fest verschlossnen Türe stehn –Durstig sein, und doch nicht trinken, trinken,Wenn die goldnen Freudenbecher winken,Jeder Wonne scheu vorübergehn –Lechzen, ach, nach seligem Genießen,Und die trunknen Augen doch zu schließen,Weil des Schicksals harter Spruch es will –Darben, darben, wenn sich Andre küssen,Elend sein, und dennoch lachen müssen,Immer lachen ….Still, mein Herz, o still!
Wild gelebt und heiß geliebt –Einsam doch gestorben!Nach der sel´gen FrühlingslustHier am Weg verdorben.Gestern noch so schön und keck,Heut des Sturmes Beute,Gestern noch ein blühend Reis –Und verdorret heute!
Arme Seele, die sich selbst verzehrt!Sehnsucht, die ins Leben möchte greifenUnd dem blühenden doch angstvoll wehrt –Arme Hand, die an dem goldnen ReifenHeimlich dreht, weil sie das Glück begehrt,Und doch nicht vermag, ihn abzustreifen –Augen, die dem Lichte abgekehrt,Ruhelos durch Nacht und Dunkel schweifen –Jene Weisheit, die »Entsagung« lehrt,Werdet ihr die bittre je begreifen?
Das Sonnenlicht kommt durch´s Fenster geflogen,Küßt mich und lacht:»Guten Morgen!«»Ach, liebes Licht,Rufe doch nicht,Siehe, die SorgenSchlafen ja noch!Willst du sie wecken,Daß sie mich schrecken?Spät erst hat sie die gütige NachtSingend und schmeichelnd zur Ruhe gebracht.Da hab ich geschlafen und träumte so schön:Von lachenden Kindern, von Sonne und Veilchen ...Willst du nicht noch ein zögerndes WeilchenAn meiner Kammer vorübergehn?«
Liegt irgendwo im weiten MeerEin selig, weltverloren Land,Still ziehn die Wolken drüber her,Und leise ebbt die Fluth am Strand.Uralte Bäume grünen dortUnd wölben sich zum dichten Hain,In den drang nie ein Menschenwort,Nie eines Menschen Blick hinein.Aus purpurrothen Kelchen steigtEin seltsam süßer, müder Hauch,Versonnen sich der Himmel neigtUnd reglos träumen Busch und Strauch.Am Ufer schaukelt sich ein Kahn,Die Wellen plätschern sacht am Kiel –Wen holt er ab auf weiter Bahn,Wen trägt er her zum sel´gen Ziel?Ach, daß der Kahn mich holen müßt Aus dieser bangen, bangen Zeit,Daß ich den Weg zu finden wüßt´ Zur Insel der Vergessenheit.
Wo die Zweige am dichtesten hangen,die Wege am tiefsten verschneit,da ist um die Dämmerzeitim Walde das Christkind gegangen.Es mußte sich wacker plagen,denn einen riesigen Sackhat´s meilenweit huckepackauf den schmächtigen Schultern getragen.Zwei spielende Häschen saßengeduckt am schneeigen Rain.Die traf solch blendender Schein,daß sie das Spielen vergaßen.Doch das Eichhorn hob schnuppernd die Ohrenund suchte die halbe Nacht,ob das Christkind von all seiner Prachtnicht ein einziges Nüßchen verloren.
In hoher Luft die Möwe ziehtAuf einsam stolzen Wegen,Sie wirft mit todesmuth’ger BrustDem Sturme sich entgegen.Er rüttelt sie, er zerrt an ihrIn grausam wildem Spiele –Sie weicht ihm nicht, sie ringt sich durch,Gradaus, gradaus zum Ziele.O laß mich wie die Möwe sein,Wie auch der Sturm mich quäle,Nach hohem Ziel, durch Kampf und Not:Gradaus, gradaus, o Seele!
Die Tage rinnen leise hin…Ein jeder bringt ein liebes GlückUnd eine liebe Sorge mit,Und schau ich so den Weg zurück,Den ich mit dir gegangen bin,Da will es mir fast bange werdenUm so viel Seligkeit auf Erden.
Ich lauscht´ dem Fink im grünen Haag,Das hat mich so bethöret.Ach, hätt´ ich auf den lust´gen SchlagDes Kecken nicht gehöret!Er sang so süß von Lieb´ und Glück,Vom Küssen mir ins Ohr –Vom Scheiden kam im ganzen StückKein Sterbenswörtchen vor.
Die du lächelnd mir entschwindestUnd mit neidisch dichtem FlorDeine weiße Stirn umwindest –That sich dir das graue ThorDer Vergangenheit schon auf?Darfst du nimmer dich mir neigen,Nimmer mir die leichte Hand,Die mein Sorgen hold gebannt,In geheimnisvollem SegenAuf die heißen Augen legen,Süße Freude?O welch grauenhaftes Schweigen –Keine Antwort tönt hernieder!Sorgen, wohl – so nehmt mich wiederUnd zermartert Geist und GliederEurer Beute!