Für jene mag man Haß empfinden,In deren Freveln noch die Spur,Ein leiser Schimmer noch zu findenDer ewig menschlichen Natur.Allein der Schlangen falsch Gezücht,Das, wenn es giftig uns verwundet,Nur seine Eigenart bekundet,Zertritt man, doch man haßt es nicht!
Willst du erschau´n, wie viel ein Herz kann tragen,O blick´ in mein´s!So reich an Wunden, vom Geschick geschlagen,War wohl noch kein´s.Doch mitten in den wütendsten OrkanenErhob ich mich,Und schritt dahin auf meinen fernen Bahnen –Wie stark war ich!Wie ward mir doch nun so mit einemmaleDie Kraft geraubt?Es trotzte mutig dem GewitterstrahleMein stolzes Haupt,Doch als du zu mir sprachst mit leisem Grüßen:"Ich liebe dich!"Da sank ich still und weinend dir zu Füßen –Wie schwach bin ich!
Im tiefsten InnernEin süß ErinnernUnd einen GrußZum Tagesschluß.Daß Gottes GüteMein Glück behüte,Daß seine Treu Stets mit dir sei;Daß deine SeeleSich mir vermähleAuf ewiglich:Das bete ich.Auf ihn nur zähl´ ich,Uns beid´ empfehl´ ichFromm seiner Macht –Nun, gute Nacht!
So lang uns noch die Jugend blüht,Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,Grundlose Trauer das Gemüt,Und unsre Thränen fließen sacht.Doch wem des Alters EulenflugDie Stirne streifte kalt und schwer,Zur Trauer hätt´ er Grund genug,Nur hat er keine Thränen mehr.
Was dir zumeist am Herzen nagt? O prüfe dich! du wirst gestehen, Das Leid nicht ist´s, das dir geschehen, Und nicht die Sorge, die dich plagt. Du könntest sie zur Not vergessen, Doch nimmermehr das Traumbild dessen Was dein Geschick dir streng versagt. Nur dieses, und nur dies allein, Steht immerdar vor deinen Augen, Es darf dir Kraft und Mut entsaugen, Zerrütten dir dein innerst Sein; O Thorheit! Thorheit, unermessen! Für Güter, die du nie besessen, Erträgst du des Verlustes Pein!
»Was du von dieses Berges ZinnenErschaust im weitgedehnten Kreis,Durch meine Gunst kannst du´s erringen,Und, wahrlich, um geringen Preis.Ich trage dich zu Ruhm und EhreEmpor mit meines Fittichs Schwung!Du fragst, was ich dafür begehre?Nichts als nur deine Huldigung.Jedwedes Ziel magst du erstreben,Wenn du vor mir die Kniee beugst,Und mit der Ehrfurcht scheuem BebenFür meine Oberhoheit zeugst.Dein sei das Maß der Herrlichkeiten,So lang du mir zu Willen bist!«Der Satan sprach´s in alten Zeiten,Und heute sagt´s der Journalist.
Mir ist als legten leiseSich Nebel um mich her,Vom bunten MenschenkreiseMich scheidend mehr und mehr.Erinnerungen sind es,Aus Lust und Leid gewebt,Die man, will´s ein gelindesGeschick, mit mir begräbt!Mir ist, als brauste, grollteUm mich ein Ocean,Den ich, wie gern ich wollteNicht überbrücken kann.Dieß Meer, deß banger KlageDie Seele träumend lauscht,Es sind die fernen Tage,Die an mir hingerauscht!Vereinsamt im Gewühle,Das rastlos drängt und schafft,Vergangenheit! wie fühleIch mich in deiner Haft!Erschöpft vom Lebensstreite,Den Wunsch auf nichts gestellt,Ein dunkler Schatten gleiteIch durch die blüh´nde Welt!
Wenn ein Kranker schlummernd liegt,Mild von Traumesarm gewiegt,Schweigen Alle im Gemache,Daß der Arme nicht erwache.Leis´ ihr Hauch und stumm der Mund,Kaum berührt ihr Fuß den Grund –Und der Kranke schlummert weiter,Ruhbeseligt, traumesheiter.Innig fleh´ ich jetzt zu dir:Halte du es so mit mir,Mit dem tieferschöpften Herzen,Das entschlummert ist voll Schmerzen.Halb verblutet schläft es fort;Weck´ es nicht mit deinem Wort!Trage schonendes ErbarmenMit dem kranken, müden, armen!Willst du´s wecken, sei´s zum Glück;Kannst du dies nicht, tritt zurück!Gieße Gift nicht in die NeigeMeines Lebens! Schweige! Schweige!
Ich hoffte einst auf schöne TageUnd lauschte mit erschloß´ner BrustDer mährchenhaften WundersageVon ewig heitrer Liebeslust.In jugendfrohem ÜbermutheGlaubt´ ich von jedem Glück und Gute,Daß es mir zugewiesen sei –Es ist vorbei!Und als der fromme Wahn entschwunden,Da fleht´ ich, stolz auf meine Qual:Bleibt ewig offen, meine Wunden,Als unvergänglich Liebesmahl.Und mußten Freud und Glück verwehen,So soll mein heil´ger Schmerz bestehen,Daß Eines doch unsterblich sei –Es ist vorbei!
Wie süß du meiner Seele bist,Ich weiß es nicht zu sagen!Was still in meinem Innern sprießt,Will nicht an´s Licht sich wagen.Vom Lenze, der in meiner BrustGeweckt ein neues Leben,Vermag ich, wollend und bewußt,Den Schleier nicht zu heben.Es sei! Wozu versucht ich auchIhn absichtsvoll zu lüften?Du merkst den warmen FrühlingshauchAn seinen linden Düften.In meinen feuchten Augen siehstDu Licht des Morgens tagen –Wie süß du meiner Seele bistBrauch´ ich dir nicht zu sagen!