Wenn deine Schönheit, dein Talent man preist,Sei der Gedanke stets dir gegenwärtig:Das Leben wird mit allem, allem fertig,Und wie das Antlitz altert auch der Geist.Du meinst: »Verschmerzen läßt sich der Verlust,Die Zeit mag ihres strengen Amtes walten,Bleibt mir nur eins, das Köstlichste, erhalten:Die tiefe Liebeskraft in meiner Brust!«So wisse: müd, erschöpft und abgehetztFühlst du dereinst auch diese Kraft dir schwinden,Dein Herz vertrocknet, stumpf wird dein Empfinden,Nicht lieben kannst du mehr – was bleibt zuletzt?!
So lang uns noch die Jugend blüht,Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,Grundlose Trauer das Gemüt,Und unsre Thränen fließen sacht.Doch wem des Alters EulenflugDie Stirne streifte kalt und schwer,Zur Trauer hätt´ er Grund genug,Nur hat er keine Thränen mehr.
Gieb es auf, mir deine Pein,Stolzen Sinnes, zu verhehlen!Andre täuschen mag der Schein,Doch nicht schmerzverwandte Seelen!Diese sind, ob auch ihr BundFremdem Aug´ nicht sichtbar scheine,Auf dem weiten ErdenrundEine mystische Gemeine.Wer an seines Glückes Bahr Hielt die ernste Todtenwache,Zählt zu der geweihten Schaar,Und versteht des Schmerzens Sprache.Und die Brüder kennen sichAn geheimen Ordenszeichen,Wenn sie, wie jetzt du und ich,Still bewegt die Hand sich reichen.
Wenn ich dereinst entrückt dem Lebensstande,Wenn die in mir, dem flüchtigen Phantome,Für kurze Zeit vereinigten AtomeEinst wieder frei und ledig ihrer Bande:Was dann aus ihnen wird? mich soll´s nicht kümmern,Ob sie der Tiernatur sich einverleiben,Als Wirbel Staubes durch die Lüfte treiben,Im Farbenglanze duft´ger Blumen schimmern!An einem Wunsche laß ich mir´s genügen:Was auch ihr Schicksal sei, ob hoch, ob nieder,Sie mögen sich nur nimmer, nimmer wiederZu einem Menschenbild zusammenfügen!
Du schiltst, daß ich mein Leben verträumt,Statt froh es zu genießen?Daß ich die Blumen zu pflücken versäumt,Die rings am Wege sprießen?So sprechend dünkst du dich klug, wie klug!Daß Bessres du erkoren,Indess an Wahn und Täuschung und TrugIch Jahr um Jahr verloren.Glaub mir! es hielt mich des Traumes MachtSo ehern nicht umschlungen,Daß ich nicht manchmal plötzlich erwachtAus seinen Dämmerungen.Doch sieh! da schien mir all euer GlückNur Glitzern flücht´gen Schaumes,Und, Schön´res suchend, floh ich zurückIns gold´ne Reich des Traumes!
An deiner Brust ist meine Stelle,In deinen Armen mein Asyl!Mich warf des Sturm´s empörte WelleAn dieses bang ersehnte Ziel.Die Gaben, die das Leben zieren,Jedwedes Gut, das köstlich heißt,Was ich besaß, mußt´ ich verlieren,Daß du fortan mir Alles sei´st.Jetzt, da ich Alles hingegeben,Wird mir´s durch dich zurückgeschenkt,Wenn unter wonnevollem BebenDein Mund auf meine Stirn´ sich senkt.
Elend, wahrhaft elend ist,Der selbst vom Schmerz verstoßen,Der, da die Lust ihn doch nicht grüßt,Vom Gram selbst ausgeschlossen;Deß Nacht nicht schwarz, deß Tag nicht klar,O der ist elend, ist´s fürwahr!Den kein Verlangen mehr bewegt,Kein schmerzenfreudig´ Sehnen,Deß Busen keinen Wunsch mehr hegt,Deß Auge ohne Thränen. –Ja elend, elend sicherlichIst Jeder, der so ist wie ich.
Nicht wahr, ihr Alle wünscht, wenn einst die StundeGekommen, wo die andern Wünsche enden,In eurer Lieben Mitte zu entsendenDen letzten Hauch vom todesblassen Munde?Verlangt es mich im tiefsten SeelengrundeNach solchen Glückes heilig süßen Spenden,Muß ich mich an den holden Frühling wenden,Den einz´gen Freund, mit welchem ich im Bunde.Und weil kein and´rer Gruß die dunkle GruftMit Liebesschimmer sanft mir wird umfärben,Wenn nicht sein Gruß als Licht und Sang und Duft,Möcht ich mir dieses milde Loos erwerben:Zur Zeit der Blühten und der sonn´gen LuftAn schönen Frühling´s schönstem Tag zu sterben!
»Was du von dieses Berges ZinnenErschaust im weitgedehnten Kreis,Durch meine Gunst kannst du´s erringen,Und, wahrlich, um geringen Preis.Ich trage dich zu Ruhm und EhreEmpor mit meines Fittichs Schwung!Du fragst, was ich dafür begehre?Nichts als nur deine Huldigung.Jedwedes Ziel magst du erstreben,Wenn du vor mir die Kniee beugst,Und mit der Ehrfurcht scheuem BebenFür meine Oberhoheit zeugst.Dein sei das Maß der Herrlichkeiten,So lang du mir zu Willen bist!«Der Satan sprach´s in alten Zeiten,Und heute sagt´s der Journalist.
Die hier im dunkeln Grabesschoße ruht, Nach langen Kampfes Mühsal und Beschwerde, Wie jedes andre arme Kind der Erde War sie ein Doppellaut von Schlimm und Gut. Nichts unterschied sie von der großen Schar, Behaglich atmend in der Lüge Brodem, Als daß die Wahrheit ihrer Seele Odem, Und daß getreu bis in den Tod sie war.