So lang uns noch die Jugend blüht,Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,Grundlose Trauer das Gemüt,Und unsre Thränen fließen sacht.Doch wem des Alters EulenflugDie Stirne streifte kalt und schwer,Zur Trauer hätt´ er Grund genug,Nur hat er keine Thränen mehr.
In deiner Stimme bebt ein Klang,Der mich so tief erschüttert,Daß mir im Auge, selig bang,Die Thräne glänzt und zittert.Ich frage nicht: Wird mir dein WortSchmerz oder Glück bereiten? Der süße Ton hallt in mir fortFür alle Ewigkeiten!
Willst du erschau´n, wie viel ein Herz kann tragen,O blick´ in mein´s!So reich an Wunden, vom Geschick geschlagen,War wohl noch kein´s.Doch mitten in den wütendsten OrkanenErhob ich mich,Und schritt dahin auf meinen fernen Bahnen –Wie stark war ich!Wie ward mir doch nun so mit einemmaleDie Kraft geraubt?Es trotzte mutig dem GewitterstrahleMein stolzes Haupt,Doch als du zu mir sprachst mit leisem Grüßen:"Ich liebe dich!"Da sank ich still und weinend dir zu Füßen –Wie schwach bin ich!
Es hat der bangen, schreckerfüllten WeltDie Kirche einst den Lehrsatz aufgestellt,Daß zu der Pein der ew´gen HöllenflammeDer Irrthum schon, nicht bloß die Schuld verdamme.Doch eine lich´tre, bess´re Zeit begann,Des alten Molochglaubens Spuk zerrann;Die Kirche selber mußte anerkennen,Daß Irrthum von der Sünde wohl zu trennen.Das Schicksal nur, das Thränen mir erpreßt,hält noch an jenem grausen Dogma fest,Und straft mich für den Wahn, der mich befangen,Als hätt´ ich Frevel sonder Zahl begangen.Wenn, daß ich schmerzlich mich in Dir geirrt,Mir nicht als Sünde angerechnet wirdDann, wahrlich! habe ich sie nicht verschuldetDie bitt´re Qual, die jetzt mein Herz erduldet!
Im tiefsten InnernEin süß ErinnernUnd einen GrußZum Tagesschluß.Daß Gottes GüteMein Glück behüte,Daß seine Treu Stets mit dir sei;Daß deine SeeleSich mir vermähleAuf ewiglich:Das bete ich.Auf ihn nur zähl´ ich,Uns beid´ empfehl´ ichFromm seiner Macht –Nun, gute Nacht!
Für jene mag man Haß empfinden,In deren Freveln noch die Spur,Ein leiser Schimmer noch zu findenDer ewig menschlichen Natur.Allein der Schlangen falsch Gezücht,Das, wenn es giftig uns verwundet,Nur seine Eigenart bekundet,Zertritt man, doch man haßt es nicht!
Das dir zumeist am Herzen nagt?O prüfe dich! du wirst gestehen,Das Leid nicht ist´s, das dir geschehen,Und nicht die Sorge, die dich plagt.Du könntest sie zur Noth vergessen,Doch nimmermehr das Traumbild dessenWas dein Geschick dir streng versagt.Nur dieses, und nur dieß allein,Steht immerdar vor deinen Augen,Es darf dir Kraft und Muth entsaugen,Zerrütten dir dein innerst Sein;O Thorheit! Thorheit, unermessen!Für Güter, die du nie besessen,Erträgst du des Verlustes Pein!
Wähne nicht, daß in dem Weltgewühle,Je ein Herz so wie das Deine fühle,Daß ein andres folge Deiner Spur.Wähne nicht, in sehnendem Umschlingen,Andrer Herzen also durchzudringen,Daß sie mit dem Deinen eines nur. Einsam bist du, ob die bunte Menge,Lobend oder tadelnd Dich umdränge,Einsam in dem Kampf wie in der Ruh.Einsam, bei der Freunde Scheinerbarmen,Einsam selbst in Deines Liebsten Armen,Denn sie alle sind nur sie, nicht Du. Lerne drum, aus ihrem Kreis verschwinden,Dich in Deiner eigenen Brust zurechtzufinden,Lerne Du, Dein eigener Freund zu sein!Alle Schwüre, die sie Dir versprechen,Unwillkürlich werden sie sie brechen.Deines Lebens Losung heißt: Allein!
Wenn deine Schönheit, dein Talent man preist,Sei der Gedanke stets dir gegenwärtig:Das Leben wird mit allem, allem fertig,Und wie das Antlitz altert auch der Geist.Du meinst: »Verschmerzen läßt sich der Verlust,Die Zeit mag ihres strengen Amtes walten,Bleibt mir nur eins, das Köstlichste, erhalten:Die tiefe Liebeskraft in meiner Brust!«So wisse: müd, erschöpft und abgehetztFühlst du dereinst auch diese Kraft dir schwinden,Dein Herz vertrocknet, stumpf wird dein Empfinden,Nicht lieben kannst du mehr – was bleibt zuletzt?!
Mit jenen nicht, die mich umgeben, Verbring´ ich diesen Rest von Leben, Nein! mit der Heimgegang´nen Schaar. Mit ihnen, die in fernen Tagen Mich sah´n in meiner Blüte ragen, Und deren Zeit die meine war! Beim Fest, im dicht gedrängten Saale, Im stillen Wald beim Mondesstrahle Verfolg´ ich träumend ihre Spur; Und hier wie dort, auf allen Wegen Tritt mir vertraut ihr Bild entgegen, Nur reiner und verklärter nur! Und aus dem Mund der teuren Schemen Mein´ ich die Frage zu vernehmen, Die mir im eig´nen Herzen brennt: »Allein, allein auf dieser Erde, Was hoffst du wohl, daß dir noch werde? Was hält dich noch von uns getrennt?«