Was fragst du mich, wie es wohl sei gekommen, Daß also hell der Liebesstrahl entglommen, Der meines Daseins schönes Sonnenlicht? Ich weiß es nicht! Was fragst du mich, wie ich es werd´ ertragen, Wenn einst nach diesen himmellichten Tagen Herein die finstre Nacht der Trennung bricht? Ich weiß es nicht!
Für jene mag man Haß empfinden,In deren Freveln noch die Spur,Ein leiser Schimmer noch zu findenDer ewig menschlichen Natur.Allein der Schlangen falsch Gezücht,Das, wenn es giftig uns verwundet,Nur seine Eigenart bekundet,Zertritt man, doch man haßt es nicht!
Denke der eig´nen Fehler und Schwächen,Wenn du dem Freund, dem Irrenden, grollst!Schwanke nicht erst, ob die Unbill zu rächen,Ob du in Milde vergeben sie sollst.Was dir zum Trost und zur Freude gegeben,Selber verkehrend in Unheil und Fluch,Bringest du sonst in dein innerstes Leben,Störrischen Sinnes, den qualvollen Bruch.
Wiesengrund und Bergeshöh Liegen wie begraben,Auf dem schimmernd weißen SchneeTummeln sich die Raben.Mag die Sonne auch ihr LichtFernehin entsenden,Es erquickt und wärmet nicht,Kann nur schmerzlich blenden.Dicht vor meinem Fenster stehtEine schlanke Linde,Mit Demanten übersä´tStöhnet sie im Winde.An die Scheiben pocht sie leis´,Leis´ wie Glöckchen läuten;Was sie sagen will, ich weißMir es wohl zu deuten.Arme Linde! Tag und NachtScheinst du mir zu klagen:»Dürft ich doch, statt todter Pracht,Wieder Blüthen tragen!«
Wie süß du meiner Seele bist,Ich weiß es nicht zu sagen!Was still in meinem Innern sprießt,Will nicht an´s Licht sich wagen.Vom Lenze, der in meiner BrustGeweckt ein neues Leben,Vermag ich, wollend und bewußt,Den Schleier nicht zu heben.Es sei! Wozu versucht ich auchIhn absichtsvoll zu lüften?Du merkst den warmen FrühlingshauchAn seinen linden Düften.In meinen feuchten Augen siehstDu Licht des Morgens tagen –Wie süß du meiner Seele bistBrauch´ ich dir nicht zu sagen!
Wenn quälend mich die Angst beschleicht,Mein Teuerstes auf Erden,Mein Liebstes könnte mir vielleichtEinst noch entrissen werden;Dann tröstet der Gedanke mich:»Weshalb davor erbeben?Dies große Leid vermöchte ichJa nicht zu überleben.«Die Hoffnung, die sich in dir regt,Bevor du ihrer dich entschlagen,Daß keinem werde auferlegtSo viel als er kann tragen.Wie groß das Leid, wie tief die Not,Du wirst dich d´rein ergeben,Und was dir bitt´rer als der Tod,Du wirst es überleben.
Mir ist als legten leiseSich Nebel um mich her,Vom bunten MenschenkreiseMich scheidend mehr und mehr.Erinnerungen sind es,Aus Lust und Leid gewebt,Die man, will´s ein gelindesGeschick, mit mir begräbt!Mir ist, als brauste, grollteUm mich ein Ocean,Den ich, wie gern ich wollteNicht überbrücken kann.Dieß Meer, deß banger KlageDie Seele träumend lauscht,Es sind die fernen Tage,Die an mir hingerauscht!Vereinsamt im Gewühle,Das rastlos drängt und schafft,Vergangenheit! wie fühleIch mich in deiner Haft!Erschöpft vom Lebensstreite,Den Wunsch auf nichts gestellt,Ein dunkler Schatten gleiteIch durch die blüh´nde Welt!
Wenn dich bittres Weh durchfuhr,Trachte dann, eh´ dich´s bezwungen,Zu verfolgen seine SpurBis zum Quell, dem es entsprungen.Findest du dann, daß der Gram,Störend deiner Nächte Schlummer,Von dem Schicksal zu Dir kam,So bezwinge deinen Kummer.Denkend, daß des Schicksals WitzNeu will sein an jedem MorgenUnd daß drum ein gleicher BlitzKünftig nicht mehr zu besorgen.Wohl verschieden ist der Fall,Doch nicht größer sei die Beugniß,Nennt dich Ursach Deiner QualDeines Geist´s wahrhaft´ges Zeugnis.Suche dann ohn´ Ruh und RastDeinen Fehler zu entdecken;Wenn du ihn gefunden hast,Wirf hinaus den dunklen Flecken!Kämpfe, bis, was dich bethört,Du besiegt und überwunden.Ist sein böser Keim zerstört,Ist das Unglück bald verschwunden.So kannst du in jeder Art,Hoffend glauben, daß das Leiden,Trübend deine Gegenwart,Deine Zukunft werde meiden.
Wenn ein Kranker schlummernd liegt,Mild von Traumesarm gewiegt,Schweigen Alle im Gemache,Daß der Arme nicht erwache.Leis´ ihr Hauch und stumm der Mund,Kaum berührt ihr Fuß den Grund –Und der Kranke schlummert weiter,Ruhbeseligt, traumesheiter.Innig fleh´ ich jetzt zu dir:Halte du es so mit mir,Mit dem tieferschöpften Herzen,Das entschlummert ist voll Schmerzen.Halb verblutet schläft es fort;Weck´ es nicht mit deinem Wort!Trage schonendes ErbarmenMit dem kranken, müden, armen!Willst du´s wecken, sei´s zum Glück;Kannst du dies nicht, tritt zurück!Gieße Gift nicht in die NeigeMeines Lebens! Schweige! Schweige!
Was dir zumeist am Herzen nagt? O prüfe dich! du wirst gestehen, Das Leid nicht ist´s, das dir geschehen, Und nicht die Sorge, die dich plagt. Du könntest sie zur Not vergessen, Doch nimmermehr das Traumbild dessen Was dein Geschick dir streng versagt. Nur dieses, und nur dies allein, Steht immerdar vor deinen Augen, Es darf dir Kraft und Mut entsaugen, Zerrütten dir dein innerst Sein; O Thorheit! Thorheit, unermessen! Für Güter, die du nie besessen, Erträgst du des Verlustes Pein!