"Wie denkst du mein?"Wie eines holden Traumes,Der schönsten Blüt´ des blütenreichen BaumesDer Phantasie, gedenk´ ich dein!Ich bin erwacht!Der kosend mich umwunden,Der süße Traum ist eilig mir verschwunden,Ließ mich allein in dunkler Nacht.Doch, wenn ein Traum,Ein lieblicher, sich endet,Wer hätte Klagen wohl um ihn verschwendet?Man denkt an ihn Minuten kaum!Die Nacht entflieht:Mir winkt das rege Leben:Mögst du dir selbst so leicht, als ich vergeben,Ich, der in dir – sich selber sieht!
Wenn ich abends einsam gehe Und die Blätter fallen sehe, Finsternisse niederwallen, Ferne, fromme Glocken hallen: Ach, wie viele sanfte Bilder, Immer inniger und milder, Schatten längst vergangner Zeiten, Seh ich dann vorübergleiten. Was ich in den fernsten Stunden, Oft nur halb bewußt, empfunden, Dämmert auf in Seel´ und Sinnen, Mich noch einmal zu umspinnen. Und im inneren Zerfließen Mein ich´s wieder zu genießen, Was mich vormals glücklich machte, Oder mir Vergessen brachte. Doch, dann frag ich mich mit Beben: Ist so ganz verarmt dein Leben? Was du jetzt ersehnst mit Schmerzen, Sprich, was war es einst dem Herzen? Völlig dunkel ist´s geworden, Schärfer bläst der Wind aus Norden, Und dies Blatt, dies kalt benetzte, Ist vielleicht vom Baum das letzte.
Im Dunkeln saß verlassen ein KindUnd weinte hinaus in Nacht und Wind,Und streckte empor die zitternde Hand,Das blaue Auge gen Himmel gewandt."Du Vater dort oben, mein Vater du,Komm, führ mich Verlaßnen der Mutter zu,In die schwarze Erde, da grub man sie einUnd ließ mich Armen so ganz allein."Und Gott im Himmel hörte sein Flehn,Er hatte die weinende Unschuld gesehn:"Verlassen wäre das Kindlein mein?Wo die Mutter ist, da muß das Kindlein sein!"Und der Engel des Todes umfaßte mildDer trostlosen Unschuld trauerndes Bild:"Lieb Herz, sei ruhig und sonder Harm,Ich führe dich ja in der Mutter Arm!""Du, fremder Mann, wie gut du bist!So weißt du, wo meine Mutter ist?O eile, und bringe mich hin zu ihr,Die Mutter liebt mich, sie dankt es dir!""Du Kindlein, siehst du die Blitze glühn?Dahin woll´n wir gläubigen Sinnes ziehn.Oft sahst du der Sterne trauliches Licht?Dort wohnt der Herrgott, der lässet uns nicht."Und Weste umsäuseln sie lau und klar,und Rosen umdüften sie wunderbar.Bei der Himmelspforte langen sie an,Da war die Pforte schon aufgetan.Und Kindlein sank an der Mutter BrustUnd trank den Becher der reinen LustUnd sah viel liebliche Blümlein blühnUnd spielte mit Engeln auf weichem Grün!
Schlafen, schlafen, nichts als schlafen!Kein Erwachen, keinen Traum!Jener Wehen, die mich trafen,Leisestes Erinnern kaum,Dass ich, wenn des Lebens FülleNieder klingt in meine Ruh!Nur noch tiefer mich verhülle,Fester zu die Augen tu!
Wenn ich mich abends entkleide,Gemachsam, Stück für Stück,So tragen die müden GedankenMich vorwärts oder zurück.Ich denke der alten Tage,Da zog die Mutter mich aus;Sie legte mich still in die Wiege,Die Winde brausten ums Haus.Ich denke der letzten Stunde,Da werdens die Nachbarn tun;Sie senken mich still in die Erde,Dann werd ich lange ruhn.Schließt nun der Schlaf mein Auge,Wie träum ich so oftmals das:Es wär eins von beidem,Nur wüßt ich selber nicht, was.
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!Die Luft ist still, als atmete man kaum,und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,die schönsten Früchte ab von jedem Baum.O stört sie nicht, die Feier der Natur!Dies ist die Lese, die sie selber hält;denn heute löst sich von den Zweigen nur,was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Was ist das für ein FrauenbildIn dürftigen Gewand?Sie stützt ein Antlitz krank und mild,In eine weiße Hand.Sie sieht nach mir, wird rot und bleich,Lacht gellend auf und weintUnd ist dem Regentropfen gleich,Drch den die Sonne scheint.Ach, jetzt versteh´ ich ihren Schmerz,Und er betrübt mich sehr:Einst liebt ich dich, du armes Herz,Nun kannt´ ich dich nicht mehr.Doch wer erkennt ein Blumenbeet,Das ihn im Lenz entzückt,Wenn zwischen Herbst und Winter spätDer Sturm die Stengel knickt!
Es steht ein Baum im Wüstensand, Der einzige, der dort gedieh; Die Sonne hat ihn fast verbrannt, Der Regen tränkt den durst´gen nie. In seiner falben Krone hängt Gewürzig eine Frucht voll Saft, Er hat sein Mark hinein gedrängt, Sein Leben, seine höchste Kraft. Die Stunde, wo sie, überschwer, Zu Boden fallen muß, ist nah´, Es zieht kein Wanderer daher, Und für ihn selbst ist sie nicht da.
Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,bis auf den letzten Hauch von Leben leer;die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,so gräbt er, glaub´ ich, sich hinein ins Grab.Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,wirft einen letzten Blick auf´s öde Land,doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,trotzt ihr der Tod im weissen Festgewand.
Ich schlaf, ich wach, ich geh, ich steh,Ich kann dein nit vergessen;Mich deucht, daß ich dich allzeit seh,Du hast mein Herz besessen.Wie hübsch sein dein Gebärden!Für dich hab ich doch gar kein RuhAuf dieser Welt und Erden.