Aus dem gold´nen Morgen-QualmSich herniederschwingend,Hüpft die Meise auf den Halm,Aber noch nicht singend.Doch der Halm ist viel zu schwach,Um nicht bald zu knicken,Und nur, wenn sie flattert, magSie sich hier erquicken.Ihre Flügel braucht sie nunFlink und unverdrossen,Und indeß die Füßchen ruh´n,Wird ein Korn genossen.Einen kühlen Tropfen ThauSchlürft sie noch daneben,Um mit Jubel dann in´s Blau Wieder aufzuschweben.
Grünen, Blühen, Duften, Glänzen,Reichstes Leben ohne Grenzen,Alles steigernd, nirgends stockend,Selbst die kühnsten Wünsche lockend;Ja, da kann ich wohl zerfließen,Aber nimmermehr genießen;Solche Flügel tragen weiter,Als zur nächsten Kirschbaumleiter.Doch, wenn rot die Blätter fallen,Kühl die Nebelhauche wallen,Leis durchschauernd, nicht erfrischend,In den warmen Wind sich mischend:Dann vom Endlos-UngeheurenFlücht´ ich gern zum Menschlich-Teuren,Und in einer ersten TraubeSieht die Frucht der Welt mein Glaube.
An der höhern Stufe vermißt ihr gewöhnlich die niedre,Lernt’s doch endlich, sie wird eben mit dieser erkauft.Daß ein Ganzes werde, muß jeglicher Teil sich bescheiden,Tritt er einzeln hervor, wuchert er, wie er nur kann,Und er wird, wo er herrscht, sich freilich stärker erweisen,Als er tut, wo er dient, aber ein Tor nur vergleicht.Denkt nur an den Menschen! Ihm gaben alle GeschöpfeVon dem Ihrigen ab, doch er erreicht auch nicht eins,Oder hat er die Klaue des Löwen, den Fittich des Vogels?Selbst das stumpfe Insekt trotzt ihm mit seinem Instinkt.Dennoch ist er ihr König, und jedes muß sich ihm beugen,Aber ihm gleicht das Genie, das die Talente vereint.
Was ist das für ein FrauenbildIn dürftigen Gewand?Sie stützt ein Antlitz krank und mild,In eine weiße Hand.Sie sieht nach mir, wird rot und bleich,Lacht gellend auf und weintUnd ist dem Regentropfen gleich,Drch den die Sonne scheint.Ach, jetzt versteh´ ich ihren Schmerz,Und er betrübt mich sehr:Einst liebt ich dich, du armes Herz,Nun kannt´ ich dich nicht mehr.Doch wer erkennt ein Blumenbeet,Das ihn im Lenz entzückt,Wenn zwischen Herbst und Winter spätDer Sturm die Stengel knickt!
Wenn ich mich abends entkleide,Gemachsam, Stück für Stück,So tragen die müden GedankenMich vorwärts oder zurück.Ich denke der alten Tage,Da zog die Mutter mich aus;Sie legte mich still in die Wiege,Die Winde brausten ums Haus.Ich denke der letzten Stunde,Da werdens die Nachbarn tun;Sie senken mich still in die Erde,Dann werd ich lange ruhn.Schließt nun der Schlaf mein Auge,Wie träum ich so oftmals das:Es wär eins von beidem,Nur wüßt ich selber nicht, was.
Im großen ungeheuren OzeaneWillst du, der Tropfe, dich in dich verschließen?So wirst du nie zur Perl’ zusammenschießen,Wie dich auch Fluten schütteln und Orkane!Nein! öffne deine innersten OrganeUnd mische dich im Leiden und GenießenMit allen Strömen, die vorüberfließen;Dann dienst du dir und dienst dem höchsten Plane.Und fürchte nicht, so in die Welt versunken,Dich selbst und dein Ur-Eignes zu verlieren:Der Weg zu dir führt eben durch das Ganze!Erst, wenn du kühn von jedem Wein getrunken,Wirst du die Kraft im tiefsten Innern spüren,Die jedem Sturm zu stehn vermag im Tanze!
Friedlich bekämpfenNacht sich und Tag:Wie das zu dämpfen,Wie das zu lösen vermag. Der mich bedrückte,Schläfst du schon, Schmerz?Was mich beglückteSage, was war´s doch, mein Herz? Freude wie Kummer,Fühl ich, zerrann,Aber den SchlummerFührten sie leise heran. Und im Entschweben,Immer empor,Kommt mir das LebenGanz wie ein Schlummerlied vor.
Mir ward das Wort gegeben,daß ich´s gebrauche freiund zeige, wieviel Lebendrin eingeschlossen sei.Ich will ihn mutig schwingen,den geist´gen Donnerkeil,und kann er´s mir nicht bringen,so bringt er andern Heil!
Kein Lebewohl, kein banges Scheiden!Viel lieber ein Geschiedensein!Ertragen kann ich jedes Leiden,doch trinken kann ich nichts wie Wein.Wir saßen gestern noch beisammen,von Trennung wußt ich selbst noch kaum!Das Herz trieb seine alten Flammen,die Seele spann den alten Traum.Dann rasch ein Kuß vom lieben Munde,nicht schmerzgetränkt, nicht angstverkürzt!Das nenn´ ich eine Abschiedsstunde,die leere Ewigkeiten würzt.
»Du säest Zähne des Drachen,Geharnischte Männer erstehn;Doch, Armer, sie werden nicht für dich,Sie werden gegen dich gehen!«Und mögen sie mich auch verwundenUnd senken ins eisige Grab –Sie sind doch kräftige KämpenDer Herrin, der ich mich ergab.Und mag ich der Herrin nur dienen,So will ich ja gerne vergehn,Drum säe ich Zähne des DrachenUnd freue mich, wenn sie erstehn!