Jüngst traf ich einen alten Mann Und hub ihm vorzusingen an, Doch an den Mienen des Gesichts Bemerkt´ ich bald, er höre nichts. Da dachte ich: der Greis ist taub, Drum wird dein Lied des Windes Raub, So tu´ ihm denn, nicht durch den Mund, Durch Zeichen dies und jenes kund. Ich tat´s, doch ward mir leider klar, Daß er auch schon erblindet war, Denn, wie der Frosch aus seinem Sumpf, Hervorglotzt, sah er dumpf und stumpf, Und ungestört in seiner Ruh´, Der Sprache meiner Finger zu. Ich rief: mit dem steht´s schlimm genug, Doch mögt´ ich ihm den letzten Zug Noch gönnen aus dem Lebensquell! Da reicht´ ich ihm die Rose schnell, Die ich für meine Braut gepflückt, Allein auch das ist schlecht geglückt, Ihm schien der Duft nicht mehr zu sein, Wie einem Gartengott von Stein. Nunmehr verlor ich die Geduld, Ich dacht´ an meines Mädchens Huld, Die mir so schmählig jetzt entging, Da sie die Rose nicht empfing, Und jagte ihm im ersten Zorn In´s dicke Fell den scharfen Dorn; Doch bracht´ auch dies ihm wenig Not, Er zuckte nicht, er – war wohl tot!
Und ist ein großer Durchgang denn mein LebenDurch deinen Tempel, herrliche Natur,So ward mir doch ein schöner Trieb gegeben,Vom Höchsten zu erforschen jede Spur.So tränkt mich doch, bin ich auch selbst vergänglich,Ein Quell, der ewig ist und überschwenglich.
Zwei Freunde duellieren sich;Warum? ist schwer zu sagen,Es gilt ja gleich, aus welchem Grund,Wenn man sich nur geschlagen.Der erste schießt, die Kugel fehltUnd wühlt sich in den Rasen,Doch aus dem Neste scheucht der KnallDen feigsten aller Hasen.Er eilt von dannen überquerDa schießt der zweite eben,Auch dieser trifft nicht, doch sein BallRaubt unserm Matz das Leben.Nun reichen beide sich die Hand,Sie sind ja nicht von Eisen,Und werden beim VersöhnungsschmausDen Hasen gleich verspeisen.
Wir träumten voneinanderUnd sind davon erwacht.Wir leben, um uns zu lieben,Und sinken zurück in die Nacht.Du tratst aus meinem Traume,Aus deinem trat ich hervor,Wir sterben, wenn sich einesIm andern ganz verlor.Auf einer Lilie zitternZwei Tropfen rein und rund,Zerfließen in Eis und rollenHinab in des Kelches Grund.
Auf deinem Grabe saß ich stummIn lauer Sommernacht;Die Blumen blühten rings herum,Die schon dein Grab gebracht.Und still und märchenhaft umfingIhr Duft mich, süß und warm,Bis ich in sanftem Weh verging,Wie einst in deinem Arm.Und meine Augen schlossen sich,Vom Schlummer leicht begrüßt;Mir war, als würden sie durch dichMir leise zugeküßt.Still auf den Rasen sank ich hin,Der deinen Staub bedeckt,Doch ward zugleich der inn´re SinnMir wunderbar geweckt.Was ich geträumt, ich weiß es nicht,Ich ahn es nur noch kaum,Daß du, ein himmlisches Gesicht,Mir nahe warst im Traum.Doch, was dies flücht´ge WiedersehnIn meiner Brust geschafft,Das kann die Seele wohl verstehn,Die glüht in neuer Kraft.Du hast der Dinge Ziel und GrundAn Gottes Thron durchschaut,Und tatest kühn mir wieder kund,Was dir der Tod vertraut.Und wenn das große LösungswortAuch mit dem Traum entschwand,So wirkt es doch im Tiefsten fort,Gewaltig, unerkannt!
Schlafen, schlafen, nichts als schlafen!Kein Erwachen, keinen Traum!Jener Wehen, die mich trafen,Leisestes Erinnern kaum,Dass ich, wenn des Lebens FülleNieder klingt in meine Ruh!Nur noch tiefer mich verhülle,Fester zu die Augen tu!
Aus dem gold´nen Morgen-QualmSich herniederschwingend,Hüpft die Meise auf den Halm,Aber noch nicht singend.Doch der Halm ist viel zu schwach,Um nicht bald zu knicken,Und nur, wenn sie flattert, magSie sich hier erquicken.Ihre Flügel braucht sie nunFlink und unverdrossen,Und indeß die Füßchen ruh´n,Wird ein Korn genossen.Einen kühlen Tropfen ThauSchlürft sie noch daneben,Um mit Jubel dann in´s Blau Wieder aufzuschweben.
Seele, die du unergründlichTief versenkt, dich ätherwärtsSchwingen möchtest und allstündlichDich gehemmt wähnst durch den Schmerz,An den Taucher, an den stillen,Denke, der in finstrer SeeFischt nach eines Höhern Willen.Nur vom Atmen kommt sein Weh.Ist die Perle erst gefundenIn der öder Wellengruft,Wird er schnell emporgewunden,Daß ihn heitre Licht und Luft.Was sich lange ihm verhehlte,Wird ihm dann auf einmal klar,Daß, was ihn im Abgrund quälte,Eben nur sein Leben war.