Blond und fein, ein Lockenköpfchen,Das kaum vier der Jahre hat,Trippelt ängstlich durch das Gäßchen,Jeder Schritt noch eine Tat.Eier trägt es in den Händen,Die es so verlegen hält,Wie auf alten KaiserbildernKarl der Große seine Welt.Arme Kleine! Wenn sie fielen,Gäb´ es keinen Kuchen mehr,Und der Weg ist so gefährlichUnd das Herzchen pocht so sehr!Hätte sie geahnt, wie teuerOft sich büßt der Tatendrang,Nimmer hätt´ sie ihn der MutterAbgeschmeichelt, diesen Gang.Dennoch käm´ sie wohl zu Hause,Forderte der Kirschenstrauß,Den die Krämerin ihr schenkte,Nur den Durst nicht so heraus.Doch sie möchte eine kostenVon den Beeren rund und rot,Denn es sind für sie die ersten,Und das bringt ihr große Not.Ihre Hand zum Mund zu führen,Wagt sie nimmer, denn das EiKönnte ihr derweil entschlüpfen,Hält sie doch den Strauß dabei.Drum versucht sie´s, sich zu bücken,Doch die Kluft ist gar zu weit,Und sie spitzt umsonst die LippenNach der würz´gen Süßigkeit.Aber sie gerät ins Straucheln,Und das Unglück wär´ geschehn,Bliebe sie nicht auf der StelleWie erstarrt vor Schrecken, stehn.Denn die Eier wollten gleiten,Und sie hält sie nur noch fest,Weil sie beide unwillkürlichGegen Leib und Brust gepreßt.Lange wird es zwar nicht dauern:Bellt der erste kleine Hund,Fährt sie noch einmal zusammen,Und sie rollen auf den Grund.Doch da springt, den KüchenlöffelIn der mehlbestäubten Hand,Ihr die Mutter rasch entgegen,Und das Unglück ist gebannt.
Sie hat ein Kind geboren, Zu höchster Lust in tiefstem Leid, Und ist nun ganz verloren In seine stumme Lieblichkeit. Es blüht zwei kurze Tage, So daß sie´s eben küssen mag, Und ohne Laut und Klage Neigt es sein Haupt am dritten Tag. Und wie es still erblaßte, So trägt sie still den heil´gen Schmerz, Und eh´ sie´s ganz noch faßte, Daß es dahin ist, bricht ihr Herz. Der mit dem Lilienstengel Sonst tritt aus einem finstern Thor, Er ging, der Todes-Engel, Aus ihrem eig´nen Schooß hervor.
Wenn ich, o Kindlein, vor dir stehe,Wenn ich im Traum dich lächeln sehe,Wenn du erglühst so wunderbar,Da ahne ich mit süßem Grauen:Dürft´ ich in deine Träume schauen,So wär´ mir alles, alles klar.Dir ist die Erde noch verschlossen,Du hast noch keine Lust genossen,Noch ist kein Glück, was du empfindest.Wie könntest du so süß denn träumen,Wenn du nicht noch in jenen Räumen,Woher du kamest, dich ergingst ?Drum wenn, o Kind, ich vor dir stehe,Wenn ich im Traum dich lächeln sehe,Wenn du erglühst so wunderbar,Da ahne ich mit süßem Grauen:Dürft´ ich in deine Träume schauen,So wär´ mir alles, alles klar.
»Du säest Zähne des Drachen,Geharnischte Männer erstehn;Doch, Armer, sie werden nicht für dich,Sie werden gegen dich gehen!«Und mögen sie mich auch verwundenUnd senken ins eisige Grab –Sie sind doch kräftige KämpenDer Herrin, der ich mich ergab.Und mag ich der Herrin nur dienen,So will ich ja gerne vergehn,Drum säe ich Zähne des DrachenUnd freue mich, wenn sie erstehn!
Schilt nimmermehr die Stunde hart,Die fort von dir was Teures reißt;Sie schreitet durch die GegenwartAls ferner Zukunft dunkler Geist.Sie will dich vorbereiten, ernst,Auf das, was unabwendbar droht,Damit du heut entbehren lernst,Was morgen sicher raubt der Tod.
Dein Auge glüht nicht mehr, wie einst, Und deine Wang´ ist nicht mehr roth, Und wenn du jetzt vor Sehnsucht weinst, So gilt es Keinem, als dem Tod. Nichts bist du, als ein Monument, Das, halb verwittert und gering, Nur kaum noch einen Namen nennt, Mit dem ein Leben unterging. Doch, wie hervor die Todten geh´n Aus ihrer Gruft in mancher Nacht, Darfst du zuweilen aufersteh´n Zu altem Glanz und alter Pracht, Wenn tief dich ein Gefühl ergreift, Wie es vielleicht dich einst bewegt, Und dir den Schnee vom Herzen streift, Der längst sich schon darauf gelegt. Da bist du wieder, wie zuvor, Und was die Mutter einst entzückt, Wodurch du der Gespielen Chor Einst anspruchlos und still beglückt, Das Alles ist noch einmal dein, Von einem Wunderstral erhellt, Gleichwie vom späten Mondenschein Die rings in Schlaf begrabne Welt. Mir aber wird es trüb zu Muth, Mir sagt ein unbekannter Schmerz, Daß tief in dir verschlossen ruht, Was Gott bestimmt hat für mein Herz, Und will´s dann hin zu dir mich zieh´n, Ach, mit allmächtiger Gewalt, So muß ich stumm und blutend flieh´n, Denn du bist wieder todt und kalt.
Es sind zwei treue Brüder,Die ziehn in den Streit hinaus,Noch reden sie hin und wieder,Da schmettert´s den einen danieder,Der andere sieht´s mit Graus.Der Bruder in seinem BluteErregt ihm bitteren Schmerz;Daß ihn der Tod ereilte,Bevor er den Kampf noch teilte,Zerreißt ihm ganz das Herz.Der Sterbende blickt freundlichNoch einmal auf zu ihm,Dann greift er, als wär´ er der alte,Zur Büchse, die noch nicht knallte,Drückt ab mit Ungestüm.Nun bricht er wieder zusammenUnd lächelt, und ist tot. –Der andre, als er sich wandte,Sah einen Feind im Sande,Des Kugel ihm gedroht.
Der Alte sieht die junge Maid,Und fällt, versucht vom alten Triebe,Mit höchster Alters-ZierlichkeitAufs Knie und stottert schamhaft: Liebe!Sie lacht ihm nicht ins Angesicht,Sie kniet nur hin, wo er gelegen,Drückt seine Hand aufs Haupt und spricht:"Mein Vater, gebt mir euren Segen!"
Mir ward das Wort gegeben,daß ich´s gebrauche freiund zeige, wieviel Lebendrin eingeschlossen sei.Ich will ihn mutig schwingen,den geist´gen Donnerkeil,und kann er´s mir nicht bringen,so bringt er andern Heil!