Und dürft´ ich dich wecken zum SonnenlichtAus Schatten des Todes, ich thät es nicht,Ich sänke nieder an deinem GrabUnd leise raunt ich ein Lied hinab:Schlafe, ach schlafe!O laß in dein traumtiefes KämmerleinKein Fünkchen des schimmernden Licht´s hinein,Denn was die Sonne dir auch verspricht,So hell, so strahlend – sie hält es nicht.Schlafe, ach, schlafe.
Denkt euch, ich habe das Christkind geseh´n!Es kam aus dem Wald, das Mützchen voll Schnee,mit rotgefrorenem Näschen. Denn es trug einen Sack,der war gar schwer,schleppte und polterte hinter ihm her.Was drin war, möchtet ihr wissen?Ihr Naseweise, ihr Schelmenpack,meint ihr, er wäre offen, der Sack?Zugebunden bis oben hin!Doch war gewiß etwas Schönes drin,es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
Weißer Flöckchen Schwebefall,Stille Klarheit überall,Glockenklang und Schellenklingen,Mäulchen, die vom Christkind singen,Flammen, die von grünen ZweigenGläubig, strahlend aufwärts steigen,Und im tiefsten Herzen drinnenEin Erinnern, ein Besinnen …Neige dich, mein Herz, und bete,Daß das Christkind zu dir trete,Auch in deiner Schwachheit GründenEine Flamme zu entzünden,Die das Ringen Deiner TageGläubig strahlend aufwärts trage.
Ich sah einen Adler sich wiegenHoch oben im leuchtenden Blau,Er schaute aus ewigen FernenHerab auf mich einsame Frau.Es standen so träumend die Felder,So lockend die Berge umher,Da flog meine Sehnsucht zum Adler,Zog weitere Kreise als er.
Ich wollt´, ich wär´ des Sturmes Weib,Es sollte mir nicht grausen,Auf Felsenhöhen wohnt ich dann,Dort, wo die Adler hausen.Die Sonne wäre mein Gespiel,Die Winde meine Knappen,Mit dem Gemahl führ´ ich dahinAuf flücht´gem Wolkenrappen.Frei würd´ ich sein und stolz und groß,Die Königin der Ferne,Tief unter mir die dumpfe WeltUnd über mir die Sterne!
In hoher Luft die Möwe ziehtAuf einsam stolzen Wegen,Sie wirft mit todesmuth’ger BrustDem Sturme sich entgegen.Er rüttelt sie, er zerrt an ihrIn grausam wildem Spiele –Sie weicht ihm nicht, sie ringt sich durch,Gradaus, gradaus zum Ziele.O laß mich wie die Möwe sein,Wie auch der Sturm mich quäle,Nach hohem Ziel, durch Kampf und Not:Gradaus, gradaus, o Seele!
Hast nicht ein einzig Mal zurückgeschaut,Den langen Weg!Froh schrittest du dahin und sangest lautIm Waldgeheg.Ich aber nestelte in bittrem LeidDen kleinen StraußVerwelkter Veilchen von dem weißen Kleid –Es war ja aus!Und rings auf Erden war es Frühling doch,auf allen Höhn,In allen Thälern lag die Sonne noch,So wunderschön!
Ein Rad gebrochen... Da liegt das Heu... Da liegt der Wagen, und nebenbei ein blasses, schmächtiges Dirnlein steht, das heulend die Zipfel der Schürze dreht. "Was willst denn"? Ich streichle ihm sanft das Gesicht. Da zeigt´s auf den riesigen Wagen, und spricht, das zitternde Stimmchen von Schluchzen zerrissen: "Sie sagen, ich hätte ihn umgeschmissen".
Wie die Blumen, die zwischen dem Grase stehn,Verwelken, daß keine Spur mehr bleibt,So wird die Zeit meine Noth verwehnUnd die Sehnsucht, die mich zum Blühen treibt,Und wird von all meinem drängenden LebenKaum noch ein Hauch in den Lüften schweben.Geht wohl ein Kind an der Stätte hin,Darunter ich todt und vergangen bin,Bricht Blumen von meinem Hügel und lacht:– O sieh nur, Mutter, die bunte Pracht. –Und die Mutter schmiegt um des Lieblings WangenDie Blüthen, die meinem Staub entsprangen.
Arme Seele, die sich selbst verzehrt!Sehnsucht, die ins Leben möchte greifenUnd dem blühenden doch angstvoll wehrt –Arme Hand, die an dem goldnen ReifenHeimlich dreht, weil sie das Glück begehrt,Und doch nicht vermag, ihn abzustreifen –Augen, die dem Lichte abgekehrt,Ruhelos durch Nacht und Dunkel schweifen –Jene Weisheit, die »Entsagung« lehrt,Werdet ihr die bittre je begreifen?