Es huscht die Nacht vorbei auf leisen Sohlen,Schwül weht ihr Athemzug zu ihm herauf,Im Garten schließt der zitternden ViolenLichtscheue Schaar die blassen Kelche auf.Und in die Winde, die sein Haupt umkosenWie eine linde, weiche Frauenhand,Mischt sich ein Duft von Heliotrop und Rosen,Der süße Duft, den er so wohl gekannt.Sie trug ihn einst, die er im Arm gehalten,Die hingeschmiegt an seiner Brust geruht,Er stieg empor aus des Gewandes Falten,Aus ihres Hauptes gold´ner Lockenfluth.Er war ihr eigen, wie der Nacht die Träume,Und als sie längst sich seinem Arm entwand,Zog noch der schwere Duft durch seine RäumeEin Frühlingsgruß, da lang der Frühling schwand.So lang ist´s her! Die Jahre sind entschwundenEr ward ein müder, freudeloser Mann,Dem Keiner mehr den Rausch verblühter StundenVon der durchfurchten Stirne lesen kann.Doch wenn die schwülen Sommerwinde wehen,In´s Fenster zieht des Heliotrops Duft,Dann will ihr Bildniß ihm wie einst erstehen,Dann steigt die Jugend aus der stillen Gruft.
Wie liegt die Welt so stille,Als hätt´ ein heil´ger WilleSie fest mit Schlaf umhegt;Die weißen Nebel steigen, Der Wind schläft in den Zweigen,Kein Blättchen sich mehr regt.Auf dunklen HimmelswogenKommt nun die Nacht gezogenIn ihrem goldnen Kahn,Ich steh´ in meinem Garten,Als sollt ich wen erwarten –Und geh´ doch Niemand an!
Der Frühling blüht! Herz – war er je so schön?Lag je ein solcher Schimmer auf den HöhnUnd in den Thälern solch ein lieber Glanz?Ein jeder Baum trägt seinen Blüthenkranz –Auch du, mein Haupt, willst unter grünen ZweigenDich ahnungsvoll dem Glück entgegen neigen.Die beiden Hände drück´ ich auf die Brust –Ist´s Schmerz, der drinnen lodert, ist es Lust?Ach, wunderlich verwoben und verwebtIst Beides mir, und meine Sehnsucht schwebtDarüber hin, aus dieses Frühlings ZagenIn der Erfüllung Frieden mich zu tragen.
Er rauscht und rauscht ...Unaufhaltsam strömt er vorbei,Der schimmernde Strom unsres Lebens,Wir aber jauchzen ihm zu.Wir stehen am UferTörichte Kinder,Wir schauen hinein in die tanzenden WogenUnd werfen Blumen hinab,Blumen und Kränze.Die Welle erfaßt sie mit gierigen Händen,Sie trägt sie davon in wirbelndem Spiel.Weit ... weit ...Dann schrecken wir auf,Sehn unsre leeren, zitternden Hände,Rufen den BlumenUnd weinen.
Oft denk ich: wenn du bei mir wärestUnd meiner Sehnsucht wilde FlutSich in dein liebes Herz ergösse,Dann wäre Alles, Alles gut!Und schüttle dann die Stirne leiseUnd weiß – es bliebe doch ein Rest,Der auch vom treusten MenschenherzenSich nicht zur Ruhe bringen läßt.
Sturm, wer gab dir den Atem?Welle, wer gab dir Flügel?Und du Vöglein droben im schimmernden Blau,Wer rief dich über die Hügel?Ich weiß, ach ich weiß …Es geht eine alte Melodie,Die war mit der Menschheit geboren,Jahrtausende starben, sie hat sich nieIm Lärmen des Tages verloren:Sehnsucht, Sehnsucht,Treibende Macht!Gott, der in FesselnDer Knechtschaft lacht,Zagenden heimlich die Schwingen löst,Trunk’ne hinab in den Abgrund stößt,Sonne des Tages,Seele der Nacht –Sehnsucht, Sehnsucht,Treibende Macht!
Ich lache ja, bin lustig wie die andern!Nur dann und wannSchaut die Verzweiflung mich aus einem WinkelDer Seele an.Dann schleiche ich mit jäh erblaßten LippenMich still hinaus,Reiß mir das bunte Narrenkleid vom LeibeUnd weine mich aus.
Wie regt des Abendsverliebter Hauchso sanft die Wellenund Busch und Strauch,drückt weiche Faltenin mein Gewandund hebt mir schmeichelnddas Gürtelband.Ein Gruß ... ein Seufzer ...ein heimlich Wehn –ward nicht gesprochen,ist nichts geschehn,und dennoch weiß ichzu dieser Frist,daß meine Stunde gekommen ist ...Durch meine Seele ein Ahnen geht,daß auf der Schwelle die Liebe steht.
Kein Licht am Himmel,Kein Laut auf den Gassen ...In Dunkel und Stille,Wie bin ich verlassen.Es rauschen die Bäume ...Der Wind hebt sich leiseZu friedloser Irrfahrt,Zu freudloser Reise.Das Feuer im OfenSinkt knisternd zusammen,Von Asche begraben,Ersticken die Flammen.Die Lampe nur leuchtetHinein in das ZimmerUnd breitet um AllesDen ruhigen Schimmer.Sie weckt an den WändenDie Bilder der LiebenUnd segnet das Lied,Das ich weinend geschrieben.Und weiß wie ein FreundVon vergangenen TagenMir tausend vergesseneDinge zu sagen.Die tönen wie MärchenVoll Sonne und FreudeHinein in das graue,Verlassene Heute.
O Sehnsucht, wilder Falke mein,Willst du auch müde werden?Dess´ Heimat hoch im Blauen war,Behagt´s dir nun auf Erden?Wie oft hast du den jungen SinnAus diesen grauen TagenHoch über Sorge, Not und LeidGetragen.Bis mir das dunkle Tal entschwandIm märchenweiter FerneUnd um mein glühend Haupt sich bogDas Diadem der Sterne.Nun beugst auch du die stolze StirnUnd läßt die Flügel hängen,Nun hat auch dich die SorgenfrauGefangen.Brich deine Fesseln, Wanderfalk,Und hebe dein Gefieder -Siehst du die Sterne droben glühn,Hörst du die süßen Lieder?Es ist die Heimat, die uns ruft,Sie lockt mit Lust und Wonne,Steig auf mit hellem JubelschreiZur Sonne!