Wer je gelebt in Liebesarmen,Der kann im Leben nie verarmen;Und müßt´ er sterben fern, allein,Er fühlte noch die sel´ge Stunde,Wo er gelebt an ihrem Munde,Und noch im Tode ist sie sein.
Im Dunkeln saß verlassen ein KindUnd weinte hinaus in Nacht und Wind,Und streckte empor die zitternde Hand,Das blaue Auge gen Himmel gewandt."Du Vater dort oben, mein Vater du,Komm, führ mich Verlaßnen der Mutter zu,In die schwarze Erde, da grub man sie einUnd ließ mich Armen so ganz allein."Und Gott im Himmel hörte sein Flehn,Er hatte die weinende Unschuld gesehn:"Verlassen wäre das Kindlein mein?Wo die Mutter ist, da muß das Kindlein sein!"Und der Engel des Todes umfaßte mildDer trostlosen Unschuld trauerndes Bild:"Lieb Herz, sei ruhig und sonder Harm,Ich führe dich ja in der Mutter Arm!""Du, fremder Mann, wie gut du bist!So weißt du, wo meine Mutter ist?O eile, und bringe mich hin zu ihr,Die Mutter liebt mich, sie dankt es dir!""Du Kindlein, siehst du die Blitze glühn?Dahin woll´n wir gläubigen Sinnes ziehn.Oft sahst du der Sterne trauliches Licht?Dort wohnt der Herrgott, der lässet uns nicht."Und Weste umsäuseln sie lau und klar,und Rosen umdüften sie wunderbar.Bei der Himmelspforte langen sie an,Da war die Pforte schon aufgetan.Und Kindlein sank an der Mutter BrustUnd trank den Becher der reinen LustUnd sah viel liebliche Blümlein blühnUnd spielte mit Engeln auf weichem Grün!
Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,bis auf den letzten Hauch von Leben leer;die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,so gräbt er, glaub´ ich, sich hinein ins Grab.Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,wirft einen letzten Blick auf´s öde Land,doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,trotzt ihr der Tod im weissen Festgewand.
Hab Achtung vor dem MenschenbildUnd denke, daß, wie auch verborgen,Darin für irgendeinen MorgenDer Keim zu allem Höchsten schwillt!Hab Achtung vor dem MenschenbildUnd denke, daß, wie tief er stecke,Ein Hauch des Lebens, der ihn wecke,Vielleicht aus deiner Seele quillt!Hab Achtung vor dem Menschenbild!Die Ewigkeit hat eine Stunde,Wo jegliches dir eine WundeUnd wenn nicht die, ein Sehnen stillt!
Jüngst traf ich einen alten Mann Und hub ihm vorzusingen an, Doch an den Mienen des Gesichts Bemerkt´ ich bald, er höre nichts. Da dachte ich: der Greis ist taub, Drum wird dein Lied des Windes Raub, So tu´ ihm denn, nicht durch den Mund, Durch Zeichen dies und jenes kund. Ich tat´s, doch ward mir leider klar, Daß er auch schon erblindet war, Denn, wie der Frosch aus seinem Sumpf, Hervorglotzt, sah er dumpf und stumpf, Und ungestört in seiner Ruh´, Der Sprache meiner Finger zu. Ich rief: mit dem steht´s schlimm genug, Doch mögt´ ich ihm den letzten Zug Noch gönnen aus dem Lebensquell! Da reicht´ ich ihm die Rose schnell, Die ich für meine Braut gepflückt, Allein auch das ist schlecht geglückt, Ihm schien der Duft nicht mehr zu sein, Wie einem Gartengott von Stein. Nunmehr verlor ich die Geduld, Ich dacht´ an meines Mädchens Huld, Die mir so schmählig jetzt entging, Da sie die Rose nicht empfing, Und jagte ihm im ersten Zorn In´s dicke Fell den scharfen Dorn; Doch bracht´ auch dies ihm wenig Not, Er zuckte nicht, er – war wohl tot!
Laura schließt die holden Augenlider,Meine Himmelstüren tun sich zu;Komm, o lieber Traumgott, komm herniederUnd versüße ihre Ruh´!Zeige ihr der Schönheit höchste Blüte,Wie sie steht im himmlischen Gefild,Sanft verschmolzen mit der reinsten Güte –Zeige ihr dein schönstes Bild!Und der Gott erhörte meine Bitte,Und er schwebte nieder lind und mild,Nahte ihr mit zephirleichtem Schritte,Und sie sah – ihr eignes BIld.
Aus dem gold´nen Morgen-QualmSich herniederschwingend,Hüpft die Meise auf den Halm,Aber noch nicht singend.Doch der Halm ist viel zu schwach,Um nicht bald zu knicken,Und nur, wenn sie flattert, magSie sich hier erquicken.Ihre Flügel braucht sie nunFlink und unverdrossen,Und indeß die Füßchen ruh´n,Wird ein Korn genossen.Einen kühlen Tropfen ThauSchlürft sie noch daneben,Um mit Jubel dann in´s Blau Wieder aufzuschweben.
Ich legte mich unter den Lindenbaum,In dem die Nachtigall schlug;Sie sang mich in den süßesten Traum,Der währte auch lange genug. Denn nun ich erwache, nun ist sie fort,Und welk bedeckt mich das Laub;Doch leider noch nicht, wie am dunklern Ort,Verglühte Asche der Staub.
Seele, die du unergründlichTief versenkt, dich ätherwärtsSchwingen möchtest und allstündlichDich gehemmt wähnst durch den Schmerz,An den Taucher, an den stillen,Denke, der in finstrer SeeFischt nach eines Höhern Willen.Nur vom Atmen kommt sein Weh.Ist die Perle erst gefundenIn der öder Wellengruft,Wird er schnell emporgewunden,Daß ihn heitre Licht und Luft.Was sich lange ihm verhehlte,Wird ihm dann auf einmal klar,Daß, was ihn im Abgrund quälte,Eben nur sein Leben war.
Auf deinem Grabe saß ich stummIn lauer Sommernacht;Die Blumen blühten rings herum,Die schon dein Grab gebracht.Und still und märchenhaft umfingIhr Duft mich, süß und warm,Bis ich in sanftem Weh verging,Wie einst in deinem Arm.Und meine Augen schlossen sich,Vom Schlummer leicht begrüßt;Mir war, als würden sie durch dichMir leise zugeküßt.Still auf den Rasen sank ich hin,Der deinen Staub bedeckt,Doch ward zugleich der inn´re SinnMir wunderbar geweckt.Was ich geträumt, ich weiß es nicht,Ich ahn es nur noch kaum,Daß du, ein himmlisches Gesicht,Mir nahe warst im Traum.Doch, was dies flücht´ge WiedersehnIn meiner Brust geschafft,Das kann die Seele wohl verstehn,Die glüht in neuer Kraft.Du hast der Dinge Ziel und GrundAn Gottes Thron durchschaut,Und tatest kühn mir wieder kund,Was dir der Tod vertraut.Und wenn das große LösungswortAuch mit dem Traum entschwand,So wirkt es doch im Tiefsten fort,Gewaltig, unerkannt!