Seele, die du unergründlichTief versenkt, dich ätherwärtsSchwingen möchtest und allstündlichDich gehemmt wähnst durch den Schmerz,An den Taucher, an den stillen,Denke, der in finstrer SeeFischt nach eines Höhern Willen.Nur vom Atmen kommt sein Weh.Ist die Perle erst gefundenIn der öder Wellengruft,Wird er schnell emporgewunden,Daß ihn heitre Licht und Luft.Was sich lange ihm verhehlte,Wird ihm dann auf einmal klar,Daß, was ihn im Abgrund quälte,Eben nur sein Leben war.
Zwei Freunde duellieren sich;Warum? ist schwer zu sagen,Es gilt ja gleich, aus welchem Grund,Wenn man sich nur geschlagen.Der erste schießt, die Kugel fehltUnd wühlt sich in den Rasen,Doch aus dem Neste scheucht der KnallDen feigsten aller Hasen.Er eilt von dannen überquerDa schießt der zweite eben,Auch dieser trifft nicht, doch sein BallRaubt unserm Matz das Leben.Nun reichen beide sich die Hand,Sie sind ja nicht von Eisen,Und werden beim VersöhnungsschmausDen Hasen gleich verspeisen.
Wir schreiten lange stumm und stillZusammen durch das Leben;Wenn auch das Herz sich öffnen will, So schließt sich´s doch mit Beben.Wir pressen schweigend Hand in Hand,Das Auge perlt von Tränen,Da wird erkannt, doch nicht genannt,Was wir mit Angst ersehnen.Doch naht sie, ernst und finster, nun,Die bange Trennungsstunde,Da kann das Herz nicht länger ruhn,Springt auf wie eine Wunde.Dann wir Armen schnell vereintIn schmerzlich süßem Triebe,Und jeder frägt, und jeder weint:Du hattest so viel Liebe?Tief sind wir in den süßen Tausch,Ach, allzutief, versunken,Wir haben uns in wildem RauschDie Seelen zugetrunken.Man fühlt, was Mensch dem Menschen ist,Dann aber soll man scheiden,Und in der Stund´, wo mans ermißt,Muß man´s auf ewig meiden.
Schilt nimmermehr die Stunde hart,Die fort von dir was Teures reißt;Sie schreitet durch die GegenwartAls ferner Zukunft dunkler Geist.Sie will dich vorbereiten, ernst,Auf das, was unabwendbar droht,Damit du heut entbehren lernst,Was morgen sicher raubt der Tod.
Im großen ungeheuren OzeaneWillst du, der Tropfe, dich in dich verschließen?So wirst du nie zur Perl’ zusammenschießen,Wie dich auch Fluten schütteln und Orkane!Nein! öffne deine innersten OrganeUnd mische dich im Leiden und GenießenMit allen Strömen, die vorüberfließen;Dann dienst du dir und dienst dem höchsten Plane.Und fürchte nicht, so in die Welt versunken,Dich selbst und dein Ur-Eignes zu verlieren:Der Weg zu dir führt eben durch das Ganze!Erst, wenn du kühn von jedem Wein getrunken,Wirst du die Kraft im tiefsten Innern spüren,Die jedem Sturm zu stehn vermag im Tanze!
»Du säest Zähne des Drachen,Geharnischte Männer erstehn;Doch, Armer, sie werden nicht für dich,Sie werden gegen dich gehen!«Und mögen sie mich auch verwundenUnd senken ins eisige Grab –Sie sind doch kräftige KämpenDer Herrin, der ich mich ergab.Und mag ich der Herrin nur dienen,So will ich ja gerne vergehn,Drum säe ich Zähne des DrachenUnd freue mich, wenn sie erstehn!
Ich schlaf, ich wach, ich geh, ich steh,Ich kann dein nit vergessen;Mich deucht, daß ich dich allzeit seh,Du hast mein Herz besessen.Wie hübsch sein dein Gebärden!Für dich hab ich doch gar kein RuhAuf dieser Welt und Erden.
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeitdie letzten Häuser in das Land verirr´n.Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,die großen Städte knieen um ihn her.Der Kirchenglocken ungeheure Zahlwogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.Wie Koybanten-Tanz dröhnt die Musikder Millionen durch die Straßen laut.Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrikziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.Das Wetter schwelt in seinen Augenbrauen.Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.Die Stürme flattern, die wie Geier schauenvon seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.Er streckt ins Dunkle seine Fleischerfaust.Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagtdurch eine Straße. Und der Glutqualm braustund frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.
Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,bis auf den letzten Hauch von Leben leer;die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,so gräbt er, glaub´ ich, sich hinein ins Grab.Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,wirft einen letzten Blick auf´s öde Land,doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,trotzt ihr der Tod im weissen Festgewand.
Jüngst traf ich einen alten Mann Und hub ihm vorzusingen an, Doch an den Mienen des Gesichts Bemerkt´ ich bald, er höre nichts. Da dachte ich: der Greis ist taub, Drum wird dein Lied des Windes Raub, So tu´ ihm denn, nicht durch den Mund, Durch Zeichen dies und jenes kund. Ich tat´s, doch ward mir leider klar, Daß er auch schon erblindet war, Denn, wie der Frosch aus seinem Sumpf, Hervorglotzt, sah er dumpf und stumpf, Und ungestört in seiner Ruh´, Der Sprache meiner Finger zu. Ich rief: mit dem steht´s schlimm genug, Doch mögt´ ich ihm den letzten Zug Noch gönnen aus dem Lebensquell! Da reicht´ ich ihm die Rose schnell, Die ich für meine Braut gepflückt, Allein auch das ist schlecht geglückt, Ihm schien der Duft nicht mehr zu sein, Wie einem Gartengott von Stein. Nunmehr verlor ich die Geduld, Ich dacht´ an meines Mädchens Huld, Die mir so schmählig jetzt entging, Da sie die Rose nicht empfing, Und jagte ihm im ersten Zorn In´s dicke Fell den scharfen Dorn; Doch bracht´ auch dies ihm wenig Not, Er zuckte nicht, er – war wohl tot!