Laß den Jüngling, der dich liebt,Eine Lilie pflücken,Eh´ dein Herz sich ihm ergibt,Um ihn zu beglücken.Wird kein Tropfen von dem TauDann durch ihn vergossen,Der sie tränkte auf der Au,Sei der Bund geschlossen.Wer so zart die Blume bricht,Daß sie nicht entwallen,Sorgt auch, daß die Tränen nicht,Deinem Aug´ entfallen.
"Sag an, o lieber Vogel mein,Sag an, wohin die Reise dein?"Weiß nicht, wohin,Mich treibt der Sinn,Drum muß der Pfad wohl richtig sein!"Sag an, o liebster Vogel mir,Sag, was verspricht die Hoffnung dir?Ach, linde Luft Und süßen DuftUnd neuen Lenz verspricht sie mir!"Du hast die schöne Ferne nieGesehen, und du glaubst an sie?"Du frägst mich viel,Und das ist Spiel,Die Antwort aber mach mir Müh´!Nun zog in gläubig-frommem SinnDer Vogel übers Meer dahin,Und linde LuftUnd süßer Duft,Sie wurden wirklich sein Gewinn!
So will es der Beraterder Welt, daß in der Kunstdas Kind den eignen Vaterbelehrt durch seine Gunstund für die heil´ge Schüsselvoll Blut, die er vergießt,ihm dankt mit einem Schlüssel,der ihm das All erschließt!
Der Alte sieht die junge Maid,Und fällt, versucht vom alten Triebe,Mit höchster Alters-ZierlichkeitAufs Knie und stottert schamhaft: Liebe!Sie lacht ihm nicht ins Angesicht,Sie kniet nur hin, wo er gelegen,Drückt seine Hand aufs Haupt und spricht:"Mein Vater, gebt mir euren Segen!"
Wenn zwei sich ineinander still versenken,Nicht durch ein schnödes Feuer aufgewiegelt,Nein, keusch in Liebe, die die Unschuld spiegelt,Und schamhaft zitternd, während sie sich tränken; Dann müssen beide Welten sich verschränken,Dann wird die Tiefe der Natur entriegelt,Und aus dem Schöpfungsborn, im Ich entsiegelt,Springt eine Welle, die die Sterne lenken. Was in dem Geist des Mannes, ungestaltet,Und in der Brust des Weibes, kaum empfundenAls Schönstes dämmerte, das muß sich mischen; Gott aber tut, die eben sich entfaltet,Die lichten Bilder seiner jüngsten StundenHinzu, die unverkörperten und frischen.
Auf deinem Grabe saß ich stummIn lauer Sommernacht;Die Blumen blühten rings herum,Die schon dein Grab gebracht.Und still und märchenhaft umfingIhr Duft mich, süß und warm,Bis ich in sanftem Weh verging,Wie einst in deinem Arm.Und meine Augen schlossen sich,Vom Schlummer leicht begrüßt;Mir war, als würden sie durch dichMir leise zugeküßt.Still auf den Rasen sank ich hin,Der deinen Staub bedeckt,Doch ward zugleich der inn´re SinnMir wunderbar geweckt.Was ich geträumt, ich weiß es nicht,Ich ahn es nur noch kaum,Daß du, ein himmlisches Gesicht,Mir nahe warst im Traum.Doch, was dies flücht´ge WiedersehnIn meiner Brust geschafft,Das kann die Seele wohl verstehn,Die glüht in neuer Kraft.Du hast der Dinge Ziel und GrundAn Gottes Thron durchschaut,Und tatest kühn mir wieder kund,Was dir der Tod vertraut.Und wenn das große LösungswortAuch mit dem Traum entschwand,So wirkt es doch im Tiefsten fort,Gewaltig, unerkannt!
Ich schlaf, ich wach, ich geh, ich steh,Ich kann dein nit vergessen;Mich deucht, daß ich dich allzeit seh,Du hast mein Herz besessen.Wie hübsch sein dein Gebärden!Für dich hab ich doch gar kein RuhAuf dieser Welt und Erden.
Ich legte mich unter den Lindenbaum,In dem die Nachtigall schlug;Sie sang mich in den süßesten Traum,Der währte auch lange genug. Denn nun ich erwache, nun ist sie fort,Und welk bedeckt mich das Laub;Doch leider noch nicht, wie am dunklern Ort,Verglühte Asche der Staub.
Seele, die du unergründlichTief versenkt, dich ätherwärtsSchwingen möchtest und allstündlichDich gehemmt wähnst durch den Schmerz,An den Taucher, an den stillen,Denke, der in finstrer SeeFischt nach eines Höhern Willen.Nur vom Atmen kommt sein Weh.Ist die Perle erst gefundenIn der öder Wellengruft,Wird er schnell emporgewunden,Daß ihn heitre Licht und Luft.Was sich lange ihm verhehlte,Wird ihm dann auf einmal klar,Daß, was ihn im Abgrund quälte,Eben nur sein Leben war.
Es steht ein Baum im Wüstensand, Der einzige, der dort gedieh; Die Sonne hat ihn fast verbrannt, Der Regen tränkt den durst´gen nie. In seiner falben Krone hängt Gewürzig eine Frucht voll Saft, Er hat sein Mark hinein gedrängt, Sein Leben, seine höchste Kraft. Die Stunde, wo sie, überschwer, Zu Boden fallen muß, ist nah´, Es zieht kein Wanderer daher, Und für ihn selbst ist sie nicht da.