Ich hab in kalten WintertagenIn dunkler, hoffnungsarmer ZeitGanz aus dem Sinne dich geschlagenO Trugbild der Unsterblichkeit.Nun, da der Sommer glüht und glänzet,Nun seh ich, daß ich wohlgetan,Aufs neu hab ich das Haupt bekränzet,Im Grabe aber ruht der Wahn.Ich fahre auf dem klaren Strome,Er rinnt mir kühlend durch die Hand,Ich schau hinauf zum Blauen DomeUnd such – kein bessres Vaterland.Nun erst versteh ich, die da blühet,Oh Lilie, deinen stillen Gruß:Ich weiß, wie sehr das Herz auch glühet,Daß ich wie du vergehen muß!Seid mir gegrüßt, ihr holden Rosen;In eures Daseins flücht´gem Glück –Ich wende mich vom SchrankenlosenZu eurer Anmut froh zurück.Zu glühn, zu blühn und ganz zu leben,Das lehret euer Duft und Schein,Und willig dann sich hinzugebenDem ewigen Nimmerwiedersein.
Der Winter ist eine ehrliche Haut,Ein alter Poldrian;Wie zornig er mir ins Auge schaut,Blick ich ihn wiederum an!Sein Blut ist kühl und starr wie Eis,Doch nie seine Treue wankt;Wie oft hab ich mich nächtlicherweisMit ihm herumgezankt!Da rüttelt er mir am GartentorUnd stampft auf den Beeten herum,Er schimpft mich einen sanguinischen Tor,Leichtgläubig und herzlich dumm!Viel Hoffnungen zieh ich in Scherben aufAm kalten Sternenschein,Da ist er besonders versessen draufUnd stürmt auf sie herein.Ich balge mich immer, so gut ich kann,Um jedes grüne Reis;Er aber entrupft sie, der harte Mann,Den Scherben büschelweis.Doch die mir der Alte stehenläßt,Die sind erprobt und gefeit!Die sind gelenzet und frühlingsfestUnd der Erfüllung geweiht!
Welch lieblich Wunder nimmt mein Auge wahr?Dort fließt ein Brünnlein, gar so frisch und klar,ein holzgeschnitzter Meergott gießt den Trankin eine ausgehöhlte Eichenbank!Der Westwind hat die Glut herangeweht,der alte Gott in vollen Flammen steht,und aus der Feuersäule quillt der Schwall,des Wasserstrahls lebendiger Kristall!Wie fröhlich tönt der schöne Silberstrang,gleich jenem Kleeblatt, das im Feuer sang!Du klares Leben, ew´ger Wellenschlag,was sendet aus der Tiefe dich zu Tag?Ich glaubt´, ein Brunnenhaus sei feuerfest,nun ist ein Häuflein Kohle hier der Rest!Die Quelle aber rieselt frisch und reinauch über Kohlen in die Welt hinein.Wer weiß, wie lange schon der Bergquell springt?Wer weiß, wie lang´ er noch zu Lichte dringt?Auf, schnitzelt einen neuen Brunnenmann,der wieder hundert Jahr ihn fassen kann!
Hoffnung hintergehet zwar,Aber nur was wankelmüthig;Hoffnung zeigt sich immerdarTreugesinnten Herzen gütig!Hoffnung senket ihren GrundIn das Herz, nicht in den Mund.
Die alte Heimat seh´ ich wieder,Gehüllt in herbstlich feuchten Duft;Er träufelt von den Bäumen nieder,Und weithin dämmert grau die Luft.Und grau ragt eine Flur im Grauen,Drauf geht ein Mann mit weitem SchrittUnd streut, ein Schatten nur zu schauen,Ein graues Zeug, wohin er tritt.Ist es der Geist verschollner Ahnen,Der kaum erstrittnes Land besät,Indeß zu Seiten seiner BahnenDer Speer in brauner Erde steht?Der aus vom Kampf noch blut´gen HändenDie Körner in die Furche wirft,So mit dem Pflug von End´ zu EndenEin jüngst vertriebnes Volk geschürft?Nein, den Genossen meines BlutesErkenn´ ich, da ich ihm genaht,Der langsam schreitend, schweren MutesDie Flur bestäubt mit Aschensaat.Die müde Scholle neu zu stärkenLäßt er den toten Staub verweh´n,So seh´ ich ihn in seinen WerkenGedankenvoll und einsam geh´n.Grau ist der Schuh an seinem Fuße,Grau Hut und Kleid, wie Luft und Land;Nun reicht er mir die Hand zum GrußeUnd färbt mit Asche mir die Hand.Das alte Lied, wo ich auch bliebe,Von Mühsal und Vergänglichkeit!Ein wenig Freiheit, wenig Liebe,Und um das Wie der arme Streit!Wohl hör´ ich grüne Halme flüsternUnd ahne froher Lenze Licht!Wohl blinkt ein Sichelglanz im Düstern,Doch binden wir die Garben nicht!Wir dürfen selbst das Korn nicht messen,Das wir gesät aus toter Hand;Wir gehn und werden bald vergessen,Und unsre Asche fliegt im Land!
Wende dich, du kleiner Stern,Erde! wo ich lebe,Daß mein Aug´, der Sonne fern,Sternenwärts sich hebe! Heilig ist die Sternenzeit,Öffnet alle Grüfte;Strahlende UnsterblichkeitWandelt durch die Lüfte.Mag die Sonne nun bislangAndern Zonen scheinen,Hier fühl´ ich ZusammenhangMit dem All´ und Einen!Hohe Lust! im dunkeln Tal,Selber ungesehen,Durch den majestät´schen SaalAtmend mitzugehen!Schwinge dich, o grünes Rund,In die Morgenröte!Scheidend rückwärts singt mein MundJubelnde Gebete
Wohin hat dich dein guter Stern gezogen,O Schulgenoß aus ersten Knabenjahren?Wie weit sind auseinander wir gefahrenIn unsern Schifflein auf des Lebens Wogen! Wenn wir die Untersten der Klasse waren,Wie haben wir treuherzig uns betrogen,Erfinderisch und schwärm´risch uns belogenVon Aventuren, Liebschaft und Gefahren! Da seh´ ich just, beim Schimmer der Laterne,Wie mir gebückt, zerlumpt ein VagabundMit einem Häscher scheu vorübergeht - ! So also wendeten sich unsre Sterne?Und so hat es gewuchert, unser Pfund?Du bist ein Schelm geworden - ich Poet!
Es ist nicht Selbstsucht und nicht Eitelkeit,Was sehnend mir das Herz gradüber trägt;Was mir die kühngeschwungene Brücke schlägt,Ist wohl der Stolz, der mich vom Staub befreit.Sie ist so eng, die grüne Erdenzeit,Unendlich aber, was den Geist bewegt!Wie wenig ist´s, was ihr im Busen hegt,Da ihr so satt hier, so vergnüglich seid!
Es war ein heitres goldnes Jahr,Nun rauscht das Laub im Sande,Und als es noch in Knopsen war,Da ging sie noch im Lande.Besehen hat sie Berg und TalUnd unsrer Ströme Wallen;Es hat im jungen SonnenstrahlIhr alles wohlgefallen.Ich weiß in meinem VaterlandNoch manchen Berg, o Liebe,Noch manches Tal, das Hand in HandUns zu durchwandern bliebe.Noch manches schöne Tal kenn´ ichVoll dunkelgrüner Eichen; –O fernes Herz, besinne dichUnd gib ein leises Zeichen!Da eilte sie voll Freundlichkeit,Die Heimat zu erlangen –Doch irrend ist sie allzu weitUnd aus der Welt gegangen.
Es ist auf Erden keine Nacht,Die nicht noch ihren Schimmer hätte,So groß ist keines Unglücks Macht,Ein Blümlein hängt an seiner Kette!Ist nur das Herz vom rechten Schlage,So baut es sich ein SternenhausUnd schafft die Nacht zum hellen Tage,Wo sonst nur Asche, Schutt und Graus.