O wär mein Herz das tiefe MeerUnd meine Feinde die Schiffe:Wie schleudert´ es sie hin und herAn meines Hasses Riffe!Und endlich schläng es unter sie,Hinunter in die Tiefe,Daß drüber glänzend spät und frühDer Meeresfrieden schliefe!So aber ist´s ´ne Welle kaum,Von tausenden nur eine,Doch nagt und wäscht ihr leichter SchaumAm morschen Schiffsgebeine!Wir Wellen brausen treu vereint,Und eine folgt der andern!Wir haben all den gleichen Feind,Nach dem wir spähn und wandern.Das Unglück ist der Wirbelwind,Der peitscht uns, bis wir schäumenUnd bis wir wach geschlagen sindVon unsern Wasserträumen.Und endlich sinkt im Trümmerfall,Was wir so lang getragen –Heil uns, wenn wir mit sattem SchwallDann oben zusammenschlagen!
Ob sie geschehn? Das ist hier nicht zu fragen;Die Perle jeder Fabel ist der Sinn,Das Mark der Wahrheit ruht hier frisch darin,Der reife Kern von allen Völkersagen.Es war der erste Schuss eines Alleswagen,Kind, Leib und Gut, an köstlichen Gewinn:Blick´ her, Tyrann! was ich nur hab´ und bin,Will ich beim ersten in die Schanze schlagen!Und du stehst leer und heillos, wie du bist,Und lässest fühllos dir am Herzen rütteln,Und spiegelst lächelnd dich in meinem Blut?Und immer: Nein? – Verlaufen ist die Frist!Verflucht sei deines Hauptes ewig Schütteln!O zweiter, heil´ger Schuss, nun triff mir gut!
Willst du, o Herz, ein gutes Ziel erreichen,mußt du in eigner Angel schwebend ruhn;ein Tor versucht zu gehn in fremden Schuhn,nur mit sich selbst kann sich der Mann vergleichen!Ein Tor, der aus des Nachbars Kinderstreichensich Trost nimmt für das eigne schwache Tun,der immer um sich späht und lauscht und nunsich einen Weg bestimmt nach falschen Zeichen!Tu frei und offen, was du nicht willst lassen,doch wandle streng auf selbstbeschränkten Wegen –und lerne früh, nur deine Fehler hassen!Und ruhig geh den anderen entgegen;kannst du dein Ich nur fest zusammenfassen,wird deine Kraft die fremde Kraft erregen.
Die Schenke dröhnt, und an dem langen TischRagt Kopf an Kopf verkommener Gesellen;Man pfeift, man lacht; Geschrei, Fluch und GezischErtönte an des Trankes trüben Wellen. In dieser Wüste glänzt´ ein weißes Brot,Sah man es an, so ward dem Herzen besser;Sie drehten eifrig draus ein schwarzes SchrotUnd wischten dran die blinden Schenkemesser.Doch Einem, der da mit den andern schrie,Fiel untern Tisch des Brots ein kleiner Bissen;Schnell fuhr er nieder, wo sich Knie an KnieGebogen drängte in den Finsternissen.Dort sucht´ er selbstvergessen nach dem Brot,Doch da begann´s rings um ihn zu rumoren,Sie brachten mit den Füßen ihn in NotUnd schrie´n erbost: Was, Kerl! hast du verloren?Errötend taucht´ er aus dem dunklen GrausUnd barg es in des Tuches grauen Falten.Er sann und sah sein ehrlich VaterhausUnd einer treuen Mutter häuslich Walten.Nach Jahren aber saß derselbe MannBei Herrn und Damen an der Tafelrunde,Wo Sonnenlicht das Silber überspannUnd in gewählten Reden floh die Stunde.Auch hier lag Brot, weiß wie der Wirtin Hand,Wohlschmeckend in dem Dufte guter Sitten;Er selber hielt´s nun fest und mit Verstand,Doch einem Fräulein war ein Stück entglitten.O lassen Sie es liegen! sagt sie schnell;Zu spät, schon ist er unter´n Tisch gefahrenUnd späht und sucht, der närrische Gesell,Wo kleine seid´ne Füßchen stehn zu Paaren.Die Herren lächeln und die Damen zieh´nDie Sessel scheu zurück vor dem Beginnen;Er taucht empor und legt das Brötchen hin,Errötend hin auf das damast´ne Linnen.Zu artig, Herr! dankt ihm das schöne Kind,Indem sie spöttisch lächelnd sich verneigte;Er aber sagte höflich und gelind,Indem er sich gar sittsam tief verbeugte:Wohl einer Frau galt meine Artigkeit,Doch Ihnen diesmal nicht, verehrte Dame!Es galt der Mutter, die vor langer ZeitEntschlafen ist in Leid und bitt´rem Grame.
Liebe berauscht, sagt man.Liebe ernüchtert, sagt man.Liebe läßt klar sehen, sagt man.Liebe macht blind.Liebe verdirbt.Liebe veredelt.Liebe stärkt.Liebe schwächt.Liebe bringt Pein,und Liebe bringt Glück.Wo, wer ist jener Sagtman?Liebe macht gar nichts, erwidere ich ihm.Wir machen die Liebe zu dem, was sie uns wird.
Wie nun alles stirbt und endetUnd das letzte LindenblattMüd sich an die Erde wendetIn die warme Ruhestatt,So auch unser Tun und Lassen,Was uns zügellos erregt,Unser Lieben, unser HassenSei zum welken Laub gelegt.Reiner weißer Schnee, o schneie,Decke beide Gräber zu,Daß die Seele uns gedeiheStill und kühl in Wintersruh!Bald kommt jene Frühlingswende,Die allein die Liebe weckt,Wo der Haß umsonst die HändeDräuend aus dem Grabe streckt.
Nun ist der Lenz gekommen,Nun blühen alle Wiesen,Nun herrschen Glanz und FreudeAuf Erden weit und breit;Nur meine böse Herrin,Sie keift und zetert immerNoch wie in der betrübtenUnd kalten Winterzeit!Wenn ich am frühen MorgenMit aufgewachtem HerzenIm Garten grab´ und singe,Die Welt mir freundlich blickt,Wirft sie mir aus dem FensterDie ungefügten Worte,Daß rasch in meiner KehleDas kleine Lied erstickt.Und wenn mein VielgeliebterAm Hag vorüber wandeltUnd ein paar warme BlickeMir in die Seele warf,Höhnt sie am Mittagsmahle,Daß ich am untern EndeDas Auge nicht erhebenUnd mich nicht rühren darf.Daß hungernd ich, mit Thränen,Das Essen stehen lassenUnd mich hinweg muß wendenVoll Scham und voll Verdruß,Und weinend im VerborgnenDie Rinde harten BrotesMit all´ den harten RedenHinunter würgen muß.Sogar wenn ich am SonntagWill in die Kirche gehen,Und mir ein armes BändchenAm Hals nicht übel steht,Vergiftet sie mir neidischMit ungerechtem TadelDie wochenmüde Seele,Das tröstliche Gebet.Mag selber sie nur beten,Daß ihre eignen KinderNicht einmal dienen müssen,Wenn ihr das Glück entschwandUnd sie als arme MutterWird um die Häuser schleichen,Wo jene sind geschlagenVon böser Herrenhand!
Des Berges alte Wangen sindVon Maiensonne beschienen;Sie lächeln unter Quellenglanz,Die Schilfe, die Farren ergrünen.Die Kröte springt aus dem Kieselstein,Ein Hirt hat ihn zerschlagen;Sie schaut verdrossen die Scherben an,Und sie beginnt zu sagen:»Viel tausend Jahre bin ich altSamt diesem Futterale!Es schob vom hohen FelsgebirgAllmählich mit mir zu Tale.Doch manchmal in der Wasser SturzSind wir gewaltig gesprungen;Dann hat´s um meine dunkle KlausurGesungen und geklungen.Und wie mir ist – ich weiß es nicht,Noch was ich getrieben indessen;Ich hab im mindesten nichts gelerntUnd hatte nicht viel zu vergessen.Ein warmer Regen, ein grünes KrautNur konnten mir behagen;Sie liegen mir fort und fort im SinnAus fernen Jugendtagen.So hab ich ein langweilig StückUnsterblichkeit erworben;Hätt ich getrunken lebendige Luft,Längst wär ich vernünftig gestorben.«
Fliehendes Jahr, in duftigen SchleiernStreifend an abendrötlichen WeihernWallest du deine Bahn;Siehst mich am kühlen Waldsee stehen,Wo an herbstlichen UferhöhenZieht entlang ein stummer Schwan.Still und einsam schwingt er die FlügelTauchet in den Wasserspiegel,Hebt den Hals empor und lauscht;Taucht zum andern Male nieder,Richtet sich auf und lauschet wieder,Wie´s im flüsternden Schilfe rauscht.Und in seinem Tun und LassenWill´s mich wie ein Traum erfassen,Als ob´s meine Seele wär:,Die verwundert über das Leben,Über das Hin- und Widerschweben, Lugt´ und lauschte hin und her.Atme nur in vollen ZügenDieses friedliche GenügenEinsam auf der stillen Flur!Und hast du dich klar empfunden,Mögen enden deine Stunden,Wie zerfließt die Schwanenspur!
Tut auf den Ring und zieht ihn weit und weiter Durch tausend Boten über Berg und Tal! Bald glüht der Bund und flammet stets und heiter Den Völkern all ein friedlich Feuermal. Was schlecht ist, soll zerrinnen, Die Lüge nicht gewinnen! Ein furchtlos Herz und offene Bruderhand Gewinnt den Sieg im alten Heimatland!