Welch lieblich Wunder nimmt mein Auge wahr?Dort fließt ein Brünnlein, gar so frisch und klar,ein holzgeschnitzter Meergott gießt den Trankin eine ausgehöhlte Eichenbank!Der Westwind hat die Glut herangeweht,der alte Gott in vollen Flammen steht,und aus der Feuersäule quillt der Schwall,des Wasserstrahls lebendiger Kristall!Wie fröhlich tönt der schöne Silberstrang,gleich jenem Kleeblatt, das im Feuer sang!Du klares Leben, ew´ger Wellenschlag,was sendet aus der Tiefe dich zu Tag?Ich glaubt´, ein Brunnenhaus sei feuerfest,nun ist ein Häuflein Kohle hier der Rest!Die Quelle aber rieselt frisch und reinauch über Kohlen in die Welt hinein.Wer weiß, wie lange schon der Bergquell springt?Wer weiß, wie lang´ er noch zu Lichte dringt?Auf, schnitzelt einen neuen Brunnenmann,der wieder hundert Jahr ihn fassen kann!
Fliehendes Jahr, in duftigen SchleiernStreifend an abendrötlichen WeihernWallest du deine Bahn;Siehst mich am kühlen Waldsee stehen,Wo an herbstlichen UferhöhenZieht entlang ein stummer Schwan.Still und einsam schwingt er die FlügelTauchet in den Wasserspiegel,Hebt den Hals empor und lauscht;Taucht zum andern Male nieder,Richtet sich auf und lauschet wieder,Wie´s im flüsternden Schilfe rauscht.Und in seinem Tun und LassenWill´s mich wie ein Traum erfassen,Als ob´s meine Seele wär:,Die verwundert über das Leben,Über das Hin- und Widerschweben, Lugt´ und lauschte hin und her.Atme nur in vollen ZügenDieses friedliche GenügenEinsam auf der stillen Flur!Und hast du dich klar empfunden,Mögen enden deine Stunden,Wie zerfließt die Schwanenspur!
Wir wähnten lange recht zu leben Wir wähnten lange recht zu leben,Doch fingen wir es töricht an;Die Tage ließen wir entschwebenUnd dachten nicht ans End der Bahn!Nun haben wir das Blatt gewendetUnd frisch dem Tod ins Aug geschaut;Kein ungewisses Ziel mehr blendet,Doch grüner scheint uns Busch und Kraut!Und wärmer ward´s in unsern Herzen,Es zeugt´s der froh gewordne Mund;Doch unsern Liedern, unsern ScherzenLiegt auch des Scheidens Ernst zugrund!
Nun haben wir das Blau gewendetUnd frisch dem Tod ins Äug geschaut;Kein Ungewisses Ziel mehr blendet,Doch grüner scheint uns Busch und Kraut,Und wärmer ward´s in unsern Herzen,Es zeugt´s der frohgewordene Mund;Doch unsern Liedern, unsern SchmerzenLiegt auch des Scheidens Ernst zugrund.
O wär mein Herz das tiefe MeerUnd meine Feinde die Schiffe:Wie schleudert´ es sie hin und herAn meines Hasses Riffe!Und endlich schläng es unter sie,Hinunter in die Tiefe,Daß drüber glänzend spät und frühDer Meeresfrieden schliefe!So aber ist´s ´ne Welle kaum,Von tausenden nur eine,Doch nagt und wäscht ihr leichter SchaumAm morschen Schiffsgebeine!Wir Wellen brausen treu vereint,Und eine folgt der andern!Wir haben all den gleichen Feind,Nach dem wir spähn und wandern.Das Unglück ist der Wirbelwind,Der peitscht uns, bis wir schäumenUnd bis wir wach geschlagen sindVon unsern Wasserträumen.Und endlich sinkt im Trümmerfall,Was wir so lang getragen –Heil uns, wenn wir mit sattem SchwallDann oben zusammenschlagen!
Die Schenke dröhnt, und an dem langen TischRagt Kopf an Kopf verkommener Gesellen;Man pfeift, man lacht; Geschrei, Fluch und GezischErtönte an des Trankes trüben Wellen. In dieser Wüste glänzt´ ein weißes Brot,Sah man es an, so ward dem Herzen besser;Sie drehten eifrig draus ein schwarzes SchrotUnd wischten dran die blinden Schenkemesser.Doch Einem, der da mit den andern schrie,Fiel untern Tisch des Brots ein kleiner Bissen;Schnell fuhr er nieder, wo sich Knie an KnieGebogen drängte in den Finsternissen.Dort sucht´ er selbstvergessen nach dem Brot,Doch da begann´s rings um ihn zu rumoren,Sie brachten mit den Füßen ihn in NotUnd schrie´n erbost: Was, Kerl! hast du verloren?Errötend taucht´ er aus dem dunklen GrausUnd barg es in des Tuches grauen Falten.Er sann und sah sein ehrlich VaterhausUnd einer treuen Mutter häuslich Walten.Nach Jahren aber saß derselbe MannBei Herrn und Damen an der Tafelrunde,Wo Sonnenlicht das Silber überspannUnd in gewählten Reden floh die Stunde.Auch hier lag Brot, weiß wie der Wirtin Hand,Wohlschmeckend in dem Dufte guter Sitten;Er selber hielt´s nun fest und mit Verstand,Doch einem Fräulein war ein Stück entglitten.O lassen Sie es liegen! sagt sie schnell;Zu spät, schon ist er unter´n Tisch gefahrenUnd späht und sucht, der närrische Gesell,Wo kleine seid´ne Füßchen stehn zu Paaren.Die Herren lächeln und die Damen zieh´nDie Sessel scheu zurück vor dem Beginnen;Er taucht empor und legt das Brötchen hin,Errötend hin auf das damast´ne Linnen.Zu artig, Herr! dankt ihm das schöne Kind,Indem sie spöttisch lächelnd sich verneigte;Er aber sagte höflich und gelind,Indem er sich gar sittsam tief verbeugte:Wohl einer Frau galt meine Artigkeit,Doch Ihnen diesmal nicht, verehrte Dame!Es galt der Mutter, die vor langer ZeitEntschlafen ist in Leid und bitt´rem Grame.
Nun ist der Lenz gekommen,Nun blühen alle Wiesen,Nun herrschen Glanz und FreudeAuf Erden weit und breit;Nur meine böse Herrin,Sie keift und zetert immerNoch wie in der betrübtenUnd kalten Winterzeit!Wenn ich am frühen MorgenMit aufgewachtem HerzenIm Garten grab´ und singe,Die Welt mir freundlich blickt,Wirft sie mir aus dem FensterDie ungefügten Worte,Daß rasch in meiner KehleDas kleine Lied erstickt.Und wenn mein VielgeliebterAm Hag vorüber wandeltUnd ein paar warme BlickeMir in die Seele warf,Höhnt sie am Mittagsmahle,Daß ich am untern EndeDas Auge nicht erhebenUnd mich nicht rühren darf.Daß hungernd ich, mit Thränen,Das Essen stehen lassenUnd mich hinweg muß wendenVoll Scham und voll Verdruß,Und weinend im VerborgnenDie Rinde harten BrotesMit all´ den harten RedenHinunter würgen muß.Sogar wenn ich am SonntagWill in die Kirche gehen,Und mir ein armes BändchenAm Hals nicht übel steht,Vergiftet sie mir neidischMit ungerechtem TadelDie wochenmüde Seele,Das tröstliche Gebet.Mag selber sie nur beten,Daß ihre eignen KinderNicht einmal dienen müssen,Wenn ihr das Glück entschwandUnd sie als arme MutterWird um die Häuser schleichen,Wo jene sind geschlagenVon böser Herrenhand!
Weise nicht von dir mein schlichtes Herz,Weil es schon so viel geliebet!Einer Geige gleicht es, die geübtLang ein Meister unter Lust und Schmerz.Und je länger darauf gespielt,Stieg ihr Wert zum höchsten Preise;Denn sie tönt mit sichrer Kraft die Weise,Die ein Kundiger ihren Saiten stiehlt.Also spielte manche MeisterinIn mein Herz die rechte Seele,Nun ist´s Wert, daß man es dir empfehle,Lasse nicht den köstlichen Gewinn!
Wende dich, du kleiner Stern,Erde! wo ich lebe,Daß mein Aug´, der Sonne fern,Sternenwärts sich hebe! Heilig ist die Sternenzeit,Öffnet alle Grüfte;Strahlende UnsterblichkeitWandelt durch die Lüfte.Mag die Sonne nun bislangAndern Zonen scheinen,Hier fühl´ ich ZusammenhangMit dem All´ und Einen!Hohe Lust! im dunkeln Tal,Selber ungesehen,Durch den majestät´schen SaalAtmend mitzugehen!Schwinge dich, o grünes Rund,In die Morgenröte!Scheidend rückwärts singt mein MundJubelnde Gebete
Es ist auf Erden keine Nacht,Die nicht noch ihren Schimmer hätte,So groß ist keines Unglücks Macht,Ein Blümlein hängt an seiner Kette!Ist nur das Herz vom rechten Schlage,So baut es sich ein SternenhausUnd schafft die Nacht zum hellen Tage,Wo sonst nur Asche, Schutt und Graus.