Weise nicht von dir mein schlichtes Herz,Weil es schon so viel geliebet!Einer Geige gleicht es, die geübtLang ein Meister unter Lust und Schmerz.Und je länger darauf gespielt,Stieg ihr Wert zum höchsten Preise;Denn sie tönt mit sichrer Kraft die Weise,Die ein Kundiger ihren Saiten stiehlt.Also spielte manche MeisterinIn mein Herz die rechte Seele,Nun ist´s Wert, daß man es dir empfehle,Lasse nicht den köstlichen Gewinn!
So oft die Sonne aufersteht,Erneuert sich mein Hoffen,Und bleibet, bis sie untergeht,Wie eine Blume offen;Dann schlummert es ermattetIm dunklen Schlummer ein,Doch eilig wacht es wieder aufMit ihrem ersten Schein.Das ist die Kraft, die nimmer stirbtUnd immer wieder streitet,Das gute Blut, das nie verdirbt,Geheimnisvoll verbreitet!Solang noch MorgenwindeVoran der Sonne wehn,Wird nie der Freiheit FechterscharIn Nacht und Schlaf vergehn.
Das Köhlerweib ist trunkenUnd singt im Wald;Hört ihr, wie ihre StimmeIm Grünen hallt?Ruht auf der roten NaseDer Abendstrahl:Glüht sie, wie wilde RosenIm dunklen Tal.Sie war die feinste Blume,Berühmt im Land;Es warben Reich´ und ArmeUm ihre Hand.Sie trat in GürtelkettenSo stolz einher;Den Bräutigam zu wählenFiel ihr zu schwer!Da hat sie überlistetDer rote Wein –Wie müssen alle DingeVergänglich sein!Das Köhlerweib ist trunkenUnd singt im Wald;Wie durch die Dämmrung gellendIhr Lied erschallt!
Wie schlafend unterm Flügel ein Pfau den Schnabel hält,Von luft´gen Vogelträumen die blaue Brust geschwellt,Geduckt auf einem Fuße, dann plötzlich oft einmalIm Traume phantasierend das Funkelrad erstellt: So hing betäubt und trunken, ausreckend Berg und Tal,Der große Wundervogel in tiefem Schlaf, die Welt;So schwoll der blaue Himmel von Träumen ohne Zahl,Mit leisem Knistern schlug er ein Rad, das Sternenzelt.
Welch lustiger Wald um das hohe Schloßhat sich zusammengefunden,Ein grünes bewegliches Nadelgehölz,Von keiner Wurzel gebunden!Anstatt der warmen Sonne scheintDas Rauschgold durch die Wipfel;Hier backt man Kuchen, dort brät man Wurst,Das Räuchlein zieht um die Gipfel.Es ist ein fröhliches Leben im Wald,Das Volk erfüllet die Räume;Die nie mit Tränen ein Reis gepflanzt,Die fällen am frohsten die Bäume.Der eine kauft ein bescheidnes GewächsZu überreichen Geschenken,Der andre einen gewaltigen Strauch,Drei Nüsse daran zu henken.Dort feilscht um ein winziges KieferleinEin Weib mit scharfen Waffen;Der dünne Silberling soll zugleichDen Baum und die Früchte verschaffen.Mit rosiger Nase schleppt der LakaiDie schwere Tanne von hinnen;Das Zöfchen trägt ein Leiterchen nach,Zu ersteigen die grünen Zinnen.Und kommt die Nacht, so singt der WaldUnd wiegt sich im Gaslichtscheine;Bang führt die ärmste Mutter ihr KindVorüber am Zauberhaine.Einst sah ich einen Weihnachtsbaum:Im düsteren BergesbanneStand reifbezuckert auf dem Gratdie alte Wettertanne.Und zwischen den Ästen waren schönDie Sterne aufgegangen;Am untersten Ast sah man entsetztDie alte Wendel hangen.Hell schien der Mond ihr ins Gesicht,Das festlich still verkläret;Weil auf der Welt sie nichts besaß,Hatt´ sie sich selbst bescheret.
Man merkte, daß der Wein geraten war:Der alte Bettler wankte aus dem Tor,Die Wangen glühend, wie ein Rosenflor,Mutwillig flatterte sein Silberhaar.Und vor und hinter ihm die KinderscharUmdrängt´ ihn, wie ein Klein-Bacchantenchor,D´raus ragte schwank der Selige empor,Sich spiegelnd in den hundert Äuglein klar.Am Morgen, als die Kinderlein noch schliefen,Von jungen Träumen drollig angelacht,Sah man den braunen Wald von Silber triefen.Es war ein Reif gefallen über Nacht;Der Alte lag erfroren in dem tiefenGebüsch, vom Rausch im Himmel aufgewacht.
Die alte Heimat seh´ ich wieder,Gehüllt in herbstlich feuchten Duft;Er träufelt von den Bäumen nieder,Und weithin dämmert grau die Luft.Und grau ragt eine Flur im Grauen,Drauf geht ein Mann mit weitem SchrittUnd streut, ein Schatten nur zu schauen,Ein graues Zeug, wohin er tritt.Ist es der Geist verschollner Ahnen,Der kaum erstrittnes Land besät,Indeß zu Seiten seiner BahnenDer Speer in brauner Erde steht?Der aus vom Kampf noch blut´gen HändenDie Körner in die Furche wirft,So mit dem Pflug von End´ zu EndenEin jüngst vertriebnes Volk geschürft?Nein, den Genossen meines BlutesErkenn´ ich, da ich ihm genaht,Der langsam schreitend, schweren MutesDie Flur bestäubt mit Aschensaat.Die müde Scholle neu zu stärkenLäßt er den toten Staub verweh´n,So seh´ ich ihn in seinen WerkenGedankenvoll und einsam geh´n.Grau ist der Schuh an seinem Fuße,Grau Hut und Kleid, wie Luft und Land;Nun reicht er mir die Hand zum GrußeUnd färbt mit Asche mir die Hand.Das alte Lied, wo ich auch bliebe,Von Mühsal und Vergänglichkeit!Ein wenig Freiheit, wenig Liebe,Und um das Wie der arme Streit!Wohl hör´ ich grüne Halme flüsternUnd ahne froher Lenze Licht!Wohl blinkt ein Sichelglanz im Düstern,Doch binden wir die Garben nicht!Wir dürfen selbst das Korn nicht messen,Das wir gesät aus toter Hand;Wir gehn und werden bald vergessen,Und unsre Asche fliegt im Land!
Des Berges alte Wangen sindVon Maiensonne beschienen;Sie lächeln unter Quellenglanz,Die Schilfe, die Farren ergrünen.Die Kröte springt aus dem Kieselstein,Ein Hirt hat ihn zerschlagen;Sie schaut verdrossen die Scherben an,Und sie beginnt zu sagen:»Viel tausend Jahre bin ich altSamt diesem Futterale!Es schob vom hohen FelsgebirgAllmählich mit mir zu Tale.Doch manchmal in der Wasser SturzSind wir gewaltig gesprungen;Dann hat´s um meine dunkle KlausurGesungen und geklungen.Und wie mir ist – ich weiß es nicht,Noch was ich getrieben indessen;Ich hab im mindesten nichts gelerntUnd hatte nicht viel zu vergessen.Ein warmer Regen, ein grünes KrautNur konnten mir behagen;Sie liegen mir fort und fort im SinnAus fernen Jugendtagen.So hab ich ein langweilig StückUnsterblichkeit erworben;Hätt ich getrunken lebendige Luft,Längst wär ich vernünftig gestorben.«
O wär mein Herz das tiefe MeerUnd meine Feinde die Schiffe:Wie schleudert´ es sie hin und herAn meines Hasses Riffe!Und endlich schläng es unter sie,Hinunter in die Tiefe,Daß drüber glänzend spät und frühDer Meeresfrieden schliefe!So aber ist´s ´ne Welle kaum,Von tausenden nur eine,Doch nagt und wäscht ihr leichter SchaumAm morschen Schiffsgebeine!Wir Wellen brausen treu vereint,Und eine folgt der andern!Wir haben all den gleichen Feind,Nach dem wir spähn und wandern.Das Unglück ist der Wirbelwind,Der peitscht uns, bis wir schäumenUnd bis wir wach geschlagen sindVon unsern Wasserträumen.Und endlich sinkt im Trümmerfall,Was wir so lang getragen –Heil uns, wenn wir mit sattem SchwallDann oben zusammenschlagen!
Willst du, o Herz, ein gutes Ziel erreichen,mußt du in eigner Angel schwebend ruhn;ein Tor versucht zu gehn in fremden Schuhn,nur mit sich selbst kann sich der Mann vergleichen!Ein Tor, der aus des Nachbars Kinderstreichensich Trost nimmt für das eigne schwache Tun,der immer um sich späht und lauscht und nunsich einen Weg bestimmt nach falschen Zeichen!Tu frei und offen, was du nicht willst lassen,doch wandle streng auf selbstbeschränkten Wegen –und lerne früh, nur deine Fehler hassen!Und ruhig geh den anderen entgegen;kannst du dein Ich nur fest zusammenfassen,wird deine Kraft die fremde Kraft erregen.