Den bängsten Traum begleitetein heimliches Gefühl,daß alles nichts bedeutet,und wär´ es noch so schwül.Da spielt in unser Weinenein Lächeln hold hinein.Ich aber möchte meinen,so sollt es immer sein.
"Sag an, o lieber Vogel mein,Sag an, wohin die Reise dein?"Weiß nicht, wohin,Mich treibt der Sinn,Drum muß der Pfad wohl richtig sein!"Sag an, o liebster Vogel mir,Sag, was verspricht die Hoffnung dir?Ach, linde Luft Und süßen DuftUnd neuen Lenz verspricht sie mir!"Du hast die schöne Ferne nieGesehen, und du glaubst an sie?"Du frägst mich viel,Und das ist Spiel,Die Antwort aber mach mir Müh´!Nun zog in gläubig-frommem SinnDer Vogel übers Meer dahin,Und linde LuftUnd süßer Duft,Sie wurden wirklich sein Gewinn!
Kein Lebewohl, kein banges Scheiden!Viel lieber ein Geschiedensein!Ertragen kann ich jedes Leiden,doch trinken kann ich nichts wie Wein.Wir saßen gestern noch beisammen,von Trennung wußt ich selbst noch kaum!Das Herz trieb seine alten Flammen,die Seele spann den alten Traum.Dann rasch ein Kuß vom lieben Munde,nicht schmerzgetränkt, nicht angstverkürzt!Das nenn´ ich eine Abschiedsstunde,die leere Ewigkeiten würzt.
Laura schließt die holden Augenlider,Meine Himmelstüren tun sich zu;Komm, o lieber Traumgott, komm herniederUnd versüße ihre Ruh´!Zeige ihr der Schönheit höchste Blüte,Wie sie steht im himmlischen Gefild,Sanft verschmolzen mit der reinsten Güte –Zeige ihr dein schönstes Bild!Und der Gott erhörte meine Bitte,Und er schwebte nieder lind und mild,Nahte ihr mit zephirleichtem Schritte,Und sie sah – ihr eignes BIld.
Die Schnecke muß erst eine WundeEmpfangen, wenn sie aus ihrem SchoßIn ihres Lebens schönster StundeSich ringen soll die Perle los.So steigt auch aus dem DornenschoßeDes bleichen Jammers und der NotHervor das Herrliche und Große,Auf der Bedürftigkeit Gebot.Laßt uns denn alle mutig stehen,Wenn uns ein hartes Schicksal naht.Die Mutter fühlt ja auch erst Wehen,Eh´ sie ein lieblich Kindlein hat.
O Blitz, der aus dem Tiefsten springtUnd mir durch jede Faser zuckt,Der mich mit neuer Glut durchdringt,Die sonst mein Inn´res still verschluckt;Ich grüße dich viel tausendmalUnd frag´ nicht: bringst du mir Genuß?Denn du befreist mich von der Qual,Daß ich mich selber lieben muß.
Jüngst traf ich einen alten Mann Und hub ihm vorzusingen an, Doch an den Mienen des Gesichts Bemerkt´ ich bald, er höre nichts. Da dachte ich: der Greis ist taub, Drum wird dein Lied des Windes Raub, So tu´ ihm denn, nicht durch den Mund, Durch Zeichen dies und jenes kund. Ich tat´s, doch ward mir leider klar, Daß er auch schon erblindet war, Denn, wie der Frosch aus seinem Sumpf, Hervorglotzt, sah er dumpf und stumpf, Und ungestört in seiner Ruh´, Der Sprache meiner Finger zu. Ich rief: mit dem steht´s schlimm genug, Doch mögt´ ich ihm den letzten Zug Noch gönnen aus dem Lebensquell! Da reicht´ ich ihm die Rose schnell, Die ich für meine Braut gepflückt, Allein auch das ist schlecht geglückt, Ihm schien der Duft nicht mehr zu sein, Wie einem Gartengott von Stein. Nunmehr verlor ich die Geduld, Ich dacht´ an meines Mädchens Huld, Die mir so schmählig jetzt entging, Da sie die Rose nicht empfing, Und jagte ihm im ersten Zorn In´s dicke Fell den scharfen Dorn; Doch bracht´ auch dies ihm wenig Not, Er zuckte nicht, er – war wohl tot!
An der höhern Stufe vermißt ihr gewöhnlich die niedre,Lernt’s doch endlich, sie wird eben mit dieser erkauft.Daß ein Ganzes werde, muß jeglicher Teil sich bescheiden,Tritt er einzeln hervor, wuchert er, wie er nur kann,Und er wird, wo er herrscht, sich freilich stärker erweisen,Als er tut, wo er dient, aber ein Tor nur vergleicht.Denkt nur an den Menschen! Ihm gaben alle GeschöpfeVon dem Ihrigen ab, doch er erreicht auch nicht eins,Oder hat er die Klaue des Löwen, den Fittich des Vogels?Selbst das stumpfe Insekt trotzt ihm mit seinem Instinkt.Dennoch ist er ihr König, und jedes muß sich ihm beugen,Aber ihm gleicht das Genie, das die Talente vereint.
Wenn zwei sich ineinander still versenken,Nicht durch ein schnödes Feuer aufgewiegelt,Nein, keusch in Liebe, die die Unschuld spiegelt,Und schamhaft zitternd, während sie sich tränken; Dann müssen beide Welten sich verschränken,Dann wird die Tiefe der Natur entriegelt,Und aus dem Schöpfungsborn, im Ich entsiegelt,Springt eine Welle, die die Sterne lenken. Was in dem Geist des Mannes, ungestaltet,Und in der Brust des Weibes, kaum empfundenAls Schönstes dämmerte, das muß sich mischen; Gott aber tut, die eben sich entfaltet,Die lichten Bilder seiner jüngsten StundenHinzu, die unverkörperten und frischen.
Sie hat ein Kind geboren, Zu höchster Lust in tiefstem Leid, Und ist nun ganz verloren In seine stumme Lieblichkeit. Es blüht zwei kurze Tage, So daß sie´s eben küssen mag, Und ohne Laut und Klage Neigt es sein Haupt am dritten Tag. Und wie es still erblaßte, So trägt sie still den heil´gen Schmerz, Und eh´ sie´s ganz noch faßte, Daß es dahin ist, bricht ihr Herz. Der mit dem Lilienstengel Sonst tritt aus einem finstern Thor, Er ging, der Todes-Engel, Aus ihrem eig´nen Schooß hervor.