Wir träumten voneinanderUnd sind davon erwacht.Wir leben, um uns zu lieben,Und sinken zurück in die Nacht.Du tratst aus meinem Traume,Aus deinem trat ich hervor,Wir sterben, wenn sich einesIm andern ganz verlor.Auf einer Lilie zitternZwei Tropfen rein und rund,Zerfließen in Eis und rollenHinab in des Kelches Grund.
Und ist ein großer Durchgang denn mein LebenDurch deinen Tempel, herrliche Natur,So ward mir doch ein schöner Trieb gegeben,Vom Höchsten zu erforschen jede Spur.So tränkt mich doch, bin ich auch selbst vergänglich,Ein Quell, der ewig ist und überschwenglich.
Friedlich bekämpfenNacht sich und Tag:Wie das zu dämpfen,Wie das zu lösen vermag. Der mich bedrückte,Schläfst du schon, Schmerz?Was mich beglückteSage, was war´s doch, mein Herz? Freude wie Kummer,Fühl ich, zerrann,Aber den SchlummerFührten sie leise heran. Und im Entschweben,Immer empor,Kommt mir das LebenGanz wie ein Schlummerlied vor.
Kein Lebewohl, kein banges Scheiden!Viel lieber ein Geschiedensein!Ertragen kann ich jedes Leiden,doch trinken kann ich nichts wie Wein.Wir saßen gestern noch beisammen,von Trennung wußt ich selbst noch kaum!Das Herz trieb seine alten Flammen,die Seele spann den alten Traum.Dann rasch ein Kuß vom lieben Munde,nicht schmerzgetränkt, nicht angstverkürzt!Das nenn´ ich eine Abschiedsstunde,die leere Ewigkeiten würzt.
Seele, die du unergründlichTief versenkt, dich ätherwärtsSchwingen möchtest und allstündlichDich gehemmt wähnst durch den Schmerz,An den Taucher, an den stillen,Denke, der in finstrer SeeFischt nach eines Höhern Willen.Nur vom Atmen kommt sein Weh.Ist die Perle erst gefundenIn der öder Wellengruft,Wird er schnell emporgewunden,Daß ihn heitre Licht und Luft.Was sich lange ihm verhehlte,Wird ihm dann auf einmal klar,Daß, was ihn im Abgrund quälte,Eben nur sein Leben war.
Schilt nimmermehr die Stunde hart,Die fort von dir was Teures reißt;Sie schreitet durch die GegenwartAls ferner Zukunft dunkler Geist.Sie will dich vorbereiten, ernst,Auf das, was unabwendbar droht,Damit du heut entbehren lernst,Was morgen sicher raubt der Tod.
Wenn ich, o Kindlein, vor dir stehe,Wenn ich im Traum dich lächeln sehe,Wenn du erglühst so wunderbar,Da ahne ich mit süßem Grauen:Dürft´ ich in deine Träume schauen,So wär´ mir alles, alles klar.Dir ist die Erde noch verschlossen,Du hast noch keine Lust genossen,Noch ist kein Glück, was du empfindest.Wie könntest du so süß denn träumen,Wenn du nicht noch in jenen Räumen,Woher du kamest, dich ergingst ?Drum wenn, o Kind, ich vor dir stehe,Wenn ich im Traum dich lächeln sehe,Wenn du erglühst so wunderbar,Da ahne ich mit süßem Grauen:Dürft´ ich in deine Träume schauen,So wär´ mir alles, alles klar.
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeitdie letzten Häuser in das Land verirr´n.Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,die großen Städte knieen um ihn her.Der Kirchenglocken ungeheure Zahlwogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.Wie Koybanten-Tanz dröhnt die Musikder Millionen durch die Straßen laut.Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrikziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.Das Wetter schwelt in seinen Augenbrauen.Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.Die Stürme flattern, die wie Geier schauenvon seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.Er streckt ins Dunkle seine Fleischerfaust.Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagtdurch eine Straße. Und der Glutqualm braustund frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.
Der Alte sieht die junge Maid,Und fällt, versucht vom alten Triebe,Mit höchster Alters-ZierlichkeitAufs Knie und stottert schamhaft: Liebe!Sie lacht ihm nicht ins Angesicht,Sie kniet nur hin, wo er gelegen,Drückt seine Hand aufs Haupt und spricht:"Mein Vater, gebt mir euren Segen!"
"Sag an, o lieber Vogel mein,Sag an, wohin die Reise dein?"Weiß nicht, wohin,Mich treibt der Sinn,Drum muß der Pfad wohl richtig sein!"Sag an, o liebster Vogel mir,Sag, was verspricht die Hoffnung dir?Ach, linde Luft Und süßen DuftUnd neuen Lenz verspricht sie mir!"Du hast die schöne Ferne nieGesehen, und du glaubst an sie?"Du frägst mich viel,Und das ist Spiel,Die Antwort aber mach mir Müh´!Nun zog in gläubig-frommem SinnDer Vogel übers Meer dahin,Und linde LuftUnd süßer Duft,Sie wurden wirklich sein Gewinn!