Siehst du den Stern im fernsten Blau?Der flimmernd fast erbleicht?Sein Licht braucht eine Ewigkeit,Bis es dein Aug´ erreicht.Vielleicht vor tausend Jahren schonZu Asche stob der Stern;Und doch steht dort sein milder ScheinNoch immer still und fern.Dem Wesen solchen Scheines gleicht,Der ist und doch nicht ist,O Lieb, dein anmutvolles Sein,Wenn du gestorben bist.
Arm in Arm und Kron´ an Krone steht der Eichenwald verschlungen,Heut hat er bei guter Laune mir sein altes Lied gesungen.Fern am Rande fing ein junges Bäumchen an sich sacht zu wiegen,Und dann ging es immer weiter an ein Sausen, an ein Biegen;Kam es her in mächt´gem Zuge, schwoll es an zu breiten Wogen,Hoch sich durch die Wipfel wälzend kam die Sturmesflut gezogen.Und nun sang und pfiff es graulich in den Kronen, in den Lüften,Und dazwischen knarrt´ und dröhnt´ es unten in den Wurzelgrüften.Manchmal schwang die höchste Eiche gellend ihren Schaft alleine,Donnernder erscholl nur immer drauf der Chor vom ganzen Haine!Einer wilden Meeresbrandung hat das schöne Spiel geglichen;Alles Laub war weißlich schimmernd nach Nordosten hingestrichen.Also streicht die alte Geige Pan der Alte laut und leise,Unterrichtend seine Wälder in der alten Weltenweise.In den sieben Tönen schweift er unerschöpflich auf und nieder,In den sieben alten Tönen, die umfassen alle Lieder.Und es lauschen still die jungen Dichter und die jungen Finken,Kauernd in den dunklen Büschen sie die Melodien trinken.
Die Schenke dröhnt, und an dem langen TischRagt Kopf an Kopf verkommener Gesellen;Man pfeift, man lacht; Geschrei, Fluch und GezischErtönte an des Trankes trüben Wellen. In dieser Wüste glänzt´ ein weißes Brot,Sah man es an, so ward dem Herzen besser;Sie drehten eifrig draus ein schwarzes SchrotUnd wischten dran die blinden Schenkemesser.Doch Einem, der da mit den andern schrie,Fiel untern Tisch des Brots ein kleiner Bissen;Schnell fuhr er nieder, wo sich Knie an KnieGebogen drängte in den Finsternissen.Dort sucht´ er selbstvergessen nach dem Brot,Doch da begann´s rings um ihn zu rumoren,Sie brachten mit den Füßen ihn in NotUnd schrie´n erbost: Was, Kerl! hast du verloren?Errötend taucht´ er aus dem dunklen GrausUnd barg es in des Tuches grauen Falten.Er sann und sah sein ehrlich VaterhausUnd einer treuen Mutter häuslich Walten.Nach Jahren aber saß derselbe MannBei Herrn und Damen an der Tafelrunde,Wo Sonnenlicht das Silber überspannUnd in gewählten Reden floh die Stunde.Auch hier lag Brot, weiß wie der Wirtin Hand,Wohlschmeckend in dem Dufte guter Sitten;Er selber hielt´s nun fest und mit Verstand,Doch einem Fräulein war ein Stück entglitten.O lassen Sie es liegen! sagt sie schnell;Zu spät, schon ist er unter´n Tisch gefahrenUnd späht und sucht, der närrische Gesell,Wo kleine seid´ne Füßchen stehn zu Paaren.Die Herren lächeln und die Damen zieh´nDie Sessel scheu zurück vor dem Beginnen;Er taucht empor und legt das Brötchen hin,Errötend hin auf das damast´ne Linnen.Zu artig, Herr! dankt ihm das schöne Kind,Indem sie spöttisch lächelnd sich verneigte;Er aber sagte höflich und gelind,Indem er sich gar sittsam tief verbeugte:Wohl einer Frau galt meine Artigkeit,Doch Ihnen diesmal nicht, verehrte Dame!Es galt der Mutter, die vor langer ZeitEntschlafen ist in Leid und bitt´rem Grame.
Die Zeit geht nicht, sie stehet still, Wir ziehen durch sie hin; Sie ist die Karawanserei, Wir sind die Pilger drin. Ein Etwas, form- und farbenlos, Das nur Gestalt gewinnt, Wo ihr drin auf und nieder taucht, Bis wieder ihr zerrinnt. Es blitzt ein Tropfen Morgentau Im Strahl des Sonnenlichts; Ein Tag kann eine Perle sein Und ein Jahrhundert nichts. Es ist ein weißes Pergament Die Zeit, und jeder schreibt Mit seinem roten Blut darauf, Bis ihn der Strom vertreibt. An dich, du wunderbare Welt, Du Schönheit ohne End´, Auch ich schreib´ meinen Liebesbrief Auf dieses Pergament. Froh bin ich, daß ich aufgeblüht In deinem runden Kranz; Zum Dank trüb´ ich die Quelle nicht Und lobe deinen Glanz.
Wie nun alles stirbt und endetUnd das letzte LindenblattMüd sich an die Erde wendetIn die warme Ruhestatt,So auch unser Tun und Lassen,Was uns zügellos erregt,Unser Lieben, unser HassenSei zum welken Laub gelegt.Reiner weißer Schnee, o schneie,Decke beide Gräber zu,Daß die Seele uns gedeiheStill und kühl in Wintersruh!Bald kommt jene Frühlingswende,Die allein die Liebe weckt,Wo der Haß umsonst die HändeDräuend aus dem Grabe streckt.
Wohin hat dich dein guter Stern gezogen,O Schulgenoß aus ersten Knabenjahren?Wie weit sind auseinander wir gefahrenIn unsern Schifflein auf des Lebens Wogen! Wenn wir die Untersten der Klasse waren,Wie haben wir treuherzig uns betrogen,Erfinderisch und schwärm´risch uns belogenVon Aventuren, Liebschaft und Gefahren! Da seh´ ich just, beim Schimmer der Laterne,Wie mir gebückt, zerlumpt ein VagabundMit einem Häscher scheu vorübergeht - ! So also wendeten sich unsre Sterne?Und so hat es gewuchert, unser Pfund?Du bist ein Schelm geworden - ich Poet!
Die Sonne führt durchs MorgentorGoldfunkelnd über den Bergen,Und wie zwei Veilchen im frühen Mai,Zwei blaue Augen klar und frei,Die lachen auf ihren WegenGeöffnet ihr entgegen. Glück auf, mein Liebchen ist erwachtMit purpurroten Wangen!Ihr Fenster glitzert im MorgenstrahlUnd alle Blumen im Garten und TalErwarten sie mit Sehnen,Die Äuglein voller Tränen. Es ist nichts Schöneres in der WeltAls diese grüne Erde,Wenn man darauf ein Schätzlein hat,Das still und innig, früh und spat,Für einen lebt und blühet,Ein heimlich Feuerlein glühet. "Hallo, du später Jägersmann,Was reibst du deine Augen?"Ich hab´ die ganze Nacht geschwärmtUnd mich am Mondenschein gewärmt,Und steige frisch und munterVom hohen Berg herunter. Mein Mädchen durch den Garten gehtUnd singt halblaute Weisen;Mich dünkt, ich kenne der Lieder Ton,Was gilt´s, ich habe sie alle schonHeut nacht dort oben gesungen!Sie sind herübergeklungen.
Ich fürcht´ nit Gespenster,Keine Hexen und Feen,Und lieb´s, in ihre tiefenGlühaugen zu sehn.Am Wald in dem grünenUnheimlichen See,Da wohnet ein Nachtweib,Das ist weiß wie der Schnee.Es haßt meiner SchönheitUnschuldige Zier;Wenn ich spät noch vorbeigeh´,So zankt es mit mir.Jüngst, als ich im MondscheinAm Waldwasser stand,Fuhr sie auf ohne Schleier,Ohne alles Gewand.Es schwammen ihre GliederIn der taghellen Nacht;Der Himmel war trunkenVon der höllischen Pracht.Aber ich hab´ entblößetMeine lebendige Brust;Da hat sie mit SchandeVersinken gemußt!
Wie naht das finster türmende Gewölk so schwarz und schwer! Wie jagt der Wind, der stürmende, Das Schneegestöber her! Verschwunden ist die blühende Und grüne Weltgestalt; Es eilt der Fuss, der fliehende, Im Schneefeld nass und kalt. Wohl dem, der nun zufrieden ist Und innerlich sich kennt! Dem warm ein Herz beschieden ist, Das heimlich loht und brennt! Wo, traulich sich dran schmiegend, es Die wache Seele schürt, Ein perlend, nie versiegendes Gedankenbrauwerk rührt!
Schon hat die Nacht den SilberscheinDes Himmels aufgetan:Nun spült der See den WiderscheinZu dir, zu dir hinan!Und in dem Glanze schaukelt sichEin leichter dunkler Kahn;Der aber trägt und schaukelt michZu dir, zu dir hinan!Ich höre schon den Brunnen gehnDem Pförtlein nebenan,Und dieses hat ein gütig WehnVon Osten aufgetan.Das Sternlein schießt, vom Baume fälltDas Blust in meinen Kahn;Nach Liebe dürstet alle Welt –Nun, Schifflein, leg dich an!