Oft fühl ich in scheuen Schauern,wie tief ich im Leben bin.Die Worte sind nur die Mauern.Dahinter in immer blauernBergen schimmert ihr Sinn.Ich weiß von keinem die Marken,aber ich lausch in sein Land.Hör an den Hängen die Harkenund das Baden der Barkenund die Stille am Strand.
Der Tod ist groß.Wir sind die Seinenlachenden Munds.Wenn wir unsmitten im Leben meinen,wagt er zu weinenmitten in uns.
Wie wir auch alles in der Nacht benannten, –nicht unser Name macht die Dinge groß:es kommen Pfeile, stark und atemlos,aus Bogen, welche sich zu Spielen spannten.Und so Pilger, welche unvermutet,da eines letzten Vorhangs Falten fielen,den Altar schaun, darauf der Becher blutet,und nicht mehr rückwärts können aus dem Heile:so in die Kreise stürzen sich die Pfeileund stehen zitternd mitten in den Zielen.
Du bist der Vogel, dessen Flügel kamen,wenn ich erwachte in der Nacht und rief.Nur mit den Armen rief ich, denn dein Namenist wie ein Abgrund, tausend Nächte tief.Du bist der Schatten, drin ich still entschlief,und jeden Traum ersinnt in mir dein Samen, -du bist das Bild, ich aber bin der Rahmen,der dich ergänzt in glänzendem Relief.Wie nenn ich dich? Sieh, meine Lippen lahmen.Du bist der Anfang, der sich groß ergießt,ich bin das langsame und bange Amen,das deine Schönheit scheu beschließt.Du hast mich oft aus dunklem Ruhn gerissen,wenn mir das Schlafen wie ein Grab erschienund wie Verlorengehen und Entfliehn, -da hobst du mich aus Herzensfinsternissenund wolltest mich auf allen Türmen hissenwie Scharlachfahnen und wie Draperien.Du: der von Wundern redet wie vom Wissenund von den Menschen wie von Melodienund von den Rosen: von Ereignissen,die flammend sich in deinem Blick vollziehn, -du Seliger, wann nennst du einmal Ihn,aus dessen siebentem und letztem Tagenoch immer Glanz auf deinem Flügelschlageverloren liegt...Befiehlst du, daß ich frage?
Frühling ist wiedergekommen. Die Erdeist wie ein Kind, das Gedichte weiß;viel, o viele ... Für die Beschwerdelangen Lernens bekommt sie den Preis.Streng war ihr Lehrer. Wir mochten das Weißean dem Barte des alten Manns.Nun, wie das Grüne, das Blaue heiße,dürfen wir fragen: sie kanns, sie kanns!Erde, die frei hat, du glückliche, spiele!nun mit den Kindern. Wir wollen dich fangen,fröhliche Erde. Dem Frohsten gelingts.O, was der Lehrer sie lehrte, das Viele,und was gedruckt steht in Wurzeln und langenschwierigen Stämmen: sie singts, sie singts!
So bin ich nur als Kind erwacht,so sicher im Vertraun,Nach jeder Angst und jeder NachtDich wieder anzuschaun.Ich weiß, so oft mein Denken mißt:wie tief, wie lang, wie weit, –Du aber bist und bist und bist,Umzittert von der Zeit.Mir ist als wär´ ich jetzt zugleichKind, Knab und Mann und mehr,Ich fühle: nur der Ring ist reichDurch seine Wiederkehr.Ich danke Dir, Du tiefe Kraft,Die immer leister mit mir schafftWie hinter vielen Wänden;Jetzt ward mir erst der Werktag schlichtUnd wie ein heiliges GesichtZu meinen dunklen Händen.
Ist dieses Bette nicht wie eine Küste,ein Küstenstreifen nur, darauf wir liegen?Nichts ist gewiß als deine hohen Brüste,die mein Gefühl in Schwindeln überstiegen.Denn diese Nacht, in der so vieles schrie,in der sich Tiere rufen und zerreißen,ist sie uns nicht entsetzlich fremd? Und wie:was draußen langsam anhebt, Tag geheißen,ist das uns denn verständlicher als sie?Man müßte so sich ineinanderlegenwie Blütenblätter um die Staubgefäße:so sehr ist überall das Ungemäßeund häuft sich an und stürzt sich uns entgegen.Doch während wir uns aneinanderdrücken,um nicht zu sehen, wie es ringsum naht,kann es aus dir, kann es aus mir sich zücken:denn unsre Seelen leben von Verrat.
Es wäre gut viel nachzudenken, umvon so Verlornem etwas auszusagen,von jenen langen Kindheit-Nachmittagen,die so nie wiederkamen - und warum? Noch mahnt es uns - vielleicht in einem Regnen,aber wir wissen nicht mehr was das soll:nie wieder war das Leben von Begegnen,von Wiedersehn und Weitergehn so voll wie damals, da uns nichts geschah als nurwas einem Ding geschieht und einem Tiere:da lebten wir, wie Menschliches, das Ihreund wurden bis zum Rande voll Figur. Und wurden so vereinsamt wie ein Hirtund so mit großen Fernen überladenund wie von weit berufen und berührtund langsam wie ein langer neuer Fadenin jene Bilder-Folgen eingeführt,in welchen nun zu dauern uns verwirrt.
Ich bin nur einer deiner Ganzgeringen,der in das Leben aus der Zelle siehtund der, den Menschen ferner als den Dingen,nicht wagt zu wägen, was geschieht.Doch willst du mich vor deinem Angesicht,aus dem sich dunkel deine Augen heben,dann halte es für meine Hoffahrt nicht,wenn ich dir sage: Keiner lebt sein Leben.Zufälle sind die Menschen, Stimmen, Stücke,Alltage, Ängste, viele kleine Glücke,verkleidet schon als Kinder, eingemummt,als Masken mündig, als Gesicht – verstummt.
Zu solchen Stunden gehn wir also hinund gehen jahrelang zu solchen Stunden,auf einmal ist ein Horchender gefunden –und alle Worte haben Sinn.Dann kommt das Schweigen, das wir lang erwarten,kommt wie die Nacht, von großen Sternen breit :zwei Menschen wachsen wie im selben Garten,und dieser Garten ist nicht in der Zeit.Und wenn die beiden gleich darauf sich trennen,beim ersten Wort ist jeder schon allein.Sie werden lächeln und sich kaum erkennen,aber sie werden beide größer sein…