Du, dieses Jahres Abend, Herbst,Sei meines Lebensabends Bild!Wie langsam du den Hain entfärbst,Und deine Sonn´ ist frühlingsmild:Es lacht das grünende Gefild Tief im Oktober ohne Frost,Und in der Traube schwillt der Most,Wie in der Brust Begeist´rung schwillt.
Der Frost hat mir bereifet des Hauses Dach;Doch warm ist mirs geblieben im Wohngemach.Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt;Doch fließt das Blut, das rote, durchs Herzgemach.Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sindGegangen, all gegangen einander nach.Wo sind sie hingegangen? ins Herz hinab:Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.Sind alle Freudenströme der Welt versiegt?Noch fließt mir durch den Busen ein stiller Bach.Sind alle Nachtigallen der Flur verstummt?Noch ist bei mir im stillen hier eine wach.Sie singet: Herr des Hauses! verschleuß dein Tor,Daß nicht die Welt, die kalte, dring ins Gemach.Schleuß aus den rauhen Odem der Wirklichkeit,Und nur dem Duft der Träume gib Dach und Fach.Ich habe Wein und Rosen in jedem Lied,Und habe solcher Lieder noch tausendfach.Vom Abend bis zum Morgen und Nächte durchWill ich dir singen Jugend und Liebesach.
In Lüften hängt ein LerchentonMein Ohr hat staunend ihn vernommenist´s eine die noch nicht entflohn?Ist´s eine die zurückgekommen,Gelockt von Frühling schonDa rings die Schöpfung noch von Winter ist?Durch meine Seele zieht ein Schwung,denn jeder Ton hat angeschlagen.Ist´s Ahnung, ist´s ErinnerungVon künftigen, von vor´gen Tagen?Ich fühle nur mich jungOb wie ich´s war, ob wie ich sein werd´? Ist zu fragen.Verklungen ist die MelodieVerklungen von SchneewolkenherdenUnd Winter ist´s im Herzen, wieAm Himmel Winter und auf ErdenSo Winter, als ob nieGewesen Frühling sei und nimmer sollte werden.
Unsterblichkeit ist nicht der Zukunft aufgespart,Unsterblichkeit ist im Gefühl der Gegenwart.Du wärst nicht, der du bist, in diesem Nu der Zeit,Wenn du derselbige nicht wärst in Ewigkeit.So bald du denken willst, du wärest nicht mehr einst:So fühlst du, daß du dich insoweit selbst verneinst.Verneine nur dies Nein! dazu hast du empfahnDes Geistes Kraft allein, dich ewig zu bejahn.
Den Rosenzweig benagt ein Lämmchen auf der Weide,Es tuts nur sich zur Lust, es tuts nicht ihm zuleide.Dafür hat Rosendorn dem Lämmchen abgezwacktEin Flöckchen Wolle nur; es ward davon nicht nackt.Das Flöckchen hielt der Dorn in scharfen Fingern fest;Da kam die Nachtigall und wollte baun ihr Nest.Sie sprach: – Tu auf die Hand und gib das Flöckchen mir,Und ist mein Nest gebaut, sing ich zum Danke Dir.Er gab, sie nahm und baut, und als sie nun gesungen,Da ist am Rosendorn vor Lust die Ros entsprungen!
Du meine Seele, du mein Herz,Du meine Wonn´, o du mein Schmerz,du meine Welt, in der ich lebe,mein Himmel du, darein ich schwebe,o du mein Grab, in das hinabich ewig meinen Kummer gab! Du bist die Ruh´, du bist der Frieden,du bist der Himmel, mir beschieden.Daß du mich liebst, macht mich dir wert,dein Blick hat mich vor mir verklärt,du hebst mich liebend über mich,mein guter Geist, mein bess´res Ich!
Du bist ein Schatten am TageUnd in der Nacht ein Licht;Du lebst in meiner KlageUnd stirbst im Herzen nicht.Wo ich mein Zelt aufschlage,Da wohnst du bei mir dicht;Du bist mein Schatten am TageUnd in der Nacht mein Licht.Wo ich auch nach dir frage,Find ich von dir Bericht,Du lebst in meiner KlageUnd stirbst im Herzen nicht.Du bist ein Schatten am TageUnd in der Nacht ein Licht;Du lebst in meiner KlageUnd stirbst im Herzen nicht.
Ists besser, nicht besessen haben,Als zu verlieren das Besessne?Im Grunde gleich sind alle Gaben,Vom Himmel Menschen zugemessne.Es fehlt uns doch, was wir nicht wissen;Wir haben noch, was wir vermissen.Und endlich ruht in Finsternissen,Ob nie gehabt und ob entrissen,Gleich Ungekanntem das Vergessne.
Zwischen Welt und Einsamkeitist das rechte Leben. Nicht zu nah und nicht zu weitwill ich mich begeben.In der Straßen lautem DrangFind´ ich mich zu blöde;Aber einen Schauer, bang,Fühl´ ich in der Öde.
Wenn du willst im MenschenherzenAlle Saiten rühren an,Stimme du den Ton der SchmerzenNicht den Klang der Freuden an.Mancher ist, der wohl erfahrenHat auf Erden keine Lust;Keiner, der nicht still bewahrenWird ein Weh in seiner Brust.