Der Schnee, der gestern noch in FlöckchenVom Himmel fiel,Hängt nun geronnen heut´ als GlöckchenAm zarten Stiel.Schneeglöckchen läutet; was bedeutet´sIm stillen Hain?O komm geschwind! Im Haine läutet´sDen Frühling ein.O kommt, ihr Blätter, Blüt´ und Blume,Die ihr noch träumt,All´ zu des Frühlings Heiligtume!Kommt ungesäumt!
Komm, sprach das Mädchen, setze dichUnd nimm mich in die Lehre,Verhöre deine Schülerin,Da hast du die Grammäre.Gut, sprach ich, liebe Schülerin,Allein mir fehlt ein Rütchen;Wenn du den Lehrer zornig machst,Wie kühlt er sich das Mütchen?Er soll, sprach sie, für jedes WortMich an dem Näschen zupfen,Und wenn er härter strafen will,Mich an den Härchen rupfen.Wie? sprach ich, sollen für den MundDie armen Härchen büßen?Für jedes Wort, das du nicht weißt,Sollst du mich einmal küssen.
Wenn ihr an Nesseln streifet,So brennen sie,Doch wenn ihr fest sie greifet,Sie brennen nie.So zwingt ihr die Feinen,Auch die gemeinen Naturen nie.Doch preßt ihr wackerWie Nußaufknacker,So zwingt ihr sie.
Zuwenig und zuvielist beides ein Verdruß;so fehl ist überm Zielwie unterm Ziel ein Schuß.Zuwenig und zuvielist gleich sehr unvollkommen;im ernst ist und im Spieldas rechte Maß willkommen.
Es ist das Herz ein Totenschrein,Man legt gestorbne Lieb´ hinein;Doch wenn der Mond am Himmel geht,Die tote Liebe auferstehtUnd schwebt um dich im blassen LichtMit tränenfeuchtem Angesicht.
Einen Kompaß hab´ im Schiffe,Willst nach rechter SeemannsartÜber Wellen, durch die RiffeWagen eine Seemannsfahrt!Auch ein Kompaß liegt in jedesMenschen Brust, der nicht zu missen;Hab´ ein Auge drauf, ein stetes,Auf den Kompaß: dein Gewissen!
Du meine Seele, du mein Herz,Du meine Wonn´, o du mein Schmerz,du meine Welt, in der ich lebe,mein Himmel du, darein ich schwebe,o du mein Grab, in das hinabich ewig meinen Kummer gab! Du bist die Ruh´, du bist der Frieden,du bist der Himmel, mir beschieden.Daß du mich liebst, macht mich dir wert,dein Blick hat mich vor mir verklärt,du hebst mich liebend über mich,mein guter Geist, mein bess´res Ich!
Was in der Schule du gelernt, ist´s wohl vergebens,Weil du gebrauchen es nicht kannst im Lauf des Lebens?O nein, den Acker hat zum Anbau es entwildert,Zum Wesentlichen hat´s dich förmlich vorgebildet.So, was im Leben selbst der großen Schule, duGelernt hast, bringst du nicht umsonst dem Himmel zu.Du mußt die irdischen Aufgaben recht nur treiben,Und ewig wird davon die Segenswirkung bleiben.
Beim Hauch des Morgens und der Mitternächte SchauerFühl ich die Trauer, daß die Welt hat keine Dauer;Daß wir am Anfang schon dem End entgegen gehnUnd doch am Ende noch beim Anfang immer stehn.Bald haben wirs verwacht, bald haben wirs verträumt,Nie säumend Tag und Nacht, das Glück ist stets versäumt.
Chidher, der ewig junge, sprach:Ich fuhr an einer Stadt vorbei,Ein Mann im Garten Früchte brach;Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei?Er sprach, und pflückte die Früchte fort:"Die Stadt steht ewig an diesem Ort,Und wird so stehen ewig fort."Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich keine Spur der Stadt;Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei,Die Herde weidete Laub und Blatt;Ich fragte: "Wie lange ist die Stadt vorbei?"Er sprach, und blies auf dem Rohre fort:"Das eine wächst, wenn das Andre dorrt;Das ist mein ewiger Weideort." –Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug,Ein Schiffer warf die Netze frei;Und als er ruhte vom schweren Zug,Fragt´ ich, seit wann das Meer hier sei?Er sprach, und lachte meinem Wort:"So lang als schäumen die Wellen dort,Fischt man und fischt man in diesem Port." –Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich einen waldigen Raum,Und einen Mann in der Siedelei,Er fällte mit der Axt den Baum;Ich fragte, wie alt der Wald hier sei?Er sprach:" Der Wald ist ein ewiger Hort;Schon ewig wohn´ ich an diesem Ort,Und ewig wachsen die Bäum´ hier fort." –Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich eine Stadt, und lautErschallte der Markt vom Volksgeschrei.Ich fragte: Seit wann ist die Stadt erbaut?Wohin ist Wald und Meer und Schalmei?Sie schrien, und hörten nicht mein Wort:"So ging es ewig an diesem Ort,Und wird so gehen ewig fort." –Und aber nach fünfhundert JahrenWill ich desselbigen Weges fahren.